Ebersberg:Hausarzt kontra Ärztehaus

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Der Arzt Winfried Bauer übt heftige Kritik an den Plänen zur Errichtung eines medizinischen Zentrums an der Kreisklinik Ebersberg - und spricht in einen offenen Brief von Blauäugigkeit.

Martin Mühlfenzl

Der geplante Bau eines Ärztezentrums in unmittelbarer Nähe zur Kreisklinik Ebersberg hat aus Reihen der niedergelassenen Ärzte der Kreisstadt die erste kritische Reaktion herauf beschworen. In einem offenen Brief an die Mitglieder des Stadtrats und die Süddeutsche Zeitung übt Doktor Winfried Bauer, Allgemeinmediziner, heftige Kritik am Dorfener Investor Robert Decker sowie dem Vorgehen des Ebersberger Stadtrates. "Sind unsere Stadtväter wirklich so blauäugig", ist der offene Brief überschrieben.

Ärztemangel im Landkreis: Überall fehlen Jugendpsychiatern und Mediziner, die Suchtkranken Ersatzstoffe verschreiben können. (Foto: AP)

Am vergangenen Dienstag hat sich der technische Ausschuss der Kreisstadt in seiner jüngsten Sitzung für eine Änderung des Bebauungsplans im Stadtteil Friedenseiche ausgesprochen und folgte damit der Empfehlung des Dorfener Investors. Decker plant auf dem Areal des ehemaligen Personalbaus an der Ecke der Von-Scala-Straße zur Bürgermeister-Meyer-Straße die Errichtung eines dreigeschossigen Ärztehauses mit Raum für etwa 15 Praxen und Ladenflächen sowie den Bau eines Parkhauses mit 200 Stellplätzen gegenüber des Haupteingangs des Klinikums. Mit kaum verhohlener Ironie bezeichnet Bauer das Großprojekt nun als "einmalige Sache": Die Stadt sei dem Lockmittel der 200 Parkplätze gefolgt, die der Investor versprochen habe. "Endlich eine preiswerte Lösung für die Parkplatznot am Krankenhaus", spottet Bauer,

Harsche Kritik übt der Ebersberger Hausarzt am Engagement des Investors und der damit einhergehenden Bereitschaft der Stadt Ebersberg ein solches Projekt durch einen ortsfremden Geldgeber finanzieren zu lassen. "Er versucht sein Geld gewinnbringend anzulegen", schreibt Bauer, um anschließend alle Investoren pauschal zu attackieren: "Ein Gutmensch ist er genauso wenig wie jeder andere Investor." Die Initiative Deckers sei lediglich der Versuch, sich auf dem "Markt der Gesundheit", zu etablieren: "Denn hier ist etwas zu holen."

Diese Form der Kritik veranlasst allen voran Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU) zu einer Reaktion: "Investoren sind sicher keine schlechteren Menschen als andere." Die Pläne des Investors und der Kreisklinik, ein Ärztezentrum als Ergänzung des bestehenden medizinischen Angebotes zu errichten, begrüßt der Rathauschef ausdrücklich: "Das ist für die Klinik und die Stadt die richtige Entscheidung." Unterstützung erhält Brilmayer von SPD-Stadträtin Elisabeth Platzer, die als Mitglied des Klinikaufsichtsrates an den Planungen für ein Ärztehaus beteiligt ist: "Das Haus ist nötig, um die Zukunftsfähigkeit der Kreisklinik zu sichern."

Die Ausrichtung der Politik der Kreisstadt auf die Zukunft der Kreisklinik steht auch im Zentrum von Bauers Kritik: Die Ebersberger Landschaft sei mit niedergelassenen Ärzten dicht genug bepackt, erläutert Bauer. Dass etwa bereits ansässige Ärzte in das neue medizinische Zentrum umziehen könnten, bezweifelt er: Begeistert werde niemand den Standort wechseln, da dort fremdgesteuert und nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung gearbeitet werde und Patienten mit der Stoppuhr abfertigt würden. Darüber hinaus werde das Gemeinwesen angezapft, da Ärztehäuser mit Mitteln der Krankenkassengebühren finanziert werden. "Aus diesem Geld bezieht schließlich der Investor seine Rendite", kritisiert Bauer.

"Ich verstehe, dass sich betroffene, niedergelassene Ärzte kritisch äußern", betont Bürgermeister Brilmayer. "Aber auch Ärzte stehen im Konkurrenzkampf - wie in der freien Wirtschaft. Und gute Ärzte werden auch künftig keine Probleme bekommen." Darüber hinaus sei es ein Anliegen der Stadt und auch von Investor Decker, dass möglichst viele Ebersberger Ärzte das neue medizinische Zentrum beziehen werden. "Diese Möglichkeit soll jeder Ebersberger Arzt bekommen", bestätigt Stadträtin Platzer. Das Ärztehaus werden Brilmayer und Platzer auch weiterhin gemeinsam vertreten. "Im Interesse unserer Stadt", wie der Rathauschef bekräftigt.

© SZ vom 16.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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