Ebersberg:Gefälschte Tüv-Plaketten

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Amtsgericht verurteilt Pärchen zu Bewährungsstrafen

Von Max Nahrhaft, Ebersberg

Es war der Sommer 2014, als ein junges Pärchen die Poinger Polizeiinspektion betrat. Sie wollten eine Anzeige aufgeben, da ihnen Unregelmäßigkeiten bei ihren Tüv-Plaketten aufgefallen seien. Damit begann eine juristische Auseinandersetzung, die mehr als zwei Jahre andauerte und erst nach einem zweitägigen Gerichtsprozess vor dem Amtsgericht Ebersberg geschlichtet werden konnte. Inzwischen hat sich nämlich herausgestellt, dass die beiden die Plaketten selbst gefälscht haben und dies mit der vorgetäuschten Falschanzeige verheimlichen wollten. Nun wurden sie verurteilt.

Ihre Anfänge hatte die Tat schon vor der Anzeige in Poing. Die 25-jährige Mitangeklagte arbeitete in einem Münchener Unternehmen, das die hoheitlichen Tüv-Plaketten produziert. Mit speziellen Maschinen und eigens angefertigten Stempeln wurden die Plaketten gestanzt und von dort an die Tüv-Stellen vergeben. Diese kleben sie dann auf die Kennzeichen der Fahrzeuge, die bei der Mängelprüfung bestanden hatten. Die Angeklagte hatte Zugang zu den Materialien und konnte digital die Druckvorlagen erstellen. Außerdem kannte sie die Arbeitsabläufe und verfügte über das nötige Know-how, um die Plaketten zu fälschen.

Die Staatsanwaltschaft ging dennoch davon aus, dass der Freund der Angeklagten die treibende Kraft hinter der Urkundenfälschung war. Die Frau hatte zwar Mittel und kannte Wege, fügte sich aber mehr in die Rolle der Mitläuferin ein. "Man muss nicht mehr als eins und eins zusammenzählen, dann erkennt man ganz deutlich, wie das ablief", so der Staatsanwalt. Er ginge davon aus, dass die Angestellte nach Beratschlagung mit ihrem Freund die entsprechenden Plaketten heimlich druckte und dann mit nach Hause in die gemeinsame Wohnung nahm. Dort hätten sie die Kennzeichen ihrer Autos mit den unechten Abzeichen überklebt - und sich damit den Besuch beim Tüv gespart. Der Staatsanwalt sagte: "Die beiden haben gemeinsame Sache gemacht." Der Angeklagte zeigte sich vollumfänglich geständig, bestritt aber, dass seine Freundin, die sich vor Gericht nicht äußern wollte, Kenntnis von den Straftaten hatte. Deswegen musste geklärt werden, ob sie eine Mitschuld trägt.

"Es ist nicht nachzuweisen, dass auch die Freundin in die Straftaten verwickelt war, oder überhaupt davon wusste", erklärte der Rechtsanwalt. Vielmehr habe der Mann die Plaketten bei einem Besuch in der Münchner Firma geklaut. Davon habe die Freundin nichts gewusst. "Menschen belügen ihre Angehörigen häufig, um sie vor etwas zu schützen, das ist etwas ganz Natürliches", argumentierte der Rechtsanwalt. Der Angeklagten, der inzwischen gekündigt wurde, sei kein Tatbeitrag nachzuweisen.

Die Richterin schloss sich in ihrem Urteil in großen Teilen dem Plädoyer des Staatsanwalts an. Es sei nicht glaubhaft, dass die Freundin die völlig unbescholtene Dritte war. Da es in Deutschland nur sehr wenige Hersteller gibt, die solche staatlich geschützten Plaketten produzieren, war es ein "glücklicher Zufall", dass der Angeklagte über seine Freundin die Zugriffsmöglichkeit hatte, so die Richterin. Wegen der Sicherheitsvorkehrungen wäre das bei keiner anderen Firma so einfach gewesen.

Die beiden Angeklagten wurden zu Bewährungsstrafen von zwölf und fünfzehn Monaten und mehreren Stunden soziale Arbeit verurteilt. Das Strafmaß ergab sich nicht nur aus der bloßen Fälschung, sondern auch aus der hohen Sicherheitsrelevanz der Straftat. Die Angeklagten hätten sich nicht nur die Ausgaben für die Tüv-Prüfung und mögliche Reparaturmaßnahmen gespart, sondern seien auch zur Gefahr für den Straßenverkehr geworden. "Da die zwei betroffenen Fahrzeuge nicht vom Tüv hinsichtlich eventueller Sicherheitsmängel geprüft wurden, waren sie ein gravierendes Risiko im Straßenverkehr", so die Richterin.

© SZ vom 14.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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