Ebersberg:Näher an die Stadt

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Grafing möchte den Investor einer Asylbewerberunterkunft im Gewerbegebiet dazu bewegen, seine Planungen am neuen Bauhof umzusetzen. Die Öffentlichkeit schließt der Stadtrat bei der Debatte darüber jedoch aus

Von Thorsten Rienth

GrafingDie Pressemitteilung mit der Nachricht war schon vorbereitet. Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) musste sie nach der Stadtratssitzung am späten Dienstagabend nur noch versenden: Neben dem geplanten Bauhof zwischen Grafing und dem Ortsteil Schammach soll eine Asylbewerberunterkunft für etwa 130 Flüchtlinge entstehen. Das Grundstück hatte die Stadt einem Investor angeboten - wenn er im Gegenzug seine Pläne für die Unterkunft im Gewerbegebiet fallen lässt.

Über die genaueren Umstände des Vorhabens und dessen konkrete Umsetzung ist wenig bekannt. Bürgermeisterin wie Stadtrat wollten die Debatte lediglich unter Ausschluss der Öffentlichkeit führen. Vergeblich hatte das Bündnis für Grafing (BfG) per Geschäftsordnungsantrag versucht, die Thematik öffentlich zu behandeln. Eine Mehrheit fand sich dafür im Stadtrat nicht.

Auslöser der Debatte, so viel steht fest, ist der Plan eines Investors aus Bad Wiessee, im Grafinger Gewerbegebiet eine Flüchtlingsunterkunft zu errichten. Der Grafinger Stadtrat sieht das Ansinnen wegen der Nähe zu den Bahngleisen sehr kritisch. Rechtlich hat man gegen den Bauantrag allerdings wenig in der Hand. Deshalb beantragte die CSU-Fraktion eine Debatte über städtische Alternativgrundstücke. Sie sollten dem Investor als Ersatz angeboten werden.

Was man weder in der CSU-Fraktion, noch im restlichen Stadtrat wusste: Bürgermeisterin Obermayr und die Verwaltung waren schon auf der Suche. Mehrere Grundstücke seien überprüft worden, darunter etwa die Wiese neben dem derzeitigen Wertstoffhof - und eben die 1 900-Quadratmeter-Fläche südlich des geplanten neuen Bauhofs. Dieses Grundstück südlich der Gärtnerei Köstler bot die Stadt dem Bauwerber daraufhin an. Bedingung sei, dass er von dem Vorhaben im Gewerbegebiet Abstand nehme. Der Investor ist der Rochade offenbar nicht abgeneigt. "Wir sind sehr froh, dass gute Aussichten bestehen", heißt es in der Pressemitteilung der Bürgermeisterin.

Der Stadtrat hätte also am Dienstagabend über etwas debattieren sollen, das auf dem Verwaltungswege längst vorentschieden war. Wohl auch deshalb schickte das Rathaus dann am Montag eine Beschlussvorlage an die Stadträte, die den CSU-Antrag gewissermaßen erweiterte: Um konkret mit dem Investor verhandeln zu können brauche es ein Stadtratsmandat. Im nicht öffentlichen Teil der Sitzung bekam die Bürgermeisterin es.

"Der Stadtrat folgte (...) dem Vorschlag der Verwaltung, dem Investor diese Fläche anzubieten und in konkrete Verhandlungen einzutreten", schrieb die Bürgermeisterin in der Mitteilung. "Des Weiteren beschloss der Stadtrat, die Suche nach weiteren möglichen dezentralen Standorten voranzutreiben, da Unterkünfte in der genannten Größenordnung weiter als kritisch gesehen werden."

Planungen, Neubau und Betrieb des neuen Bauhofs würden durch die zusätzliche Planung der Unterkunft nicht beeinträchtigt, versicherte die Rathauschefin. Über die bauliche Umsetzung ist lediglich bekannt: "Die Unterkunft, ein normaler Wohnungsbau, bekommt einen eigenen Zugang getrennt vom künftigen Bauhof."

Sollten Stadt und Investor zu einer Einigung kommen, entstünden sowohl für die Bewohner der neuen Unterkunft, als auch für das Gewerbegebiet Vorteile, schreibt Obermayr. "Die oft traumatisierten Bewohner sind nicht mehr belastendem Bahnlärm ausgesetzt und sie wohnen auch näher zur Stadt." Zudem hätten die Gewerbetreibenden befürchtet, ihren oftmals lauten Betrieb wegen der neuen Nachbarn möglicherweise einschränken zu müssen.

© SZ vom 12.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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