Amtsgericht Ebersberg:Mehr Arbeit für Gerichtsvollzieher

Lesezeit: 3 min

Für das Ebersberger Amtsgericht gibt es viel zu tun. Es registriert einen starken Anstieg bei Zwangsvollstreckungen und Offenbarungseiden. Auch im Grundbuchamt gibt es immer mehr Arbeit, Ursache ist der anhaltende Immobilienboom.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Immer mehr Landkreisbürger können ihre Schulden nicht bezahlen. Zumindest legt dies die aktuelle Statistik des Amtsgerichtes nahe. Im Vergleich zum Vorjahr sind 2015 die Fälle von Zwangsvollstreckungen erheblich gestiegen, genau wie die Zahl der Offenbarungseide. Wenig Veränderungen gibt es dagegen in den übrigen Geschäftsfeldern des Gerichts, bei den Strafverfahren ist sogar ein leichter Rückgang zu verzeichnen.

Insgesamt 453 neue Strafverfahren gingen im vergangenen Jahr beim Amtsgericht ein, im Jahr zuvor waren es noch 44 mehr. Weitere 645 Fälle konnten ohne Verhandlung auf dem Weg des Strafbefehls erledigt werden. Die meisten dieser Fälle haben, wie die überwiegende Zahl der Strafverfahren insgesamt, mit Verkehrsdelikten zu tun. Bei den Schöffensitzungen, also wenn es um höhere Strafen von mehr als zwei Jahren geht, sind es meist Drogendelikte, die die Angeklagten vor Gericht brachten. Etwas öfter als im Vorjahr mussten Jugendliche vor einem Amtsrichter erscheinen, die Statistik weist 285 Jugendstrafverfahren aus, 22 mehr als 2015.

Steigender Trend bei Zwangsvollstreckungen

Eine Tendenz lasse sich aber weder im Bereich des Erwachsenenstrafrechts noch bei den Jugendsachen erkennen, sagt Amtsgerichtsdirektor Christian Berg, dazu seien die Ausschläge zu gering und die Zeiträume zu kurz: Die Statistik existiert in dieser Form erst seit 2014. Keinen Trend gibt es auch bei den Zivilsachen, 2015 hatten die Amtsrichter 1187 Fälle zu verhandeln, gerade einmal 52 mehr als 2014. Leicht zurückgegangen sind die Familiensachen um knapp 70 Fälle auf noch 706 Verfahren. Darunter waren 308 Scheidungen, 163 Unterhalts- sowie 151 Sorge- und Umgangsverfahren.

Einen eindeutigen Trend macht Berg dagegen bei Zwangsvollstreckungen aus. Er hat den Eindruck, dass immer mehr Landkreis-Bürger Probleme mit dem Bezahlen von Rechnungen haben. Die Zahlen sind eindeutig: 6236 Mal musste im vergangenen Jahr ein Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet werden, 2014 war dies lediglich 5372 mal der Fall. Auch die insgesamt fünf Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts hatten 2015 gut zu tun, sie mussten 4499 Mal zum Einsatz. Immer öfter ist aber bei Schuldnern nichts zu holen, wie die gestiegene Zahl der Vermögensauskünfte, umgangssprachlich Offenbarungseide, nahelegt. 3470 mal wurde eine solche Versicherung 2014 abgegeben, ein Jahr später zählte man bereits 5468 Vermögensauskünfte.

Zahl der Hypotheken und Grundschulden steigt

Ebenfalls gestiegen sind 2015 die Fälle bei der Nachlass-Stelle des Amtsgerichts. So wurden insgesamt 2416 Testamente hinterlegt, 2290 waren es ein Jahr zuvor. 3372 Nachlassverfahren, die im Sterbefall das Erbe regeln, gab es im vergangenen Jahr, 394 mehr als 2014, vermutlich aufgrund des allgemeinen Bevölkerungswachstums im Landkreis. Dieser ist in einer anderen Abteilung, im Grundbuchamt, noch deutlicher zu bemerken.

Hier spiegelt sich derzeit besonders der aktuelle Bauboom im Landkreis wider. So wurde 2015 insgesamt 3034 mal die Begründung oder Veränderung von Eigentum beurkundet und damit 153 mal mehr als noch 2014. Noch stärker gestiegen ist die Zahl der Urkunden über Hypotheken, Grund- und Rentenschulden, hier gibt es einen Anstieg um 538 auf 7342. Doch durch den Bauboom haben die zwölf Mitarbeiter des Grundbuchamtes nicht nur mehr Arbeit, sie erwirtschaften auch erhebliche Einkünfte. Allein im ersten Quartal 2016 gingen Gebühren in Höhe von 1,55 Millionen Euro ein, was - hält der Trend an - Jahreseinkünfte für die Staatskasse von mehr als sechs Millionen Euro entspricht.

Die Dolmetscherkosten werden künftig steigen

Bei den Ausgaben entfallen die meisten Kosten auf die Entschädigungen für Sachverständige und Dolmetscher, 623 000 Euro waren es im Vorjahr, gut 60 000 Euro mehr als noch 2014. Der weitaus größte Anteil entfällt hier auf die Sachverständigenkosten, allerdings erwartet man künftig mehr Flüchtlinge auch als Prozessbeteiligte, etwa als Zeugen, wodurch die Dolmetscherkosten etwas steigen könnten.

Als Angeklagte tauchen die Flüchtlinge im Übrigen kaum auf, im Jahr 2015 machte sich laut Stellvertretendem Amtsgerichtsdirektor Markus Nikol die Flüchtlingswelle überhaupt nicht bei der Zahl der Verfahren bemerkbar. Für die Staatskasse sind die Experten- und Dolmetscherkosten - genau wie die 35 000 Euro für Zeugenentschädigungen - meist kostenneutral: Denn in Zivilverfahren müssen diese die Beteiligten zahlen, im Strafverfahren die Verurteilten.

Nicht ganz so verhält es sich mit den Kosten für Betreuer und Vormunde, die im vergangenen Jahr 790 000 Euro betrugen. Zwar müssten diese eigentlich die Betreuten zahlen, haben diese aber kein Geld, verbleiben die Kosten bei der Staatskasse. In den kommenden Jahren könnten diese sogar noch weiter steigen, Berg rechnet mit einem Anstieg der Betreuungsfälle. Zwar gingen diese 2015 im Vergleich zu 2014 sogar um 187 auf 1197 Fälle zurück. Auch bei den Unterbringungen - worunter unter anderem Fixierungen aber auch Einweisungen fallen - gab es einen leichten Rückgang um 55 auf noch 734 Fälle. Aufgrund des demografischen Wandels geht Berg aber davon aus, dass die Fallzahlen nicht dauerhaft sinken, sondern eher noch steigen werden.

© SZ vom 03.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: