Ebersberg:Im Einklang mit der Natur

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Drei Landwirte aus dem Landkreis bekommen an diesem Dienstag ihre Meisterbriefe überreicht. Zu diesem Anlass erzählen sie, warum ihr Beruf der Schönste ist - trotz der Schwierigkeiten, mit denen sie zu kämpfen haben

Von Annalena Ehrlicher, Ebersberg

Weit vor Sonnenaufgang, um halb sechs morgens, geht für den Landwirt Florian Hoyer die Arbeit los. Täglich. "Wir haben 65 Kühe und deren Kälber auf dem Hof - die wollen halt versorgt werden", erzählt er. Unabhängig von der Witterung steht für den Landwirt morgens die Stallarbeit an: Die Kühe werden gefüttert und gemolken, später wird der Stall ausgemistet. "Und danach müssen wir natürlich noch kontrollieren, ob alles in Ordnung ist", so Hoyer. Der 32-Jährige arbeitet mit seinem Onkel auf dessen Hof. An diesem Dienstag bekommt er wie zwei weitere junge Landwirte aus dem Landkreis Ebersberg in Herrsching seinen Meistertitel verliehen.

Auf dem Hof seines Onkels in Glonn hat Hoyer gelernt und zeit seines Lebens mitgeholfen. Dennoch begann er im Jahr 2000 zunächst eine Ausbildung als Werkzeugmechaniker in einem Glonner Betrieb und schloss diese drei Jahre später ab. "Aber die Landwirtschaft war immer total meins - irgendwann musste ich mich dann halt entscheiden", erinnert er sich. Fünf Jahre lang hatte er nun die Doppelbelastung von Ausbildung und der täglichen Arbeit auf dem Hof. "Das war schon sehr aufwendig", sagt er, "mit Freizeit war da nix." Nach der Stallarbeit morgens frühstückte er im Auto, um pünktlich zur Schule zu kommen. Und nach der Schule kam er gerade rechtzeitig zur zweiten Runde Füttern und Melken zurück. "Aber jetzt kann ich auch einen Lehrling nehmen - das entlastet dann ja wieder", so Hoyer. Durch die Biogasanlage, die er und sein Onkel 2010 aufgebaut haben, betreuen die Landwirte "quasi zwei Betriebe" - allein wäre das nicht zu stemmen.

Einen Blick in den Stall gewährt Florian Hoyer: Zweimal täglich muss der Landwirt seine Kühe versorgen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die langen Arbeitszeiten stören Hoyer nicht - "ich mache ja das, was mir Spaß macht", sagt er. Doch der Milchpreisverfall macht dem Hof zu schaffen. Die Unkosten bei der Milchviehhaltung müssen so niedrig wie möglich gehalten werden, wobei es den Kühen natürlich gut gehen soll. Für die nächsten Jahre wird die Energieerzeugung zusehend wichtiger. Aber auch das sei schwer abzuschätzen, weil der Gesetzgeber häufig zu lange zögere, bis Entscheidungen publik gemacht werden. "Wir haben einen festen Stromabnahmevertrag über 20 Jahre - danach weiß keiner, wie es weitergeht", so Hoyer.

Auch Josef Kern und sein Vater haben seit 2006 eine Biogasanlage auf ihrem Hof in Pliening. "Die Preise für Agrarprodukte gehen nun mal immer mehr in den Keller, aber mein Vater hat zum Glück früh die Gelegenheit wahrgenommen", erzählt Kern. Die Kerns gehen mit der Zeit: Seit 1510 ist der Hof im Besitz ihrer Familie, heute sieht die tägliche Arbeit deutlich anders aus als vor 500 Jahren. "Ich habe immer schon auf dem Hof mitgeholfen, aber vor der Ausbildung zum Landwirt habe ich Metzger gelernt", so Kern, einfach, weil er noch etwas anderes kennenlernen wollte.

