Ebersberg:Kommt nicht in die Tüte

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SZ-Grafik; Quelle: Landratsamt (Foto: SZ-Grafik; Quelle: Landratsamt)

Die Vaterstettener produzieren so wenig Hausmüll wie keine andere Landkreisgemeinde. In Moosach und Hohenlinden wirft der Bürger im Jahresschnitt fast doppelt so viel weg

Von Max Nahrhaft, Ebersberg

Wenn einmal in der Woche die Müllabfuhr vor der Haustür anhält und die entleerte Tonne zurückstellt, wird man wieder daran erinnert, wie schön bequem es doch ist, wenn sich der Abfall wie von selbst entsorgt. Der vorläufige Zielort des Mülls ist für die Gemeinden im Landkreis Ebersberg das Entsorgungszentrum An der Schafweide. Südlich von Hohenlinden, am Rande des Ebersberger Forsts, wird der häusliche Unrat umgeladen und dann weiter zur Verbrennung gefahren. Doch zuvor registriert das Landratsamt die Mengen und kann feststellen, wie viel Abfall aus welcher Gemeinde kommt. Die Mengen variieren stark von Kommune zu Kommune. Die Bürgermeister können sich häufig nicht erschließen, warum gerade bei ihnen so viel oder wenig Müll anfällt.

So auch in der Gemeinde Moosach, die der Negativspitzenreiter in Sachen Hausmüll ist. "Wir wissen zwar, dass wir einen hohen Verbrauch haben, woher dieser kommt, darüber lässt sich aber nur spekulieren", sagt Moosachs Bürgermeister Eugen Gillhuber (CSU). Über 183 Tonnen sind in der ländlichen Kommune im vergangenen Jahr angefallen. Im Verhältnis zur Bevölkerung hat die ländliche Gemeinde damit den höchsten Ausstoß, nämlich 118 Kilogramm pro Einwohner und Jahr.

Einen nur minimal niedrigeren hat Hohenlinden. Doch auch der dortige Bürgermeister, Ludwig Maurer (ÜWH), kann sich keinen Reim aus den Zahlen machen. Zwar könne er diese Tendenz schon seit Jahren beobachten, doch echte Gründe habe man noch nicht gefunden. "Wir arbeiten daran", sagt Maurer. Eines kann er sich allerdings nicht vorstellen: "Ich glaube nicht, dass die Hohenlindener weniger umweltbewusst sind als andere Bürger im Landkreis."

Es mag zwar keine böse Absicht oder falsche Einstellung der Bürger sein, trotzdem sprechen die Zahlen für sich. Denn landkreisweit liegt das durchschnittliche Müllaufkommen nur bei 96 Kilogramm pro Bürger. Doch eine andere Lösung als Appelle an die Mitbürger sehen die Bürgermeister nicht. "Wir können nur immer wieder darauf hinweisen, wie wichtig Mülltrennung ist, und betonen, dass die Leute ihren Abfall zum Wertstoffhof bringen sollen", sagt Maurer, ähnlich sieht das Gillhuber.

Am anderen Ende der Abfall-Skala steht die Gemeinde Vaterstetten. 2016 sind dort zwar fast 1600 Tonnen Müll angefallen. Umgerechnet auf die 22 000 Einwohner ergibt sich jedoch eine Quote von lediglich 70 Kilogramm - 48 weniger als in Moosach. Die Gemeinde von Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) ist im Ranking absoluter Spitzenreiter, im landkreisweiten Vergleich steht Vaterstetten bei der jährlichen Pro-Kopf-Abfallmenge 20 Kilo besser da als der Listenzweite Ebersberg.

Warum ist das so? Warum werfen die einen allem Anschein nach so viel mehr weg als die anderen? Dafür gibt es vor allem einen Grund: die besondere Organisation der Müllentsorgung in Vaterstetten. Diese wird über Wertmarken geregelt. Zum Jahresbeginn kauft jeder Vaterstettener Haushalt 26 Marken für seine Restmülltonne und zahlt dafür je nach Fassungsvermögen 200 oder 400 Euro. Die Abfalltonne wird allerdings nur dann geleert, wenn eine Marke darauf klebt. Falls am Jahresende Marken übrig bleiben, bekommt man pro Stück sieben beziehungsweise 15 Euro zurückerstattet. Neun Marken sind Grundgebühr und müssen geklebt werden.

"Seitdem entsteht ein regelrechter Sport, möglichst wenig Marken zu verwenden, und die Müllmengen gehen nach unten", so Reitsberger. Entwickelt wurde das System schon in den 90er Jahren, als sich der Verein "Müllbremse" kreativ mit dem Thema auseinandersetzte. "Wir profitieren bis heute davon", sagt Reitsberger. Auch Missbrauch sei kaum feststellbar, niemand entsorge seinen Müll im nächsten Waldstück und hole sich das gesparte Geld von der Gemeinde zurück.

Zwar sind die Müllmengen im vergangenen Jahr wieder leicht angestiegen, allerdings so minimal, dass es für Reitsberger keinen Grund zur Besorgnis darstellt. Denn er weiß sich zu helfen und greift dabei auf das selbe Mittel wie seine Amtskollegen zurück: den Appell an die Bürger. "Die Lage in Vaterstetten ist zwar insgesamt zufriedenstellend, doch es schadet ja nicht, das Bewusstsein für die Umwelt zu schärfen", so Reitsberger.

Eine Erfolgsgeschichte hat auch die Stadt Ebersberg aufzuweisen. Während das Müllaufkommen vor 20 Jahren noch deutlich höher war, liegt die Stadt nun mit 90 Kilo pro Person klar unter dem Landkreisschnitt. "Wir bemühen uns seit vielen Jahren, Müll zu vermeiden und richtig zu verteilen", so Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU). Der Fortschritt hänge auch mit dem dichten Netz an Wertstoffinseln zusammen. An 20 Standorten könnten die Ebersberger wohnortnah ihren Abfall entsorgen. Der Müll lande dann nicht in der Tonne, sondern werde nach seinen Wertstoffen getrennt und wiederverwertet.

© SZ vom 18.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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