Ebersberg:Feldversuch für große Aufgaben

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Der Einladung zum ersten Wirtschaftsempfang des Landkreises folgen zahlreiche Unternehmer, mit denen Landrat Niedergesäß einen Pakt für die Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt schließen will

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Auf Empfänge zu gehen, wird im Landkreis immer einfacher, weiß Landrat Robert Niedergesäß, "besonders zu Neujahr, aber auch immer mehr im Sommer" würden Gäste zu festlichem Beisammensein geladen. Trotzdem, so Niedergesäß bei seiner Begrüßungsrede zum ersten Wirtschaftsempfang des Landkreises, sei eben dieser eine wertvolle Ergänzung. Wobei es sich zunächst lediglich um einen "Feldversuch" handle. Ein Experiment allerdings, das durch die Anwesenheit der Gäste bereits einen ersten Erfolg zeige. Der Landkreis und die beiden Partner des Empfangs, die Kreissparkasse und die IHK, hatten etwa 350 Einladungen verschickt - die meisten Empfänger, mehr als 300, waren in den Alten Speicher gekommen.

Eingeladen waren Vertreter aus Politik, Handwerk, Handel und anderem Gewerbe, neben der Geselligkeit sollte es vor allem ums Kennenlernen gehen. "Was zählt, ist immer noch der Mensch", so Niedergesäß, auch und gerade in Zeiten zunehmender Internetkommunikation. Denn diese könne das persönliche Gespräch nicht ersetzen. Idealerweise könne der Abend der Beginn vieler interessanter Unternehmungen sein, "ich hoffe, dass sich heute die eine oder andere Tür öffnet".

Beim Wirtschaftsempfang im Alten Speicher besprechen Unternehmer des Landkreises, was sie zum Beispiel tun können, damit sich ihre Mitarbeiter das Leben in Ebersberg leisten können. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Zumindest die Zahl der Gäste sei dafür schon einmal eine gute Voraussetzung, sagte Sonja Ziegltrum-Teubner, die neue IHK-Kreisvorsitzende. Ganz offenbar, so Ziegltrum-Teubner, "ist das Interesse der Wirtschaft groß, informell mit Politik und Verwaltung ins Gespräch zu kommen."

Landrat wie IHK-Vorsitzende sprachen aber auch Probleme an, die Wirtschaft und Politik lösen müssten. Denn zwar stehe der Landkreis wirtschaftlich sehr gut da - Niedergesäß zitierte aus den entsprechenden Statistiken zu Wachstum, Beschäftigung und Wirtschaftskraft, in denen Ebersberg stets unter den Bestplatzierten auftaucht - "trotzdem gibt es weiter viel zu tun." Denn gerade das Bevölkerungswachstum - Ebersberg gilt mit 17,5 Prozent Zuwachs bis 2034 als Bayerns am schnellsten wachsender Landkreis - "ist nicht nur etwas, worauf man stolz sein kann". Zwar sei es ihm so herum lieber, meinte Niedergesäß, als das Schicksal von Wunsiedel zu teilen "wo die Zahlen ähnlich sind - aber mit einem Minus davor".

Dennoch gebe es auch in Ebersberg "enorme Herausforderungen", ganz besonders am Wohnungsmarkt. So mancher Betrieb habe bereits jetzt Schwierigkeiten, neue Mitarbeiter zu finden, weil diese in der Nähe ihres Arbeitsplatzes keine bezahlbaren Wohnungen fänden.

Ebenfalls eine große Herausforderung sei die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt. Ein Thema, dem man auch bei der IHK viel Aufmerksamkeit widmet, sagte Ziegltrum-Teubner. Denn der Fachkräftemangel mache den Betrieben zunehmend zu schaffen, bereits heute sei es kaum möglich alle Lehrstellen zu besetzen.

Die "Integration von Flüchtlingen durch Ausbildung" könne sogar mehrere Probleme lösen: Zum einen den Fachkräftemangel lindern und zum anderen auch die Akzeptanz der Neuankömmlinge fördern: "Die Erfahrung zeigt, wenn die Flüchtlinge Arbeit haben und man sich kennenlernt, gibt es keine Probleme bei der Integration." Allerdings bräuchte es dafür mehr Planungssicherheit, forderte Ziegltrum-Teubner, "Flüchtlinge, die in Ausbildung oder Arbeit sind, sollten nicht nach den Dublin-Regeln abgeschoben werden."

Nach den Mühen der Ebene - die man sich laut Niedergesäß übrigens nur bei der Premiere anhören musste, "nächstes Jahr lasse ich mir etwas anderes einfallen - ging es hoch hinaus. Extrembergsteiger und Unternehmer Benedikt Böhm brachte Einblicke aus dem Wirtschaftsleben wie von seinen spektakulären Bergtouren mit, die ihn unter anderem auf die sieben höchsten Berge der Alpen, ins Hochgebirge von Peru und auf den mit 8163 Metern achthöchsten Berg der Welt, den Manaslu in Nepal, geführt hat. Wenn er nicht auf die Berge kraxelt, ist Böhm Geschäftsführer bei einem Wintersportausrüster. Beides habe einige Gemeinsamkeiten, so Böhm, etwa die Balance zwischen Mut und Vorsicht zur finden: Denn natürlich gelte es, innovativ zu sein und neue Wege zu finden, und diese auch nach Misserfolgen immer wieder zu versuchen. Aber eben nicht in Leichtsinn zu verfallen: "Wer als Bergsteiger keine Angst kennt, ist schnell tot - wer als Unternehmer keine Angst kennt ist schnell pleite."

© SZ vom 02.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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