Ebersberg:Karotten zur Ablenkung

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Im Freien picken und scharren - das dürfen die Wieshamer Hühner schon seit Wochen nicht mehr (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Für die Hühner im Landkreis gilt wegen der Vogelgrippe bereits seit drei Monaten Stallpflicht. Das bringt die Halter auch finanziell in Bedrängnis

Von Anselm Schindler, Ebersberg

Fünf verschiedene Arten von Gänsen haben im Wildpark Poing ihr Zuhause, darunter die aus Asien stammende Höckergans, die ihren Namen einer höcker-ähnlichen Erhebung an ihrem Schnabel verdankt. Doch wer derzeit durch den Wildpark schlendert, wird die Höckergans nicht zu Gesicht bekommen, wegen der Vogelgrippe herrscht auch im Landkreis immer noch Stallpflicht für Geflügel. Im Wildpark sieht man das recht gelassen, "klar wollen die langsam raus", sagt Josef Festl, Leiter des Wildparks, über seine rund 70 Vögel. "Aber wir haben hier große Ställe, im Vergleich zu viele Hühnerhaltern, da ist es teilweise echt eng", erklärt Festl.

Ein Anruf bei Josef Kendlinger, der bei Grafing einen Betrieb mit 4500 Legehennen unterhält: Eigentlich verkauft Kendlinger Freilandeier, doch seit dieser Woche muss er die Etiketten der Eierkartons überkleben, "Bodenhaltung" steht nun auf den Kartons. Wenn Hühner aus veterinärmedizinischen Gründen mehr als zwölf Wochen am Stück im Stall gehalten werden, dann dürfen die Landwirte die Eier nicht mehr unter dem Label Freiland verkaufen, so will es der Gesetzgeber.

Weil Eier aus Bodenhaltung im Regelfall weniger Geld bringen, droht einigen Hühnerhaltern im Landkreis durch die Geflügelpest finanzieller Schaden. Das bestätigt auch Josef Kendlinger. Über konkrete Summen will er nicht sprechen. Doch nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern vor allem wegen dem Wohl seiner Tiere hofft er auf ein baldiges Ende der Stallpflicht.

In der Vorweihnachtszeit warf Kendlinger immer wieder ausrangierte Christbäume in den Stall, als Ablenkung für die Tiere, und damit die Hühner zwischen den Ästen einen Rückzugsraum haben. Derzeit versuche er die Tiere mit Karotten abzulenken, "damit sie was zum Rumpicken haben", so Kendlinger. Mitte November wies das Ebersberger Landratsamt die Geflügelhalter im Landkreis dazu an, ihre Hühner so lange im Stall zu halten, bis es Entwarnung gibt. Die Order kam vom Bayerischen Umweltministerium, das verhindern will, dass das grassierende Vogelgrippe-Virus H5N8 auf Nutztiergeflügel überspringt. Seit der Ausrufung der Stallpflicht dürfen im Freistaat auch keine bayerischen Freilandeier mehr verkauft werden. Von seinen Kunden werde er nur selten auf die Vogelgrippe angesprochen, erklärt Andreas Hermann, der bei Poing einen Bodenhaltungs-Betrieb mit rund 7000 Hühnern leitet. "Die Kunden wissen ja wie vorsichtig wir sind." Eigentlich wollte Andreas Hermann einen Teil seines Betriebes Ende vergangenen Jahres auf Freilandhaltung umstellen. Doch mit der Umstellung muss Hermann nun vorerst noch warten, so lange, bis das Umweltministerium Entwarnung gibt. Zwei Mal pro Woche würden er und seine Kollegen vom Geflügelzüchterverband in einer Mitteilung über den aktuellsten Stand in Sachen Geflügelpest informiert, erklärt Hermann. Der Verband ermahne seine Mitglieder immer wieder, sich streng an die Vorschriften zu halten. Die Gefahr gehe am ehesten von Hobbygeflügelhaltern aus, sagt Hermann. Bestätigt wird das vom Ebersberger Veterinäramt: Dort seien in den vergangenen Wochen immer wieder Hinweise auf freilaufende Hühner und Gänse eingegangen, wie Evelyn Schwaiger, Sprecherin des Landratsamtes, erklärt. Hinter den Verstößen steckten in den Regel Privatpersonen. Zumeist reiche aber ein "eindringliches Gespräch" mit Vertretern des Amtes aus, um die Verstöße zu beenden, erklärt Schwaiger. Ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wurde im Landkreis deshalb bislang noch nicht eingeleitet.

© SZ vom 15.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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