Ebersberg:Kompliziert, aber einträglich

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Kreistag will Dienstanweisung für Zinssteuerung erlassen

Sie war gerade auf hoher See und hatte einen dicken Fisch am Haken, als der Anruf aus Ebersberg kam. Normalerweise ist dann schnelles Handeln erforderlich, doch diese Beute wollte sich Brigitte Keller, die Finanzmanagerin des Landkreises, dann doch nicht entgehen lassen. Sie versprach also sofortigen Rückruf, zog erst ihren Fisch aus dem Wasser und widmete sich dann auch in ihrem Urlaub einem komplizierten finanzpolitischen Geschäft: der Zinssteuerung. Diese ermöglicht, dass der Landkreis flexibel auf Änderungen bei den Zinsen reagieren kann - und wird bislang äußerst erfolgreich praktiziert. 2,1 Millionen Euro hat der Kreis durch dieses System seit 2007 einsparen können. Ändern wird sich an der bisher praktizierten Praxis auch weiter nichts, auf einen Rat des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands hin will der Kreistag aber jetzt ganz offiziell eine Dienstanweisung für den Einsatz von derivaten Finanzinstrumenten erlassen.

Das Ziel der Zinssteuerung ist auch dem Laien problemlos zu erklären: Der Kreis möchte schlicht und ergreifend so wenig Zinsen wie möglich für seine Kredite zahlen. Doch so einfach wie das Ziel ist der Weg dahin nicht, das kennt auch jeder, der beispielsweise ein Baudarlehen abschließen möchte. Wer eine lange Laufzeit wählt, riskiert, dass die Zinsen in der Zwischenzeit sinken, wer die Vertragslaufzeit zu kurz wählt, ärgert sich womöglich dann bei einer Verlängerung über massiv gestiegene Zinsen. Diese Situationen will der Landkreis vermeiden, er praktiziert daher seit 2007 Zinstauschgeschäfte. Wie diese funktionieren, das erschließt sich einem Laien schon überhaupt nicht mehr so genau - und offenbar haben selbst jene Probleme, die beim Thema Finanzen an sich durchaus Durchblick haben. Poings Bürgermeister Albert Hingerl (SPD) etwa hatte bei einer Beratung des Themas bereits 2012 angemerkt, dass nicht nur er die Zinssteuerung nicht verstehe, sondern es auch seinem versierten Kämmerer ebenso gehe.

Und auch im Landratsamt haben nicht viele einen so glasklaren Durchblick wie Brigitte Keller, das wurde bei der jüngsten Sitzung des Kreis- und Strategieausschusses deutlich. Landrat Robert Niedergesäß und Andreas Stephan, Leiter der Abteilung Zentrales, können laut Keller und den Fachleuten des Finanzdienstleisters Magral, der den Landkreis bei der Zinssteuerung unterstützt, aber ebenfalls mal Entscheidungen treffen - sollte Keller einmal gar nicht erreichbar sein.

© SZ vom 19.06.2015 / moo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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