Ebersberg:Im Bann des Orion

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Astrofotograf Eckhard Slawik spricht in Grafing über den Sternenhimmel und zeigt seine weltberühmten Aufnahmen. Zu verdanken hat sie der Ingenieur einer revolutionären Erkenntnis

Von Julian Kettl

Schaut man nachts in München in den Himmel, ist die Milchstraße gar nicht zu erkennen", erklärt Ekhard Slawik. Die Lichtverschmutzung der Stadt verhindere das. Wer jedoch am Donnerstagabend, 25. Januar, in die Bücherstube Slawik in Grafing geht, kann die Milchstraße sehr gut sehen - auf einem vier Meter großen Plakat von Astrofotograf Slawik. Er spricht in der Buchhandlung seiner Frau über den "Sternenhimmel".

Mit seiner Fotografie des Orions gelang es Slawik 1997, sein Hobby zum Beruf zu machen - und für einen "Durchbruch in der Astrofotografie" zu sorgen. Denn ein großes Problem der Astrofotografie bis zu diesem Zeitpunkt war, dass hellere und dunklere Sterne, wie sie mit dem bloßen Auge durchaus betrachtet und unterschieden werden können, auf Fotografien kaum unterscheidbar waren. Die herkömmlichen Bilder boten dem Betrachter also keinerlei Orientierungspunkte und machten so die abgebildeten Sternbilder für Laien nicht erkennbar. Bei Slawiks Fotografie war das nun plötzlich anders: Er hatte nicht - wie sonst üblich - auf optimale Witterungsverhältnisse geachtet, sondern zufällig bei nächtlichem Dunst Aufnahmen gemacht. Aufgrund dessen erzeugten die helleren Sterne einen sogenannten "Hof", also einen leuchtenden Schleier um sich selbst, und wirkten daher später auch auf dem Foto größer und stachen hervor. Die Aufnahmen des Himmels erhielten damit eine bislang unerreichte Plastizität und die Sternenbilder konnten so endlich auch von unerfahrenen Betrachtern leicht identifiziert werden.

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(Foto: OH)

Echhard Slawiks Aufnahme der Milchstraße entstand in La Palma.

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(Foto: Eckhard Slawik)

Mit seiner Fotografie des Orions gelang es Slawik für einen "Durchbruch in der Astrofotografie" zu sorgen.

1944 wurde Eckhard Slawik in Oberschlesien geboren, 1959 gelang es seinen Eltern und ihm, nach Deutschland zu kommen, wo sie zunächst in einem Auffanglager landeten. Während seiner Lehre, einer zweijährigen Zeit beim Militär und einem Studium der Elektrotechnik in München, begann sich Slawik auch für Fotografie zu interessieren. Doch zunächst arbeitete er als Ingenieur und lebte in Grafing. Zu dieser Zeit kam ihm die Idee, seine Kreativität hinter der Kamera und seine Profession in der Physik zu verbinden. Er fing an, die Mikrochips, an deren Produktion er mitwirkte, unterm Mikroskop zu fotografieren. Von seinen "kreativen Aufnahmen" war seine Halbleiterfirma begeistert. Auch Siemens, Bosch und andere Unternehmen zeigten sich bald an seiner Mikrofotografie interessiert und Slawik konnte sich mit seinem neu erfundenen Beruf selbständig machen.

So fotografierte er schließlich hauptberuflich Chips für Technikfirmen, tagsüber. Nachts lichtete er hobbymäßig Sterne ab, die ihn auch schon lange faszinierten. Und mit Physik und Astronomie kannte er sich sowieso gut aus. Immer, wenn es Abend wurde, tauschte er also Mikroskop gegen Teleskop und setzte sich in seine selbstgebaute Sternenwarte, eine Holzhütte im Chiemgau mit abnehmbarem Dach. Von dort aus hielt er dann den Nachthimmel fest. Dabei führten eines Nachts eben jene Witterungsverhältnisse zu der Erkenntnis, die zum Durchbruch des Ingenieurs als Sternenfotograf führte. "Geschenk des Himmels" nennt Slawik den Moment. Er glaubt nicht an Zufälle.

