Ebersberg:Geschichten zwischen Fichten

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Gerd H. Meyden aus Forstinning liest in St. Hubertus. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Gegner der Umgehungsstraße Schwaberwegen laden im Forsthaus St. Hubertus zur Lesung ein. Schriftsteller Gerd H. Meyden erzählt Anekdoten von Jägern, Dackeln und Wildschweinen

Von Annalena Ehrlicher, Ebersberg

Fichten links, Buchen rechts, dazwischen ein Jäger im Hochsitz: so schön ist es im Wald. Wenn der Jäger und Hobby-Autor Gerd H. Meyden von seinen Erlebnissen in der Natur erzählt, schwingt in jedem Wort seine Verehrung für den Wald mit, und alles was dazugehört.

Etwa 50 Gäste sitzen an diesem Freitagabend im Forsthaus St. Hubertus zusammen, ein großer Teil von ihnen gehört der Bürgerinitiative St 2080 an, die den Abend und die Lesung organisiert hat. Der Forst zeigt sich hier von seiner schönen Seite, das Abendlicht fällt in schrägem Winkel - die perfekte Kulisse für einen Abend, bei dem es vor allem um eines geht: den Wald. Im Pavillon des Forsthauses hängen gut sichtbar die Plakate der Umgehungsstraßengegner: "Wehret den Anfängen!", prangt in großen Lettern darauf, ein Anliegen, für das die Bürgerinitiative steht.

Ob nach der Lesung noch eine Diskussion geplant sei? Franziska Rindfleisch verneint, sie engagiert sich in der Initiative: "Im Grunde gibt es ja nichts zu diskutieren - da wurde schon so viel gesagt, jetzt ist es Zeit, dass sich die Leute selbst eine Meinung bilden." Sie selbst ist überzeugt davon, dass den meisten Menschen durchaus bewusst sei, "dass es in puncto Umweltschutz fünf vor zwölf ist." Bei der Lesung im Forsthaus sitzen jedenfalls diejenigen Nachbarn und Mitstreiter, die sich einig darüber sind, dass die Umgehungsstraße ein Frevel am Forst wäre. Ob unter den Gegnern der Umfahrung auch Forstinninger sind, die nicht in Schwaberwegen wohnen? Rindfleisch zögert: "Den Großteil machen natürlich nicht diejenigen aus, die im Ort wohnen, aber es gibt durchaus einige."

Die Auswahl der Lesekapitel aus seinen Büchern hat Meyden so getroffen, dass für alle etwas dabei ist. Ein bisschen Naturidyll, viele Tierbeobachtungen, Anekdoten von einem Jagdausflug nach Tschechien, die für große Erheiterung sorgen. Und immer wieder drängt sich das Gefühl auf, dass für Meyden die Waldtiere vielleicht sogar die besseren Menschen sein könnten. Es menschelt jedenfalls sehr in seinen Geschichten - ob es um die Bache geht, die die Straße für ihre Frischlinge blockiert, oder um den schlauen Fuchs, der kopfschüttelnd" davonschleicht, nachdem er die nachgeahmten Mäusepfiffe des Jägers als falsche Lockungen erkannt hat. Bei Meydens Schilderungen fehlt einer nie: der kleine Dackel Jockel, der Schweißhund des Jägers. Unter den Zuhörern sind einige, die selbst Jagderfahrungen haben - "und nach der Lesung denken sicherlich noch mehr Leute darüber nach, einen Schein zu machen", sagt der Sprecher der Bürgerinitiative Ludwig Seebauer.

Seebauer spricht aus eigener Erfahrung: auch er betreute jahrelang ein Waldgebiet. "Aber die Hege findet an 365 Tagen im Jahr statt, das ist kein Freitagnachmittag-Hobby", sagt er. Schwierig sei es, in der Nähe von München ein gutes Gebiet zu finden. "Als zwischen Hohenlinden und Erding die Straße durch den Wald gebaut worden ist, wurde so viel Wild überfahren, dass wir quasi kein Wild mehr schießen konnten", sagt er. "Der Ebersberger Forst ist ein Kleinod, weil er unversehrt ist."

Einen Eindruck dieser Unversehrtheit geben Meydens Wald-Geschichten von Wildschweinen, die nach dem Suhlen aussehen wie kleine Bären; von Vögeln, die ihre Nester direkt am Hochstand bauen und sich dann dem Jägern entrüstet aufs Gewehr setzen. "Der Wald ist eben keine reine Holzfabrik, sondern eine einzigartige Heimat für Mensch und Tier." In aller Ehrfurcht schildert er die Tiere, die ihm im Laufe der Jahrzehnte untergekommen sind. "Für mich war das am Anfang ein komischer Gedanke, aber es gibt wahrscheinlich wenige Menschen, die Tiere mehr lieben, als Jäger", sagt Franziska Rindfleisch nach der Lesung. Sie selbst jagt nicht, unterstützt die Leidenschaft ihres Mannes jedoch. Während sie von der Verantwortung des Jägers spricht, zeigt Seebauer ein Video, auf dem Wildschweine zu sehen sind, die sich an seinem Gartenzaun reiben. "Da kommen ständig alle möglichen Arten von Tieren", schwärmt er. Zumindest - solange die Umgehungsstraße nicht gebaut ist.

© SZ vom 24.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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