Ebersberg:Folgenträchtige Silvesternacht

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Alkoholisiert schlug ein 20-Jähriger einem Partygast ins Gesicht. Das Amtsgericht verurteilt ihn zu einer Geldstrafe

Von Serafine dinkel, Ebersberg

"Kein Schlägertyp" befand die Staatsanwältin zu Ende der Verhandlung. In der Anklageschrift war trotzdem von vorsätzlicher Körperverletzung in zwei selbständigen Handlungen die Rede. Will heißen: Der 20-jährige Auszubildende soll einem 22-jährigen Grafinger am Rande einer Silvesterfeier in Ebersberg zwei mal mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben.

In seiner eigenen Stellungnahme räumte der Angeklagte die Körperverletzung, wenn auch abgemildert, ein. Er schilderte, dass er mit einem stark alkoholisierten Freund unterwegs gewesen sei, über dessen Situation sich der Geschädigte offensichtlich lustig gemacht hatte. Die Scherben eines Glases, das dem Freund heruntergefallen war, hätte der zurückgekickt. So war es zu einer verbalen Auseinandersetzung gekommen, schließlich habe er den Geschädigten geschubst. Dabei sei ihm die Hand bis in dessen Augenbrauenbereich ausgerutscht. Der Geschädigte habe sein Bierglas über ihm ausgekippt, da habe er ihn mit der Faust ins Gesicht geschlagen.

Die Tat habe ihm sehr schnell leidgetan, über einen gemeinsamen Bekannten habe er den Geschädigten ausfindig gemacht und kontaktiert, um die Angelegenheit zu klären. Die Zivilklage wurde fallen gelassen, die Staatsanwaltschaft verfolgte die Angelegenheit aber weiter. "Ich trinke nicht gerne Alkohol", so der Angeklagte. "Acht, neun Bier, zum Teil auch Wodka" habe er innerhalb von etwa vier Stunden zu sich genommen, erklärt er auf Anfrage des Richters; die hätten dann eben ihre Auswirkungen gezeigt.

Nur minimal wich die Beschreibung des Tathergangs des Geschädigten von der Version des Angeklagten ab. Er habe sich zwar über dessen Freund mokiert, aber keine Glasscherben gekickt. Zunächst sei er von hinten angerempelt worden und habe dann zwei Schläge ins Gesicht abbekommen. Er habe dem Angeklagten das Bier auch nicht über den Kopf geschüttet, sondern nach dem ersten Schlag die Hände, in denen er noch das Bier hielt, schützend vors Gesicht gehalten. So hätte der Angeklagte davon etwas abbekommen können. Wie ein ärztliches Attest bestätigte, hat er eine Nasenbeinprellung erlitten. Zwei Wochen lang sei das Gesicht nach Eigenaussage geschwollen gewesen.

Einen "normal sozialisierten Eindruck" mache der Angeklagte auf ihn, stellte der Vertreter der Jugendgerichtshilfe. Im Jahr 2013 war der Azubi zwar schon wegen Diebstahls angeklagt, nach Verurteilung zu einem Tag sozialer Arbeit war diese Klage aber nicht weiter verfolgt worden. Er empfahl die Anwendung von Jugendstrafrecht und eine Geldstrafe zur Entrichtung an eine soziale Einrichtung. Die Staatsanwältin sah das ähnlich. Der Angeklagte sei durch den Alkohol enthemmt gewesen, habe sich aber verständig gezeigt und privat bereits Wiedergutmachung geleistet. Dennoch sei der mehrmalige, absichtliche Schlag ins Gesicht mit Verletzungsabsicht zu beachten. Sie forderte eine Geldstrafe von 450 Euro und die Übernahme der Verfahrenskosten durch den Angeklagten.

Es handele sich auf keinen Fall um zwei selbstständige Tathandlungen, betonte der Verteidiger. Es habe auch nur einen Faustschlag gegeben. Letztendlich tue aber die Anzahl der Schläge nicht viel zur Sache. Bei der Berührung sei "billigend in Kauf genommen" worden, den anderen im Gesicht zu treffen. Gravierend verletzt sei der aber nicht geworden. Der Verteidiger forderte die Befreiung von den Verfahrenskosten. "Ich muss dafür die Konsequenzen tragen, egal ob es um einen oder zwei Schläge geht", so der Angeklagte. "Ich muss ja etwas daraus lernen." Nochmals entschuldigte er sich bei allen Beteiligten.

Auch Richter Dieter Kaltbeitzer befand irrelevant, ob es um einen oder zwei Schläge gehe. Er sehe nur einen Fall der Körperverletzung. Auch wenn es zwei Schläge gegeben haben sollte, so bildeten diese eine "natürliche Handlungseinheit". Er hielt es für plausibel, dass es dazu gekommen war, denn bei bloßem Schubsen wäre der Schlag wohl nicht im Augenbrauenbereich gelandet wie beschrieben. Für ihn sei es auch klar, dass der Geschädigte seinem Angreifer kein Bier über den Kopf geschüttet habe. Bei dessen Konsum von "Unmengen von Alkohol" sei ohnehin fraglich, ob er den Handlungsablauf noch sehr gut rekonstruieren konnte. Dennoch berücksichtigte der Richter dessen entgegenkommendes Verhalten und Einsicht. Er befand den Angeklagten der vorsätzlichen Körperverletzung für schuldig und verurteilte ihn nach Jugendstrafrecht zu einer Geldstrafe von 450 Euro. Von den Verfahrenskosten wurde er befreit.

© SZ vom 10.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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