Ebersberg:Gefräßiges Krabbeltier

Lesezeit: 3 min

Im kommenden Frühjahr könnte eine Borkenkäfer-Plage bevorstehen, das Forstamt rät zu erhöhter Wachsamkeit. Befallene Bäume sollen so schnell wie möglich gefällt werden

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Mit unangenehmem Besuch müssen Waldbesitzer im kommenden Jahr rechnen: der Borkenkäfer könnte sich im nächsten Frühling so stark ausbreiten, wie seit Jahren nicht. Davor hat nun das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ebersberg (AELF) gewarnt. Und nicht nur für Waldbauern kann dies ernste Folgen haben, auch Gartenbesitzer sind von dem gefräßigen Schädling betroffen.

Das Jahr 2015 war für den Borkenkäfer geradezu ideal, sagt Friedrich Nebl, Leiter des AELF-Ebersberg. Der Orkan Niklas im Frühling hat dem Käfer perfekte Brutbedingungen beschert. Dieser nistet zwar nur in lebendigen Bäumen, doch der Orkan hat viele Fichten umgeworfen, aber nicht komplett entwurzelt. So waren die Bäume zwar geschwächt, aber noch lebendig genug, um den Käfer zu ernähren. Dessen Larven leben unter der Rinde und fressen das sogenannte Bastgewebe zwischen Stamm und Borke. Der Schädling bevorzugt geschwächte Fichten, "da sind die umgeworfenen für den Käfer schon interessant", so Nebl. Denn so lange diese nicht komplett ausgerissen seien und es noch einen "Wasser-Anschluss" gebe, bleibe die Borke lebendig genug für die Käferlarven. Ebenfalls sehr käferfreundlich war dann der heiße und trockene Sommer, "für den Wald ist feucht und kühl am Besten", so Nebl. Die Wetterbedingungen besonders im August hätten daher zu weiteren Schäden an den Bäumen geführt - was wiederum dem Borkenkäfer zugute kam.

Spannend werde es im Frühjahr, sagt Nebl, dann zeige sich, wie sehr sich der Käfer tatsächlich vermehren konnte und wie viele der Larven den Winter überlebt haben. Auch dies hängt stark vom Wetter ab, so Nebl, wenn der Winter mild und trocken wird, sei mit einem Rekordaufkommen an Käfern zu rechnen. Das letzte Mal geschah dies in den Jahren 2003 und 2004, auch damals war der Grund ein extrem heißer trockener Sommer und ein milder Winter.

Falls sich diese Wettersituation wiederholt, gelte es wachsam zu sein und schnell zu reagieren: "Das Wetter können wir nicht beeinflussen, aber wir haben Einfluss auf die Wald-Hygiene", sagt Nebl. Also darauf, wie schnell die befallenen Bäume erkannt und gefällt werden können. Diese Wachsamkeit empfiehlt Nebl auch Gartenbesitzern, auf deren Grundstücken sich Fichten befinden, "der Käfer macht da keinen Unterschied, der geht einfach an den nächsten Baum."

Wie schnell dies gehen kann, konnten in diesem Sommer bereits die Vaterstettener erfahren. Laut Umweltamtsleiter Wolfgang Kuhn mussten zwischen August und Ende Oktober mehr als 100 befallene Bäume entfernt werden. Dass der Käfer auch weit vom nächsten größeren Forstgebiet anzutreffen ist, zeigte sich gut am Wäldchen neben der Grundschule an der Gluckstraße. Hier hatte er sich in zahlreichen Bäumen eingenistet, die alle gefällt werden mussten. Schuld an der schnellen Ausbreitung war der heiße August, der viele Bäume in den sogenannten Trockenstress versetzt hatte und so anfällig für den Käfer gemacht hat.

Ob ein Baum tatsächlich befallen ist, lässt sich laut Nebl unter anderem an der verfärbten und vertrockneten Krone sowie an Bohrspuren am Stamm erkennen. "Das ist aber nicht so einfach", gibt er zu, denn Verfärbungen könnten auch durch Trockenheit verursacht, und die Bohrspuren leicht übersehen werden.

Sitzt der Käfer erst einmal im Baum, hilft nur noch die Säge. Die betroffene Fichte muss so schnell wie möglich gefällt und entrindet werden, bevor die Larven sich zu Käfern entwickeln und neue Bäume befallen können. Zwar würden gelegentlich auch Käfer-Fallen aufgestellt, so Nebl, diese dienten aber lediglich als Indikator, also zur Feststellung ob und wie viele Borkenkäfer in der Gegend unterwegs sind.

Zumindest gibt es einen kleinen Trost für alle Borkenkäfer-Geschädigten: das Holz ist meist, zumindest wenn der Baum rechtzeitig gefällt wird, nicht von schlechterer Qualität, als käferfreie Fichte und es gelten auch bei weitem nicht so strenge Quarantäne-Regeln, wie bei einem anderen Schädling, dem Asiatischen Laubholzbock. Sobald es entrindet sei, sei das Borkenkäfer-Holz normal verwendbar, sagt Nebl, Probleme gebe es höchstens, wenn durch den Befall plötzlich extrem viel Holz auf den Markt komme.

Gute oder zumindest neutrale Nachrichten gibt es dagegen vom Laubholzbock-Käfer. Der sei bislang noch nicht im Landkreis Ebersberg aufgetaucht, und auch im Nachbarlandkreis München seien seit den großflächigen Fäll-Aktionen im Sommer keine mehr gesehen worden. Ganz sicher könne man noch nicht sein, sagt Nebl, erst wenn vier Jahre lang kein Laubholzbock gesichtet wurde, gilt ein Gebiet als käferfrei. Weitgehend Entwarnung gebe es dagegen bei einem weiteren gefräßigen Exoten: dem Zitrusbockkäfer. Das vor gut einem Jahr bei Anzing aufgefallene Exemplar sei wohl der einzige seiner Art im Landkreis gewesen und geblieben, so Nebl, zumindest wurde kein anderes gefunden.

Um dem Borkenkäfer einen Strich durch die Rechnung zu machen, hat die Waldbesitzervereinigung Ebersberg/München-Ost in Zusammenarbeit mit der zuständigen Revierleiterin Kirsten Joas für den heutigen Freitag, 4. Dezember, eine Informationsveranstaltung organisiert. Wie es aussieht, wenn der Kupferstecher einen Baum befallen hat, soll anhand eines Beispiels demonstriert werden. Die Waldbesitzervereinigung will Handlungsempfehlungen zur Bekämpfung und zur Wiederaufforstung geben. Die Veranstaltung ist für alle interessierten Waldbesitzer offen. Treffpunkt ist um 14 Uhr an der Einfahrt der Wertstoff-Entsorgungsanlage Ammer, in der Baldhamer Straße in Zorneding

© SZ vom 04.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: