Wilderei:Schüsse im Forst

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Wildererer im Landkreis hat es seit Jahren nicht gegeben, nun sind in wenigen Wochen drei Tiere ohne Erlaubnis getötet worden. Die Täter sind noch nicht bekannt, ihre Motive nicht nachvollziehbar.

Von Max Nahrhaft, Ebersberg/Jakobneuharting

- Der typische Wilderer ist stark, selbstsicher, anpassungsfähig. Er wird umschwärmt von jungen Frauen. Einen coolen Spruch hat er natürlich auch immer parat. Das war zumindest gängiges Schwarz-Weiß-Klischee, genährt von Heimatfilmen im Kino der Fünfziger- und Sechzigerjahre und später auch im Fernsehen. Die Wilderer wurden als Helden gefeiert und ihre Taten glorifiziert. Dass sie eigentlich Straftäter waren, die nicht nur der repressiven Obrigkeit ein Schnippchen schlugen, sondern auch dem Tierbestand zusetzten, wurde dabei gerne vergessen. Martin Otter, der Kreisvorsitzende des bayerischen Jagdverbandes, spricht von "verklärter Geschichte".

Inzwischen freilich hat sich dieses Image des vermeintlich freiheitsliebenden Selbstversorgers gewandelt. Wilderei steht definitiv als Straftat im Gesetzbuch, und es ist alles andere als ein Kavaliersdelikt, ein Wildtier ohne Erlaubnis oder Befähigung zu töten. Tatsächlich war Wilderei nicht nur im Landkreis, sondern in ganz Bayern über lange Zeit kaum ein Problem. "Ich bin jetzt schon sehr lange bei der Polizei. Wilderei kommt zwar vor, aber nur äußerst selten", sagt Hendrik Polte, der Dienststellenleiter in der Polizeiinspektion Ebersberg - und das obwohl der Ebersberger Forst im Zuständigkeitsbereich der Inspektion liegt.

Drei Tiere mussten qualvoll verenden

Doch das hat sich nun schlagartig geändert. In den vergangenen fünf Wochen sind drei Tiere angeschossen und am Tatort liegen gelassen geworden. Der erste Vorfall ereignete sich in einem Waldstück im Gemeindegebiet von Jakobneuharting. Der ansässige Jagdpächter fand eine Rehgeiß, der mit einer kleinkalibrigen Waffe in den Bauch geschossen wurde. Der Täter hatte das Tier seinem Schicksal überlassen und es verendete.

Im Ebersberger Forst trugen sich dann nur kurze Zeit später zwei weitere schwere Fälle von Wilderei zu. Das erste Opfer war eine Wildsau in der Schonzeit. Sie wurde in den Hals getroffen. Auch diesmal flüchtete der Täter und ließ das Tier qualvoll verenden. Die Tat wurde in einer Vollmondnacht im Wildpark Ebersberg zwischen der Sauschütt und dem Forsthaus Diana begangen. Drei Wochen nach diesem Vorfall erschoss mutmaßlich derselbe Täter an der gleichen Stelle im Forst einen Keiler. Im Schutz der Dunkelheit trennte er den Kopf des Tieres ab und nahm ihn als Trophäe mit.

Über die Motive lässt sich nur spekulieren

In allen drei Fällen hat die Polizei in Ebersberg die Ermittlungen übernommen, wobei noch keine weiteren Hinweise zu den Tätern oder deren Motiven bekannt sind. "Über den Grund für diese Straftaten lässt sich nur spekulieren. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass heute noch gewildert werden muss, um die eigene Not zu lindern. Da müssen andere Motive dahinter stehen", sagt Heinz Utschig. Er ist der Leiter der Forstbetriebe in Wasserburg, die auch für den Ebersberger Forst zuständig sind. Auch er kann aus zehn Jahren Berufserfahrung berichten. Trotzdem habe er bis zu diesem Zeitpunkt noch nie von Wilderei im Landkreis gehört, sagt er.

Den Wilderern ist es also wahrscheinlich nicht darum gegangen, ihren Hunger zu stillen, vielmehr wollten sie sich oder anderen damit etwas beweisen. "Vielleicht wollte der Täter einfach mal was tot schießen", sagt Andreas Schmidt ganz nüchtern. Er ist der verantwortliche Jäger im südlichen Teil des Wildparks und hat die beiden toten Sauen gefunden. Den Tätern ging es vielleicht um Ansehen oder schlichtweg den Kick, mit einer Waffe zu schießen. Der Versuch der Auflehnung gegen das Gesetz könnte auch eine Rolle gespielt haben. "Was in den Leuten in einer solchen Situation vorgeht? Ganz ehrlich, keine Ahnung", kommentiert Otter die wilden Spekulationen über den Beweggrund.

Unabhängig davon, welches Motiv vorliegt, sei es aber gar nicht so leicht, eine Sau zu erlegen, sagt Schmidt. Der Täter im Forst muss sich nämlich bis auf 50 Meter an das Tier herangeschlichen und dabei aufgepasst haben, dass er von der Sau nicht gehört oder gerochen wird. Schmidt sagt: "In einer Gefahrensituation greift sie zwar nicht an, läuft aber weg - außer Schussweite des Wilderers."

© SZ vom 17.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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