Lehrstellen im Landkreis:Nachwuchs gesucht

Lesezeit: 2 min

Die IHK Ebersberg beklagt zunehmend Probleme, neue Auszubildende zu finden. Im Vergleich zum Vorjahr konnten 15 Prozent weniger Lehrverträge abgeschlossen werden.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Der Wirtschaft im Landkreis geht es gut. Die Arbeitslosigkeit ist seit Jahren niedrig, die Zahl der Betriebe steigt - dennoch macht man sich bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) für den Landkreis Ebersberg Sorgen um die Zukunft. Genauer gesagt darum, wer in Zukunft die ganze Arbeit machen soll. Auf einem Pressetermin anlässlich der bevorstehenden Wahlen für die IHK-Gremien wurde die aktuelle Entwicklung auf dem Lehrstellenmarkt vorgestellt, und die ist alles andere als gut.

Die Situation sei "dramatisch", erklärte Ebersbergs IHK-Vorsitzender Georg Reischl: Die Unternehmen im Landkreis fänden immer weniger Azubis für ihre Lehrstellen - obwohl diese in der Summe sogar noch zunähmen. Viele Firmen, so Reischl, würden gerne Lehrlinge ausbilden, fänden aber keine Bewerber. So seien für das aktuelle Ausbildungsjahr 2015/16 etwa 600 Lehrstellen im Landkreis Ebersberg angeboten worden - zu Beginn des Lehrjahres im Herbst waren noch 150 Stellen unbesetzt. Insgesamt verzeichne man bei der IHK für das abgelaufene Jahr bei den abgeschlossenen Ausbildungsplätzen einen Rückgang um 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Überall in der Region sind Lehrstellen unbesetzt

Eine Entwicklung, mit der Ebersberg nicht allein ist, sagt Tina Emslander, Leiterin der IHK-Geschäftsstelle Region München. Überall in der Region blieben Lehrstellen offen, was auch ein Blick in die aktuelle Statistik der Arbeitsagentur bestätigt. Diese verzeichnet in den Landkreisen Ebersberg, Freising, Erding und Dachau insgesamt 1499 unbesetzte Lehrstellen. In den vergangenen Jahren gebe es hier einen Negativtrend, so Emslander, "es ist ein kontinuierlicher Rückgang, quantitativ wie qualitativ". Letzteres hat auch Reischl beobachtet: Während früher aus Schülern mit einem gutem Hauptschulabschluss gute Lehrlinge geworden seien, würden diese inzwischen meist lieber weiter in die Schule gehen, ihr Abitur machen und studieren.

Eine Entwicklung, die man auch anderswo beobachtet. "Die Bandbreite zwischen den guten und den nicht so guten Bewerbern ist größer geworden", sagt Kreishandwerksmeister Johann Schwaiger. Daher "suchen die Betriebe genauer aus", statt um jeden Preis freie Lehrstellen zu besetzen. Für Schwaiger ist es besonders wichtig, "möglichst viel Berufsorientierung zu betreiben". Man müsse den jungen Leuten so früh wie möglich erklären, "dass Ausbildung keine Einbahnstraße" ist. So gelte etwa die bestandene Meisterprüfung als allgemeine Hochschulreife.

Betriebe müssen sich als zukunftsfähige Arbeitgeber präsentieren

Ähnliche Strategien verfolgt man auch bei der IHK. Die Firmen müssten "ihre Qualitäten und ihre Attraktivität als innovative Arbeitgeber noch stärker herausstellen", fordert Reischl, und den jungen Leuten klar machen, dass es dort "spannende Aufgabenstellungen und Projekte sowie interessante Aufstiegsmöglichkeiten" gebe.

Doch auch die Ausbildung selbst werde sich an die Wünsche der Schulabgänger anpassen müssen, sagt Petra Kremer, Pressereferentin bei der IHK München und Oberbayern: etwa durch mehr duale Studiengänge. Außerdem setzt man bei der IHK auf die schnelle Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt. Dazu fördere die sie etwa ausbildungsbegleitende Sprachkurse, Jobpaten in Betrieben und die Fortbildung von Ausbildern. Insgesamt fünf Millionen Euro stellt die IHK München und Oberbayern dafür bereit.

In einem anderen Bereich scheint es dagegen mit dem Nachwuchs besser zu klappen: bei den Kandidaten für den IHK-Regionalausschuss, der aktuell noch IHK-Gremium Ebersberg heißt und vom 25. April bis 6. Mai per Briefwahl bestimmt wird. 27 Kandidaten aus den drei Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistung bewerben sich auf 17 Sitze im Gremium. Darunter, so Reischl, seien auch einige Töchter und Söhne von bisherigen Gremienmitgliedern. Und auch der langjährige IHK-Chef des Landkreises macht Platz für die jüngere Generation: Nach 15 Jahren als Vorsitzender werde er diesmal nicht erneut antreten. Der Name Reischl findet sich dennoch auf der Kandidatenliste: Tochter Christine Reischl bewirbt sich um einen Sitz im Regionalausschuss.

© SZ vom 05.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: