Ebersberg:Kreisklinik demonstriert gegen Reformpläne

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Die Kreisklinik beteiligt sich an dem bundesweiten Protest gegen die geplante Reform der Krankenhausfinanzierung. Geschäftsführer Stefan Huber fordert transparente Qualitätskriterien und eine bedarfsgerechtere Förderung.

Von Alexandra Leuthner, Ebersberg

Landrat Robert Niedergesäß (links daneben Geschäftsführer Stefan Huber) unterstützt die Forderungen nach bedarfsgerechter Finanzierung. (Foto: Hinz-Rosin)

Die Flugüberwachung war informiert: Als von der Dachterrasse der Kreisklinik am Mittwochmittag 100 grüne Luftballons mit roten Postkarten im Schlepptau in den Septemberhimmel aufstiegen, war der Luftraum über Ebersberg frei. "Wir sollen nur schauen, ob nicht gerade ein Hubschrauber oben ist", scherzte Krankenhausgeschäftsführer Stefan Huber, der sich vergewissert hatte, dass die Aktion nicht unmittelbare Folgen für die ohnehin überfrequentierte Notaufnahme haben könnte.

Eigentlich aber ist ihm derzeit gar nicht zum Scherzen zumute, wenn er sich anschaut, was die Bundesregierung an Änderungen in der Krankenhausfinanzierung plant.

Nicht bedarfsgerecht, nicht transparent, nicht zielführend - alles in allem: nicht durchdacht. So könnte man Hubers Bewertung zusammen fassen. Die Kritikpunkte, auf den Postkärtchen in plakative Forderungen übersetzt, teilt er mit Ärzten und Pflegepersonal in ganz Deutschland. So hatte die Deutsche Krankenhausgesellschaft für Mittwoch zu Protesten vor dem Brandenburger Tor und in Kliniken der ganzen Republik aufgerufen.

Dass die Krankenhäuser jedes Jahr eine neue Reform erlebten, so Huber, sei man inzwischen gewöhnt, aber so schlimm wie diesmal sei noch kaum eine gewesen. Allem voran kritisierte er die unzureichende Finanzierung von notwendigen Neuinvestitionen. So müsse die Klinik Ebersberg in den neuen Pfarrer-Guggetzer-Bau - das Krankenhaus wird in den kommenden Jahren umfassend saniert - allein 24 Millionen Euro investieren. Es erhalte dafür aber lediglich 15,9 Millionen an Förderung. "Bedarfsgerecht sieht für mich anders aus", so Huber.

Zu den Zielen der Berliner Reform gehört es explizit, die Zahl der Kliniken oder wenigstens der Abteilungen im Land zu senken, dafür aber die Qualität der bestehenden Häuser zu stärken. 2,2 Milliarden Euro sollen dafür fließen. Grundsätzlich ein richtiger Gedanke, wie Huber findet. Sinn mache das aber nur, wenn die Schließung kleinerer Häuser gezielt angegangen und unterstützt werde, die in geringerer Entfernung zu anderen Kliniken liegen.

Der gezielte Aufbau von Fachabteilungen mit hohem Qualitätsniveau mache durchaus Sinn, sogar in kleineren Häusern. Das Problem sei nur: "Qualität muss definiert werden, aber wie wird sie gemessen?" Ein Kriterienkatalog werde in Berlin verhandelt, nach den Maßgaben dieses vorläufigen Katalogs aber sei soeben dem Deutschen Herzzentrum in München, einer anerkannt führenden Einrichtung, ein "Mangelhaft" verliehen worden. "Warum? Weil dort die meisten schweren Fälle behandelt werden", so Huber - mit entsprechend häufigem schlimmem Ausgang. Da könne doch mit den Kriterien etwas nicht stimmen.

Grundsätzlich müsse auch die Bezahlung der Pflege neu überdacht werden. Auch in Ebersberg gebe es trotz guter Ausstattung Bedarf an weiteren Pflegekräften, im OP, in der Intensivmedizin, aber auch in wenig attraktiven Stationen wie der Geriatrie. Eine entsprechende Staffelung in der Lohnstruktur könnte Anreize schaffen, aber auch hier passiere nichts. Die interdisziplinäre Geriatrie, die im Kreisklinikum 2018 eingerichtet werden soll - mit einem besonders hohen Personalschlüssel - werde aber trotzdem kommen, versichert Huber: "Weil sie bedarfsgerecht ist."

Wenn einer der Ebersberger Luftballons tatsächlich bis ins Berliner Regierungsviertel fliegen sollte, könnten die Koalitionäre auf der angehängten Karte als letzten Punkt die Forderung nach kostendeckenden Notfallentgelten lesen. 35 Euro Pauschale erhalte die Klinik für jeden Notfallpatienten - bei 120 Euro Kosten, erklärte Huber. "Wir müssen ja die Vollversorgung vorhalten, mit Fachärzten, 24-Stunden-Betrieb. Für 30 000 Notfallpatienten im Jahr." Von denen viele nicht wirklich in die Klinik kommen müssten wegen einer Grippe oder für ein Attest.

An der Kreisklinik plant man daher die Einrichtung einer Bereitschaftspraxis, die solche Fälle auffangen kann. Aber auch hier, sagt Huber, sei ein Konzept zur Abstimmung zwischen niedergelassenen Ärzten und Kliniken notwendig, damit die Notaufnahmen entlastet würden.

© SZ vom 24.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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