Ebersberg:Hoch hinaus

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Empfindlicher Riese: Michael Kammermeier von der Waldbesitzervereinigung stellt bei einer Exkursion die Douglasie vor, hier im Wald bei Hergolding. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Die Fichte leidet in Bayern unter dem Klimawandel. Helfen könnte bei diesem Problem eine Amerikanerin, wie ein Beispiel aus dem Landkreis Ebersberg zeigt.

Von Johannes Hirschlach, Ebersberg

Bislang ist sie noch selten in deutschen Wäldern anzutreffen. Die Douglasie, ein Nadelbaum aus Nordamerika, nimmt nur 0,6 Prozent der bayerischen Waldfläche ein, obwohl sie bereits seit Anfang des 19. Jahrhunderts ihre Wurzeln auf dem europäischen Festland schlägt. Seit der Klimawandel in unseren Breiten häufigere Trockenperioden hervorruft, haben die Waldbauern die Douglasie jedoch auf dem Schirm. Denn der Fichte, der verbreitetsten Baumart Bayerns, geht die Puste, respektive das Wasser aus.

Der Nadelbaumfremdling aus Übersee ist an regenarme Zeiten hingegen besser angepasst. "Für die Douglasie sind drei Wochen Trockenheit kein Problem", sagt Michael Kammermeier. Als Geschäftsführer der Waldbesitzervereinigung Ebersberg-München/Ost liegt ihm die Gesundheit der regionalen Wälder besonders am Herzen. Eine Lehrfahrt durch Forstgebiete des Ebersberger Landkreises sollte nun interessierten Forstwirten die Douglasie als Alternativpflanze zur Fichte näherbringen.

Beispiele dafür gibt es bereits. In einem Waldstück südlich von Zorneding wachsen in eingezäuntem Gelände zwei- bis vierjährige Douglasienbäume. Noch sind die Nadelgehölze zwischen den mannshoch aufragenden Brennnesseln und Dornensträuchern nur zu erahnen. Jedoch wachse der Baum nach einigen Jahren deutlich schneller als heimische Hölzer, erklärt Kammermeier den 20 Teilnehmern der Exkursion. Auch an Höhe überrage der Nordamerikaner in erwachsenem Zustand die Fichte um mehrere Meter. Der Borkenkäfer, der die Waldbauern auf Trab hält, werde durch die dicke Rinde der Douglasie besser abgehalten.

Wenn der Frost kommt, wird's ungemütlich

Ein Wunderbaum ist das Gewächs aber nicht. In einem Privatwald einige Kilometer weiter offenbart sich dies an einem älteren Bestand. Traurig steht dort eine fünf Meter hohe Douglasie, umgeben von strammen Fichten. Der zuständige Revierleiter Dirk Schmidt beäugt kritisch mit den Teilnehmern das Exemplar.

"Wir haben hier brutale Probleme mit Frost", erklärt er und legt die Hand über die mageren Zweige der Douglasie. Gerade in ihren jungen Jahren sei die Baumart extrem pflegebedürftig. Dem pflichtet Kammermeier bei: "Diese Empfindlichkeit ist ein Nachteil", sagt er. Auch kosteten die Jungpflanzen doppelt so viel wie Fichtensprösslinge.

Für die schwierige Aufzucht der Douglasie empfiehlt Kammermeier den Kauf von Topfpflanzen. Die unkompliziertere Fichte lasse sich dagegen auch "wurzelnackt" bepflanzen - in Setzlingen ohne schützende Erdschicht. Dass der Verkaufspreis für das gelblich-rötliche Holz bislang unter dem der Fichte liege, sei den momentanen Kleinstmengen geschuldet.

So wird die Douglasie mangels ausreichender Menge bei Lieferungen oft anderen Holzsorten beigelegt. "Wer eine größere Masse liefern kann, erzielt dagegen oft mehr als mit Fichtenholz", berichtet der Forstingenieur. Der finanzielle Aspekt ist jedoch nicht der Hauptgrund, warum Kammermeier für eine Durchmischung der Waldflächen mit Douglasien plädiert: "Die Sicherheit spielt eine entscheidende Rolle", sagt er.

Den Pflanzen fehlt es an Reserven

Davon betroffen ist ein Waldstück von Josef Haas bei Baldham in der Münchner Schotterebene. Mit einer Humusdicke zwischen 10 und 20 Zentimetern hat das Areal den schwierigsten Boden im Besitz des Waldbauern. "Direkt darunter steht schon Kies an", beschreibt er die Geologie. Die Folge: Regenwasser fließt zu schnell ab, den Pflanzen bleiben kaum anzapfbare Reserven. 1984 vernichtete ein Hagelschauer große Bestände junger Fichten, sodass sich Haas nach einer Alternative umsehen musste.

"Die Douglasie war für mich eigentlich ein Zufallsfund", sagt er. Beim Durchschlendern der Baumschule sei er auf den Nadelbaum gestoßen und hatte Experimentierfreude verspürt. Heute ragen die über 30 Jahre alten Exemplare hoch in den Himmel, dem Sturm "Niklas" im Jahr 2015 sei keine einzige seiner Douglasien zum Opfer gefallen. "Und das bei diesem Boden", betont der Waldbesitzer.

Die Fichte komplett ersetzen will Haas indes nicht. Geht auch nicht, sagt Michael Kammermeier. Auf die Mischung komme es an, die je nach Boden anders ausfallen müsse. Nur so seien die Vorteile verschiedener Baumsorten effizient genutzt. "Eine interessante Möglichkeit zur Ergänzung der Bestände" sieht er in der Douglasie. "Hundert Prozent will keiner!"

© SZ vom 07.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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