Ebersberg:Karte in Kinderschuhen

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Einer kleinen Gruppe bringen Gerhard Schönauer (links) und Martina Eglauer von der VHS (zweite von links) die Wheelmap näher. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Wheelmap ist ein nützliches Werkzeug für Behinderte, aber kaum bekannt. Auch die Gemeinden sollen sich einbringen

Von Jessica Morof, Ebersberg

Noch ist das Zugsymbol auf der Karte von Grafing Bahnhof grau; bisher hat also noch niemand eingetragen, ob die Gleise barrierefrei erreichbar sind. Gerhard Schönauer von der Offenen Behindertenarbeit des Awo-Kreisverbands Ebersberg möchte das ändern. Unterstützung bekommt er von vier Teilnehmern des "wheelmap.org Austauschtreffens", das die Volkshochschule Grafing in Ebersberg veranstaltet hat. Das Ziel war, sich über Schwierigkeiten der Onlinekarte auszutauschen, in der die Barrierefreiheit öffentlicher Einrichtungen mit einem Ampelsystem vermerkt werden kann. Denn die Map ist bisher noch relativ unbekannt - das zeigte auch die geringe Resonanz auf das VHS-Angebot.

Auch Eva Axmann, die ehrenamtliche Behindertenbeauftragte in Grafing, ist an diesem Abend mit dabei. Sie weiß, dass der Bahnsteig an Gleis vier und fünf in Grafing Bahnhof keinen Zugang für Rollstuhlfahrer hat. Also setzt Schönauer eine neue Markierung und trägt "nicht rollstuhlgerecht" ein. "Kein Aufzug, keine Rolltreppe" schreibt er in die Detailansicht. Mitverfolgen können das die Seminarteilnehmer auf einer großen Leinwand.

Schon jetzt zeigen sich die ersten Schwierigkeiten im Umgang mit der Online-Karte: Schönauer weiß zwar genau, wo er klicken muss, doch die Darstellung auf der Karte dauert lange, und ein Link will einfach nicht funktionieren. Hat es nun geklappt? Oder ist die Eintragung vielleicht doch fehlgeschlagen? Nochmals versucht der Seminarleiter sein Glück bei dieser kleinen Geduldsprobe.

"Es ist ein bisschen fieselig", berichtet auch einer der Teilnehmer von seinen Erfahrungen. Er hat am Grundkurs der VHS teilgenommen, um die Handhabung kennenzulernen. Sein Problem sei aber, dass er unterwegs Schwierigkeiten habe, mit dem Handy Einträge zu machen. Denn die Bedienung auf dem Touchscreen verlangt eine gewisse Übung; wer neu einsteigt, muss also Geduld mitbringen. Axmann hingegen kommt mit der Handy-Anwendnung gut zurecht. Dafür sieht sie andere Schwierigkeiten: "Das Problem ist, dass jeder etwas eintragen kann", erklärt sie. "Aber viele wissen gar nicht, worauf es ankommt." Manche Nutzer würde "barrierefrei" anklicken, obwohl die Einrichtung mit dem Rollstuhl gar nicht zugänglich sei. Für solche Fälle hat Schönauer ein Raster erstellt, dass er an alle Teilnehmer austeilt.

Darauf ist vermerkt, welche Kriterien zu beachten sind. Gibt es einen stufenlosen Eingang, muss eine grüne Markierung gesetzt werden; ist die Stufe bis zu sieben Zentimeter hoch, ist sie bedingt barrierefrei und deshalb orange zu markieren. Und eine noch höhere Stufe ist gleichbedeutend mit rot, also nicht barrierefrei. Auch Türbreiten und Toiletten sind in dem Raster vermerkt. Das sei hilfreich, sagt ein Teilnehmer, aber man müsse dafür immer Papier und Zollstock bei sich tragen.

Am Ende des Abends ist klar: Die Handhabung der Wheelmap ist nicht schwierig, doch es braucht Übung - und Zeit, so Axmann. Sie versuche, immer wieder, für Grafing Eintragungen zu machen, doch neben Beruf und Ehrenamt sei dies schwierig. Unterstützung wäre gut. "Wichtig ist, dass wir in nächster Zeit das Bewusstsein stärken", stimmt Gerhard Schönauer ihr zu. Deshalb soll es weiterhin Kurse und Austauschtreffen geben, damit die wichtigsten Einrichtungen wie Parkplätze und Toiletten bald vermerkt sind.

Außerdem sieht der Plan der Volkshochschule und der Arbeiterwohlfahrt vor, auch die Schulen und Kommunen einzuspannen. Sie können als Multiplikatoren dienen, beispielsweise indem sie auf ihren Webseiten durch einen Link auf das Angebot hinweisen. Andererseits könnten sie eigene und weitere Einrichtungen in der Wheelmap bewerten. Darüber hinaus plant Schönauer, einen Flyer zu entwerfen, um noch mehr Menschen zu erreichen. Erst wenn das geschafft ist, will man sich auch an Gaststätten, Ärzte und Geschäfte wenden. Es ist also noch ein weiter Weg zu gehen, bis sich alle Menschen im Landkreis auf die Wheelmap verlassen können.

© SZ vom 26.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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