Ebersberg:Hommage an die Demut

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Poiniere in Sachen Demut: Anton Prestele, Helmut Zunhammer und Peter Fischer (von links) in der Galerie Kok in Eglharting. (Foto: privat)

Peter Fischer von der Galerie Kok über eine Performance, die am Samstag uraufgeführt wird

Interview von Anja Blum

"Der Apfel der Erkenntnis - Demut ist des Pudels Kern": So lautet der Titel einer Veranstaltung am Samstag, 25. Juli, in der Eglhartinger Galerie Kok. Vom Sündenfall bis zu Goethes "Faust" also - da hat sich offenbar jemand so einiges vorgenommen. Drei Künstler haben sich für das Projekt zusammengetan und eine interdisziplinäre Performance entworfen: der Münchner Komponist Anton Prestele, der Maler Helmut Zunhammer aus Bad Tölz sowie Peter Fischer von der Galerie Kok. Letzterer, seines Zeichens Architekt, zeichnet für die Dramaturgie des Abends verantwortlich.

SZ: Herr Fischer, was erwartet Ihre Besucher am Samstagabend?

Peter Fischer: Ein Ausstellungsformat, das alle Sinne anspricht: Musik, Bilder, Skulpturen, Videos und Literaturzitate werden in einer wirklich mitreißenden Sprechtheater-Performance miteinander verschmolzen. Das übergreifende Thema ist dabei die Demut - so dass das Ganze nicht nur ein Kunstgenuss, sondern auch eine heiter-nachdenkliche Anregung zur Sinnsuche, zur Selbstreflexion sein wird.

So ein interdisziplinäres Format findet das erste Mal in Ihrer Galerie statt, oder?

Ja, das stimmt. Ich hatte einfach die Nase voll von diesen ganzen kopflastigen Ausstellungen, in denen die Exponate mit höchst komplizierten Erklärungen und Interpretationen überfrachtet werden.

Das Konzept Ihrer Performance klingt aber auch nicht gerade simpel . . .

Ja, schon, das liegt aber vor allem daran, dass es hier um Dinge geht, die allein mit Sprache schlecht vermittelt werden können. Ich bin mir aber sicher, dass an dem Abend eine Art der Kommunikation entsteht, über die Vieles ganz unmittelbar und einfach verstehbar sein wird.

Wie ist das Projekt entstanden?

Auslöser war ein Vortrag über das Phänomen Demut, den ich einmal im größeren Freundeskreis gehalten habe. 40 Seiten, die viele Zuhörer nicht sonderlich interessiert haben, aber ein paar wenige dafür umso mehr. So haben Helmut, Anton und ich zusammengefunden. Das Thema hat uns so fasziniert, dass wir uns zwei Jahre lang einmal im Monat getroffen und an dem Projekt gearbeitet, es immer mehr konkretisiert haben. Das Thema Demut hat ja so viele Aspekte. . .

Wie kamen Sie dazu, sich überhaupt damit zu beschäftigen?

Weil ich mich mit meinen eigenen Wurzeln auseinandersetzen wollte. Ich bin 1944 geboren und sehr katholisch erzogen worden. Und für das machtorientierte Bodenpersonal der Kirche war die Demut freilich ein raffiniertes Instrument. Wieder begegnet ist sie mir dann aber später im Gewand der vielen Fans von Indien und den asiatischen Lehren. Sie alle postulieren, genau wie das Christentum, dass der Mensch sich nicht so wichtig nehmen sollte. Und noch später, vor allem in privaten wie beruflichen Grenzsituationen, habe ich gemerkt, dass sich viele Widersprüche in mir entwickelt hatten. Die wollte ich aufarbeiten.

Hier ging es also vor allem um persönliche Erfahrungen?

Zunächst schon. Aber es gibt ja generell, vor allem bei jüngeren Menschen, eine starke Sehnsucht nach moralisch nachhaltigen Werten. Die Verunsicherung ist heutzutage groß . . .

Wie gingen Sie bei der Auseinandersetzung mit dem Thema Demut vor?

Dieser Prozess, der nun auch der Performance Struktur verleiht, verlief in drei Schritten, beziehungsweise Erkenntnissen: Zunächst habe ich mir die frühchristlichen Wurzeln angesehen und festgestellt, dass es damals um revolutionäre, schöne Ideen ging, die aber später durch den weit verbreiteten Machtmissbrauch im Amt verschüttet wurden. Das Stichwort lautet hier: "Ehrfurcht vor dem Schöpfer". Dem gegenüber stehen die philosophischen Gegenpositionen von Nietzsche, Sartre und Co., für die Demut "Sklavenmentalität" ist. Der dritte Teil widmet sich der "Sinnsuche und dem Scheitern im Hier und Jetzt" am Beispiel künstlerischer Persönlichkeiten wie Heiner Müller, Bohumil Hrabal, Norbert C. Kaser oder Robert Lax.

Und was ist nun des Pudels Kern?

Die Demut als höchst zeitgemäße Tugend. Als ein Kreativinstrument, mit dem sich komplexe Probleme, bei denen die üblichen Methoden versagen, lösen lassen. Ich jedenfalls habe das so erfahren. Wenn ich abschalte, loslasse, steigen Ideen aus meinem Unterbewusstsein auf, auf die ich sonst, allein mit der Ratio, nicht gekommen wäre. Außerdem hilft diese Haltung dabei, den Mensch in den Fokus zu stellen und vernünftiger miteinander umzugehen. Letztlich geht es hier also um eine künstlerisch sichtbar gemachte Lebenshilfe und Konfliktbewältigung.

Offenbar steckt in diesem Projekt enorm viel Herzblut - wird es mit diesem Abend vorbei sein?

Sicher nicht. Wir haben vor, damit zwei, drei Jahre durch die Lande zu tingeln. Durch Galerien, Bühnen und Kirchen.

"Der Apfel der Erkenntnis - Demut ist des Pudels Kern", Performance und Installation, Uraufführung ist am Samstag, 25. Juli, um 19 Uhr in der Galerie Kok, Hubertusstraße 11 in Eglharting. Die Performance dauert etwa zwei Stunden, um Reservierung unter der Telefonnummer 08091/4766 wird gebeten, da nur 40 Sitzplätze zur Verfügung stehen. Die Ausstellung ist am Sonntag, 26. Juli, von 14 bis 16 Uhr geöffnet.

© SZ vom 23.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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