Ebersberg:Hilferuf an die Kanzlerin

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Die neue Notunterkunft in Vaterstetten bei der Feuerwehr ist für 60 Flüchtlinge ausgelegt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

CSU-Politiker weisen auf Probleme bei Flüchtlingsunterbringung hin

Post aus Ebersberg hat die Bundeskanzlerin bei ihrer Rückkehr aus dem Urlaub auf dem Schreibtisch. Es geht um ein Thema, das die Lokal- wie die große Politik derzeit gleichermaßen bewegt: die Flüchtlingssituation und wie man damit umzugehen hat. In einem Brief, den sie selbst als "Brandbrief" bezeichnen, schildern Landrat Robert Niedergesäß und Landtagsabgeordneter Thomas Huber (beide CSU), wie schwierig die Situation inzwischen geworden ist. "Ein weiteres Jahr wie dieses werden der Freistaat und seine Kommunen, die Behörden und letztlich unsere Bürgerinnen und Bürger nicht schaffen können, ohne dass dies auch zu tief greifenden gesellschaftlichen Problemen führen würde", so das Fazit der beiden Politiker. In ihrem Brief an die Kanzlerin führen sie aber auch Vorschläge an, wie man konkret die Situation verbessern könnte.

Unter anderem fordern Niedergesäß und Huber, dass die Landkreise für die Unterbringung der Flüchtlinge "auch selbstverständlich die Liegenschaften des Bundes nutzen können". Um das zu erreichen, sollten künftig die staatlichen Immobilienverwaltungen von sich aus Liegenschaften anbieten, so dass hier nicht erst die Kommunen tätig werden müssten. Auch bei den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen muss laut der beiden CSU-Politiker dringend etwas passieren. Hier würden bei der Betreuung nach wie vor die Standards der Jugendhilfe als Maßstab herangezogen, tatsächlich werde dies aber bald nicht mehr machbar sein. Wohnraum und sozialpädagogische Fachkräfte seien im Ballungsraum München kaum mehr verfügbar, und auch der Betreuungsschlüssel könne auf Dauer nicht mehr eingehalten werden. In den Jugendämtern lägen die regulären Verwaltungstätigkeiten so gut wie brach, die Verteilungsmodalitäten seien unzureichend. Nur so lasse sich erklären, dass Clearingverfahren nur teilweise durchgeführt würden, Ansprechpartner selten bekannt und Vormunde nicht immer bestellt seien.

"Ohne Ihrem Haus zu nahe zu treten, haben wir den Eindruck, verehrte Frau Bundeskanzlerin, dass das Bundeskanzleramt über die Situation vor Ort möglicherweise nicht ausreichend informiert ist", heißt es in dem Schreiben weiter. Mit Nachdruck bitten die beiden Politiker um eine raschere Umsetzung der bundesweiten Verteilung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, geplant ist diese Maßnahme erst Anfang 2016. Zudem müssten die Standards für die Unterbringung "so schnell wie möglich an die realen Möglichkeiten vor Ort angepasst werden".

Auch in anderer Hinsicht müsse sich dringend etwas ändern: Angesichts der hohen Zahl der Flüchtlinge sei es "nicht länger hinnehmbar", dass das elektronische Verteilungssystem des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge täglich von 20 bis 6 Uhr abgeschaltet werde. Hier müsse schnellstens ein 24-Stunden-Betrieb eingeführt werden: "Es kann nicht sein, dass im Online-Zeitalter, in dem man rund um die Uhr im Internet einkaufen kann, die Abschaltung eines Datensystems die faire Verteilung von Asylbewerbern lahm legt." Die Liste der sicheren Herkunftsstaaten zu erweitern, die Asylbewerber EU-weit gerechter zu verteilen und die Asylverfahren zu beschleunigen sind weitere Forderungen - aber auch, "geeignete Maßnahmen in den Herkunfts- und Transitländern zu ergreifen", damit die Menschen in ihrer Heimat bleiben können.

© SZ vom 18.08.2015 / moo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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