Josef Kern hat den Betrieb, der seit 500 Jahren im Familienbesitz ist, bereits übernommen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Letztendlich schlägt sein Herz aber für die Landwirtschaft und so hat er inzwischen den Hof seines Vaters übernommen. Dennoch werden Entscheidungen bei den Kerns immer noch gemeinsam getroffen: "Das ist das Schönste hier: Die ganze Familie hält zusammen", erzählt er. Jeder packt mit an und auch wenn es immer schwerer wird in der Landwirtschaft, "weil man immer mehr Auflagen bekommt", gibt es für den 27-Jährigen keinen schöneren Beruf. "Wir arbeiten in der Natur", sagt er, "deshalb hat man als Landwirt einen ganz anderen Blick auf sein Umfeld." Wenn er durch den Wald geht, erkennt er, welcher Vogel pfeift, was für ein Baum vor ihm steht. "Das ist unbezahlbar", fügt er hinzu. Deshalb gewinnt er auch jeder Jahreszeit etwas Schönes ab: Regen ist genau so notwendig wie Sonnenschein, der Winter ist für die Landwirtschaft so wichtig wie der Frühling. Doch die Begeisterung für seinen Beruf geht weiter: "Ich weiß, wo die Lebensmittel herkommen - das ist doch heute etwas wert", so Kern. Der Hof ist inzwischen ein reiner Ackerbaubetrieb, seit sie aufgrund der vielen Auflagen ihre Beteiligung an der Genossenschaftsbrennerei beendeten. "Langweilig wird es hier aber nie", betont er. "Im Winter müssen die Maschinen ja genau so gewartet werden, die Biogasanlage läuft dann ja auch. Und die Arbeit im Wald darf man nicht vergessen."

Der Meistertitel ist für ihn eine "Mindestanforderung": "Um den Betrieb zukunftsfähig zu gestalten und auf dem Markt zu bestehen, hilft das schon sehr", erklärt er. Der betriebswirtschaftliche Aspekt der Lehre mache sich dann bemerkbar. "Man lernt immer noch etwas dazu", sagt Kern, was auch der Grund dafür ist, dass er dieses Jahr zusätzlich noch den Fachagrarwirt für erneuerbare Energien gemacht hat. "Je mehr man selbst weiß, desto weniger muss man sich auf Andere verlassen", so der Landwirt.

Michael Widmann musste schon als 14-Jähriger die Entscheidung treffen, ob er einmal die elterliche Landwirtschaft übernimmt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Michael Widmann kommt ebenfalls aus einer Familie von Landwirten. Der 23-Jährige bewirtschaftet den Hof in Baiern zusammen mit seinem Vater. "Natürlich denke ich über Neuerungen nach", sagt er, "muss man ja heute." Eine der großen Herausforderungen heute sei nämlich, zukunftsfähig zu bleiben. "Man darf nicht stehen bleiben", sagt er. Die Entscheidung, Landwirt zu werden und eines Tages den Hof seines Vaters zu übernehmen, musste Widmann schon als 14-Jähriger treffen. "Mein Vater wollte damals eine Biogasanlage aufbauen und hat die Sicherheit gebraucht, dass ich mit einsteige", erinnert er sich. Im Nachhinein sei die Entscheidung aber auf jeden Fall richtig gewesen: "Ich will das machen und nichts anderes."

Auch Widmann bekommt nun seinen Meisterbrief. Seine Lehre machte er auf einem anderen Hof. Der Vorteil, den er darin sieht, ist, dass er Einblicke in den Betriebsalltag anderer Landwirte bekommen hat. "Manche Sachen nimmt man mit und will sie genau so selbst machen - andere vielleicht nicht, aber die Erfahrung ist wichtig", sagt er. Der Hauptgrund, einen Meister zu machen, ist auch für ihn, dass er damit nun ausbildungsberechtigt ist und zu gegebener Zeit die Möglichkeit hat, in seinem Betrieb einen Lehrling aufzunehmen. Hart war die Ausbildung, weshalb er heute "sehr stolz" ist auf das, was er erreicht hat. Warum man heute trotz der Schwierigkeiten noch Landwirt wird? "Man ist immer in der Natur und man ist sein eigener Herr", schwärmt Widmann. "Außerdem ist mein Beruf sehr abwechslungsreich: Man macht jeden Tag etwas anderes."

© SZ vom 03.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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