Eckhard Slawik machte sein Hobby zum Beruf. Das verdankt er einer Fotografie aus dem Jahr 1997. (Foto: Privat)

Durch diese Erkenntnis motiviert, bastelte der Ingenieur eine Streuscheibe, mit der er beschriebenen Effekt auch bei guten Witterungsverhältnissen nach Belieben erzeugen konnte - und zeigte die damit entstandenen Fotografien, unter anderem vom Orion, seinem Bekanntenkreis. Die Resonanz war großartig. "Von einem Freund wurde mir geraten, ich solle doch einen Atlas machen", so Slawik. Den Ratschlag nahm er gerne an, mit dem Ziel den gesamten Sternenhimmel in einem Buch zusammenzufassen.

Auch Uwe Reichert, Redakteur beim Wissenschaftsmagazin Spektrum, sah Slawiks Orion-Aufnahme. Er war begeistert. "Als ich mit Reichert sprach, fragte er mich, wer denn die Texte für meinen Atlas schreibe", so Slawik. Da diese Aufgabe noch nicht vergeben war, nahm Slawik Reicherts Angebot gerne an. Für seine Fotografien reiste der Grafinger dann nach Namibia, Teneriffa, Chile, wo er auch mal in Observatorien übernachten musste. 1997 wurde schließlich der "Atlas der Sternenbilder" von Eckhard Slawik und Uwe Reichert veröffentlicht. Der Bildband machte laut Slawik "sehr großen Eindruck" und sorgte sogar in den USA für Schlagzeilen. "Picture-Perfect Sky Maps" betitelte das amerikanische Astrologie-Magazin Sky & Teleskope das Werk: "Bildschöne Himmelskarte".

War es Eckhard Slawik mit seinem Atlas gelungen, den gesamten Sternenhimmel abzubilden, wollte er in seinem nächsten Buch "Der Sternenhimmel" eine breitere Öffentlichkeit ansprechen. "Dabei habe ich versucht, den Himmel ästhetisch aufzuteilen, nicht mathematisch." Das Konzept des Buches besteht darin, wieder bestimmte Himmelsgegenden großflächig abzubilden. Allerdings ist nun jede Sternenkonstellationen zu verschiedenen Jahreszeiten und von unterschiedlichen Standpunkten aus fotografiert. "Die Menschen nehmen den Himmel anders wahr, je nachdem, von wo sie ihn betrachten", erklärt Slawik "Dabei kommt es vor allem darauf an, ob sie sich in einer Großstadt mit hoher Lichtverschmutzung, auf dem Land bei besseren Verhältnissen oder beispielsweise in den hohen Bergen bei optimalen Verhältnissen befinden." Vergleicht man nun in seinem Bildband die Milchstraße über München mit der Milchstraße über La Palma, wird deutlich, was mit dem Nachthimmel passiert, wenn die Stadt ihre Lichter anknipst: "Wir knipsen ihn aus."

Auf die Frage, was er jetzt mache, entgegnet Slawik: "Ich habe die Astronomie aufgeben und alles verkauft. Ich dachte mir: Mehr kann ich eh' nicht machen". Eine neue Beschäftigung hat er aber bereits. Der 74-Jährige will nun nicht mehr die Galaxie, sondern die Erde erforschen. "Die Wissenschaftler suchen alle nach einem erdähnlichen Planeten. Ich habe einen erdgleichen Planeten entdeckt - unter meinen Füßen." Der studierte Elektrotechniker hat dabei ein besonderes Anliegen: "Wir leben auf diesem Planeten und müssen uns klar werden: Wir können hier nicht weg! Wir sollten schauen, dass wir ihn nicht kaputt machen."

"Der Sternenhimmel": Vortrag von Eckhard Slawik, in der Bücherstube in Grafing, Jahnstraße 5a, am Donnerstag, 25. Januar, um 19.30 Uhr

© SZ vom 24.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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