Ebersberg:Neue Perspektiven am Freisinger Domberg

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Claudia Pfrang hat die Erwachsenenbildungseinrichtung moderner gemacht. "Die Kirche soll zu den Menschen gehen", ist ihr Credo. (Foto: Hinz-Rosin)

Claudia Pfrang hat beim Kreisbildungswerk in Ebersberg viel bewegt, nun wird sie Direktorin des Kardinal-Döpfner-Hauses

Von Alexandra Leuthner, Ebersberg

Das Dorf in Unterfranken, aus dem Claudia Pfrang stammt, war so katholisch, erzählt sie, dass noch ihre Eltern nicht im Traum daran gedacht hätten, jemanden aus dem evangelischen Nachbarort zu heiraten. Das hat sie offenbar geprägt - in verschiedener Hinsicht. Sie studierte katholische Theologie, widmete sich darin der Kirchenentwicklung. Den Auftrag der Kirche aber sieht sie gerade nicht in der Abschottung, in der Bewahrung von überkommenen Strukturen, sondern in der Öffnung nach außen, in der Bildung und im Werben um Toleranz.

Nun ist die Zeit Pfrangs beim Kreisbildungswerk zu Ende gegangen, offiziell wird sie an diesem Dienstag bei der Mitgliederversammlung verabschiedet. Die 50-Jährige wechselt als Direktorin der Stiftung Bildungszentrum ins Kardinal-Döpfner-Haus in Freising. Angetreten war sie vor sechs Jahren in Ebersberg mit dem festen Vorsatz, neue Wege in der katholischen Bildungsarbeit gehen zu wollen. Und das hat sie geschafft. Manchmal gegen Widerstände, immer aber mit unbedingtem Willen und großer Geschäftstüchtigkeit. So hat die studierte Theologin viel dazu beigetragen, die Einrichtung zur katholischen Erwachsenenbildung aus der Ecke von Kaffeeklatsch, Wickelkurs und Weihnachtsbasteln heraus zu holen. Dazu trug, neben einem modernisierten Programm, der Aufstockung des Personals und einer aktiven Öffentlichkeitsarbeit auch die ausgeprägte Neigung der Unterfränkin zum "Netzwerken" bei. Berührungsängste kennt sie keine, und so erzählt sie immer noch begeistert von der Zusammenarbeit mit der Volkshochschule oder dem Landkreis-Energiebeauftragten Hans Gröbmayr. "Wenn man etwas bewegen wollte, hat man hier aktive Mitstreiter gefunden", sagt sie.

Auch die Menschen zu erreichen, die man normalerweise nicht im Pfarrgemeinderat trifft, das habe sie immer als ihren Auftrag verstanden, sagt sie."Geht hin und verkündet das Evangelium", zitiert sie. Übersetzt in eine moderne Welt, in der ein spärlich gefülltes Kirchenschiff am Sonntagmorgen die Regel ist, heißt das für sie: "Die Kirche soll zu den Menschen gehen", soll sich damit auseinander setzen, was die Leute bewegt. So starteten Pfrang und das Kreisbildungswerk 2012 die Aktion "Kirche im Café", ein Experiment, bei dem Kirchenvertreter sich ins Café am Glonner Marktplatz setzten, um mit Gästen ins Gespräch zu kommen. Die Teilnahme an der Aktion Starthilfe für Hauptschulabsolventen gehört ebenso zu dieser Öffnung wie die Organisation der ersten Langen Nacht der Bildung oder das Jugendhilfe-Projekt Clever-Kids, in dem Kinder aus sozial benachteiligten Familien beim Lernen unterstützt werden. Neben den praktischen Angeboten versuchte das Kreisbildungswerk mit Pfrang als Geschäftsführerin und Jutta Sirotek als Vorsitzender aber auch auf theoretisch-kognitiver Ebene gehört zu werden. "In der katholischen Erwachsenenbildung geht es ja nicht nur um das Spirituelle, sondern um alle Aspekte des menschlichen Daseins", sagt Pfrang.

Also gab es Veranstaltungen zu Mobbing in Schulen, eine Veranstaltungsreihe zum Thema Entschleunigung, zuletzt eine Themenwoche zu Demenz. Immer wieder ging es auch um den Dialog mit anderen Religionen und Kulturen, warb die Institution in Veranstaltungen, wie zuletzt mit einem Benefizkonzert, um Toleranz und Offenheit Andersdenkenden und Andersgläubigen gegenüber. Zur Unterstützung der Asylhelferkreise wurde 2015 eine Teilzeitstelle am Kreisbildungswerk eingerichtet.

Wenn sie den Erfolg ihrer Arbeit heute messen solle, dann schaue sie nicht auf Mitgliederzahlen, auch wenn es ihr natürlich auch darum gehe, Kirche wieder ins Gespräch zu bringen. Nach ihrem Theologiestudium habe sie es immer als Geschenk betrachtet, "dass ich meine wissenschaftliche Arbeit in die Praxis umsetzen kann". Der Versuch, das pastorale Neu-Konzept im Zuge der erzdiözesanen Strukturplanung in vier Gemeinden umzusetzen, sei ein Schritt dabei gewesen - wenn auch mit unterschiedlichem Erfolg. "Aber da hat sich einiges bewegt." Im Hinblick darauf, "dass sich die Pfarreien nicht immer um sich selbst drehen." Als Beispiel nennt sie die Pfarrei in Ebersberg und ihr Engagement im Bereich Asyl und Integration - ohnehin, wie Pfrang glaubt, die größte Herausforderung für die Bildungspolitik der nächsten Jahre.

Angst um den Freiraum, den sie in ihrer Arbeit in Ebersberg genossen hat, habe sie nicht, wenn sie nun auf den Domberg wechsle, mitten hinein also ins spirituelle Zentrum der Erzdiözese. Sie habe immer erfahren, dass es in der Kirche diesen Freiraum gebe, vom Beginn ihres beruflichen Wegs als Redakteurin der "Werkblätter" der Katholischen Landvolkbewegung, bis heute. Eigentlich habe sie ja Medizin studieren wollen, sich dann aber, als die Zehntel nach dem Komma nicht ganz ausreichten, für Theologie und Romanistik entschieden. Nach dem Studium zog sie mit ihrem Mann 1991 nach Ebersberg, bekam zwei Söhne, von denen einer schon studiert, der andere noch das Gymnasium besucht, weshalb die Familie auch in Ebersberg wohnen bleiben wird.

Mit ganz leichtem Herzen gehe sie natürlich nicht, sagt 50-Jährige. Aber im Zuge ihrer künftig überregionalen Bildungsarbeit für die Diözese sei es ja durchaus nicht ausgeschlossen, dass ihr berufliches Engagement sie hin und wieder nach Ebersberg zurück führe.

© SZ vom 19.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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