Ebersberg:Kopf aus

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Borderline-Patientin bestiehlt Mitbewohner im Betreuungsheim

Von Matthias Reinelt, Ebersberg

Eine Patientin aus einem Betreuungsheim im Landkreis Ebersberg soll ihrem Mitbewohner mehrere Hundert Euro gestohlen haben. Während eines Krankenhausaufenthaltes soll sie einer Mitpatientin außerdem 60 Euro aus deren Tasche genommen haben. Dafür musste sich die Frau nun wegen besonders schweren Diebstahls vor dem Ebersberger Amtsgericht verantworten. Die Angeklagte, die unter dem Borderline-Syndrom leidet, gestand sofort, das Geld gestohlen zu haben. "Es stimmt, was da drin steht", gab sie nach Verlesen der Anklage unumwunden zu.

Auf die Frage aber nach ihrem Motiv blickte sie lange schweigend mit gesenktem Kopf in ihre Unterlagen, brachte kaum ein Wort heraus, wirkte verunsichert. Dann äußerte sie sich doch zu den Vorfällen. Für einen Handyvertrag verschuldete sie sich mit 630 Euro. Die Summe konnte sie aber nicht bezahlen. "Ich hatte Angst, deshalb vor Gericht zu landen", sagte die Angeklagte. Um den Vertrag bezahlen zu können, habe sie dann das Geld genommen. Sie wusste, dass ihr Mitbewohner Geldkassetten in einer Schublade im Zimmer aufbewahrte und wo die Schlüssel dafür lagen. Sie verschaffte sich Zugang dazu und nahm sich das Geld. "Ich mache das nicht mit Absicht, der Kopf ist dann ausgeschaltet", sagte sie. Das Geld der Zimmernachbarin aus dem Krankenhaus stahl sie, weil sie "unbedingt" Geld haben wollte, um damit Süßigkeiten zu kaufen.

Ein Vertrauter der Angeklagten, ein Mitarbeiter des Betreuungsheims, versuchte die Gründe für ihr Verhalten zu erklären. Sie sei fixiert auf ihre Eltern, die beide Hartz IV-Empfänger seien Die Angeklagte wolle ihre Eltern unterstützen, "aber auf dem falschen Weg", sagte er. Er könne bestätigen, dass sich ihr Kopf wirklich in manchen Situationen ausschalte, sie sei impulsiv und insgesamt "nicht einfach". Außerdem habe sie nicht gewusst, was auf sie zukommt, wenn der Handyvertrag nicht bezahlt wird. Die Mitarbeiter in der Einrichtung würden versuchen, der Angeklagten "Rechtsbewusstsein klarzumachen", sie zeigte sich nach der Tat auch einsichtig, erzählte der Mitarbeiter.

"Im Nachhinein tut's mir leid" sagte die Angeklagte nach ihren Ausführungen, das gestohlene Geld hat sie mittlerweile zurückgegeben. Angesprochen darauf, welche Strafe angemessen sei, sagte der Mitarbeiter des Betreuungsheims: "Ein kleiner Dämpfer müsste es schon sein", damit ein Lerneffekt eintreten könne. Allerdings sei eine Geldstrafe aufgrund der angespannten finanziellen Situation nicht sinnvoll. Er könne es zwar nicht ausschließen, dass so etwas noch einmal passiert, man versuche aber, die Reize zu minimieren.

Richter und Staatsanwalt äußerten allerdings Zweifel an der Schuldfähigkeit der Angeklagten. Es sei zwar klar, dass die Angeklagte die Diebstähle begangen habe, er könne aber nicht einschätzen, inwieweit die Frau auch gewusst habe, was sie tat, erklärte Richter Dieter Kaltbeitzer. Daher wurde die Hauptverhandlung nun ausgesetzt, eine Begutachtung der Schuldfähigkeit, bei der die Angeklagte in einer Münchner Klinik befragt wird, soll Klarheit schaffen.

© SZ vom 04.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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