Ebersberg: Gericht:"Wie bei Barbara Salesch"

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Hat er die Ware verschickt oder nicht? Ein 35-Jähriger bekommt wegen Internet-Betrugs sechs Monate. Auch ein Ausflug in die Postfiliale bringt keine Entlastung.

Christoph Baborka

Wegen Betrugs bei dem Internet-Auktionshaus Ebay muss ein 35-jähriger Ebersberger eine sechsmonatige Freiheitsstrafe ohne Bewährung absitzen. Dies hat das Ebersberger Amtsgericht vergangene Woche entschieden.

Der Pflegeassistent hatte im Oktober vergangenen Jahres einen gebrauchten Gleitschirm für 441 Euro bei Ebay versteigert. Das Fluggerät kam jedoch trotz erfolgter Bezahlung nie beim Käufer an. Bis zuletzt hatte der Angeklagte vor Gericht behauptet, die Ware ordnungsgemäß verschickt zu haben. Einen Paketschein, der diese Aussage unterstützen würde, konnte er jedoch nicht vorweisen. Vier Email-Anfragen seines Kunden über den Verbleib des ersteigerten Artikels ließ er unbeantwortet. "Ich habe eine positive Bewertung von diesem Kunden erhalten. Somit dachte ich, dass alles in Ordnung gewesen sein muss und habe mich daher nicht weiter darum gekümmert", verteidigte sich der Hobbyflieger.

Der Geschädigte, ein Sozialpädagoge aus dem rheinland-pfälzischen Haßloch, gestand diese positive Bewertung ein. "Ich hab schon befürchtet, dass dieses Missgeschick hier zu Sprache kommt", erklärte der 54-jährige. Die Beurteilung habe er aus Versehen abgegeben, als er eine ganze Reihe von getätigten Auktionen bewertet hatte. Eine Rücknahme sei bei Ebay jedoch leider nicht möglich.

Im weiteren Verlauf der Verhandlung gewährte der Richter Peter Hayler eine kurze Pause. Äußerte der Angeklagte doch die Hoffnung, dass der Postangestellte, bei dem er das sperrige Paket aufgegeben habe, sich unter Umständen noch an ihn erinnern könne. Also machten sich der Anwalt und sein Klient auf, den möglichen Entlastungszeugen bei der nahe gelegenen Postfiliale im Rewe-Markt zu suchen.

"Wie bei Barbara Salesch" seufzte der Staatsanwalt, lobte jedoch den "verfahrensökonomisch guten" Einsatz des Rechtsbeistandes. Der Postbedienstete konnte aber offensichtlich nichts Erhellendes zur Wahrheitsfindung beitragen, weshalb der Verteidiger davon absah, ihn als Zeugen vorzuladen.

Auch die Verlesung der Eintragungen im Bundeszentralregister sprachen gegen den Angeklagten. Daraus ging hervor, dass er wegen mehrfachen Betrugs und anderen Delikten schon einmal eine dreimonatige Gefängnisstrafe verbüßte. Darüber hinaus befand sich der Beschuldigte in einer offenen Bewährung und versuchte, seine Identität durch die Nutzung von Ebay-Accounts und der Bankverbindung seines Vaters zu verwischen. Die fälschlich positive Bewertung durch den Geschädigten sei ihm "gerade recht gekommen", sagte der Staatsanwalt und sah keine andere Möglichkeit, als das eingangs erwähnte Strafmaß zu fordern.

Auch der Richter hatte am Ende offenbar keine Zweifel mehr daran, dass der Beklagte in voller Absicht gehandelt habe, und kam der geforderten Strafe - auch mangels eines Geständnisses - im vollen Umfang nach.

© SZ vom 14.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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