Ebersberg:Ladendiebstahl per Mausklick

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Zwei Schwestern bestellen haufenweise Waren im Internet - bezahlen wollten sie dafür aber nicht

Von Sandra Langmann, Ebersberg

Einkaufen, so viel man möchte, ohne dafür zu bezahlen. Das klingt nicht nur zu schön, um wahr zu sein, das ist es auch: Zwei Schwestern aus dem Landkreis Ebersberg mussten sich nun wegen diverser Internet-Betrügereien vor dem Amtsgericht verantworten. Die Anklageschrift ist so lang, dass Richter Dieter Kaltbeitzer der Staatsanwältin eine Pause gönnte, nachdem sie diese verlesen hatte. Acht Fälle von gewerbsmäßigem Betrug und 17 Fälle von versuchtem gewerbsmäßigen Betrug sind darauf angeführt.

Das Vorgehen der Schwestern war immer dasselbe: Unter fiktiven Namen bestellten sie online Waren im Wert von insgesamt mehreren Tausend Euro und ließen diese an die Adresse eines Bekannten liefern. Dessen Tür- und Klingelschilder überklebten sie mit den ausgedachten Namen und nahmen die Pakete persönlich entgegen. Einen Monat lang, im Juli 2014, ging das gut, bis sie von der Polizei beobachtet wurden und der Betrug ans Licht kam.

Auf die Idee sei sie durch eine Bekannte gekommen, die sich damit eine neue Wohnungseinrichtung besorgt habe, schilderte die 20-jährige jüngere Schwester vor Gericht. Im Internet-Café habe man sich getroffen und unter falschen Namen Möbel, Schuhe, Kleidung, Taschen und dergleichen bestellt. "Es war so eine Schnapsidee", gab sich die 28-jährige ältere Schwester reuig. Aufgrund hoher Verschuldung habe sie Depressionen und ist schon seit Jahren in Behandlung. Beide Schwestern sind arbeitslos und ohne Einkommen. Die jüngere Schwester wurde bereits mit 16 schwanger und lebt derzeit im Obdachlosenheim. Das Kind ist bei ihrem ehemaligen Partner und als dieser im Urlaub war, ergriff sie die Gelegenheit, um die bestellte Ware an dessen Adresse zu liefern.

Dass sie bei dem Betrug erwischt wurde, hat die 20-Jährige offenbar wenig beeindruckt. Im September 2014 zog sie nach Hamburg, um ein neues Leben zu beginnen, wie sie angab. An alten Gewohnheiten hielt sie allerdings fest: Sie eröffnete ein Konto und kaufte wieder Schuhe und Kleidung, die sie sich nicht leisten konnte. Laut ihrer Aussage aber nicht freiwillig. Sie sei von der Mutter einer Freundin und deren Mann, bei denen sie lebte, geschlagen und sogar mit dem Tod bedroht worden, damit sie mit den Betrügereien weitermache. Nur ein, zwei Sachen habe sie für sich gekauft, der Rest sei für das Ehepaar gewesen. Den 53-jährigen Freund des Mannes heiratete sie, damit ihre Schulden erlassen wurden und sie gehen durfte, erklärte die junge Frau, nachdem sie ihr Pflichtverteidiger dazu ermutigt hatte. Dieser kümmere sich auch um die Scheidung, der Ehemann sei aber untergetaucht. Aus beiden Sachverhalten entstand ein Schaden von 4000 Euro.

Da sie zum Tatzeitpunkt erst 18 Jahre alt war, plädierte der Pflichtverteidiger auf Anwendung des Jugendstrafrechts. Zudem sei von keinem gewerbsmäßigen Handeln auszugehen. Die Staatsanwältin erkannte dagegen sehr wohl gewerbsmäßigen Betrug und bescheinigte den Angeklagten einiges an krimineller Energie. Hinzu kommt, dass seitdem drei Einträge im Bundeszentralregister verzeichnet worden - unter anderem Schwarzfahren, Betrug und Diebstahl.

Unter Berücksichtigung ihrer Biografie, dem Geständnis und dem Vorsatz, dass sie ihr Leben in den Griff bekommen wolle, wurde die 20-Jährige nach dem Jugendstrafrecht zu 150 Sozialstunden auf Bewährung verurteilt. Das Urteil für die 28-jährigen Schwester fiel dagegen härter aus: Ein Jahr Haft auf Bewährung. Zudem muss die junge Frau den entstandenen Schaden von 900 Euro in monatlichen Raten abstottern sowie auch die Verfahrenskosten bezahlen.

© SZ vom 03.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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