Ebersberg:Fußballtrainer kommt glimpflich davon

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Bei einer Altpapiersammlung wurde ein Elfjähriger schwer verletzt. Sein Betreuer stand jetzt vor Gericht.

Anja Blum

Ebersberg - Für Eltern gibt es wahrscheinlich nichts Schlimmeres, als ihr Kind leiden sehen zu müssen. Insofern hat nun eine Mutter vor dem Ebersberger Amtsgericht wahre Größe bewiesen: Sie saß dem Mann gegenüber, der dafür verantwortlich ist, dass ihr elfjähriger Sohn schwer verletzt wurde, sie hatte die Chance, Sühne einzufordern - und tat es nicht. "Mein Mann und ich betrachten das als einen tragischen Unfall, an dem niemand die Schuld trägt", sagte sie. Deswegen habe ihre Familie auch keine Strafanzeige gestellt. Die Staatsanwaltschaft indes hatte den Fall verfolgt und den Mann der fahrlässigen Körperverletzung angeklagt.

Der Bub erlitt bei dem Unfall schwere Verletzungen. An den Folgen wird er wohl sein Leben lang zu leiden haben. (Archiv) (Foto: dpa)

Der Unfall hatte sich im Mai ereignet, im Rahmen der Altpapiersammlung eines Fußballvereins im Landkreis. Wie jeden ersten Samstag im Monat war der Angeklagte als Fußballtrainer mit jungen Spielern unterwegs, um mit dem Lastwagen Altpapier einzusammeln und zum Container zu bringen. "Der Erlös kommt der Jugendarbeit zugute", erklärte er.

An diesem Tag im Mai sei er wie immer mit dem Lastwagen rückwärts dicht an den Container herangefahren, um das Papier dort hinein werfen zu können. Die Kinder hätten dabei auf der Ladefläche gestanden. "Und dann fahre ich immer ein Stück vor, damit wir auch das Papier auf dem Boden noch aufsammeln können", sagte der 50-Jährige. Normalerweise säßen die Jungs währenddessen auf der Ladefläche. Doch diesmal nicht. Einer der zwei kleinen Helfer stand noch, verlor beim Anfahren das Gleichgewicht und stürzte mit dem Kopf voraus über den Rand der Ladefläche auf den Boden.

"Im Rettungswagen ist er dann gleich kollabiert. Er musste sich übergeben, und aus der Nase lief Blut", erzählte die Mutter. Die Verletzungen, die sich der Elfjährige aus dem Landkreis bei dem Unfall zuzog, wiegen schwer: Er erlitt eine Gehirnerschütterung, einen Nasenbeinbruch, eine Stammhirnquetschung und sein rechtes Innenohr wurde beschädigt.

So sehr, dass er jetzt fast nichts mehr hört. "Und das wird sich laut den Ärzten auch nicht mehr gravierend ändern", erzählte die Mutter. Eine Operation oder der Einsatz eines Hörgerätes seien aus medizinischen Gründen leider nicht möglich. Ihr Sohn werde wohl sein Leben lang weit vorne sitzen, den Fernseher laut stellen und Diskotheken meiden müssen. "Sonst könnte das Ohr schnell noch weiter geschädigt werden", erklärte die Mutter.

"Mein Mandant ist von dem Geschehen sehr betroffen, er hat deswegen sogar seine Arbeit als Fußballtrainer aufgegeben", sagte der Verteidiger. Schließlich habe sich der Unfall innerhalb des Vereins, also "in einer Art Großfamilie" ereignet. Selbstverständlich stehe außer Frage, dass der 50-Jährige schuld sei an dem Unfall, allerdings bitte er darum, die besonderen Umstände des Falls zu berücksichtigen.

Und das tat das Gericht denn auch. Richter Peter Hayler einigte sich - angesichts der ehrenamtlichen Tätigkeit des Angeklagten, in deren Rahmen sich der Unfall ereignet hatte, sowie der großherzigen Sichtweise der geschädigten Familie - mit dem Staatsanwalt schnell darauf, das Verfahren einzustellen. Einzige Auflage: Der 50-jährige muss bis Ende März 1500 Euro Schmerzensgeld an die Familie zahlen.

© SZ vom 10.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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