Ebersberg:Farbiges Universum

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Max Mannheimer bei der Vernissage seiner Ausstellung in der Ebersberger Rathausgalerie. (Foto: Hinz-Rosin)

Bis 8. Juli sind Max Mannheimers Werke in der Rathausgalerie zu sehen. Dort gibt es auch den Katalog

Von Rita baedeker, Ebersberg

Noch bis zum 8. Juli wird in der Ebersberger Rathausgalerie eine Retrospektive des Werks von Max Mannheimer gezeigt. Vor kurzem ist bei Hirmer in der Edition Jürgen B. Tesch ein aufwendig gestalteter zweisprachiger Band mit Gemälden von ben jakov, wie sich Mannheimer als Künstler nennt, erschienen. Der 140 Seiten umfassende Katalog beinhaltet eine Einführung von Herausgeber Gottfried Knapp, 67 abgebildete Gemälde und Zeichnungen des Malers und darüber hinaus eine Biografie zu Leben und Werk des Künstlers und eine Bibliografie.

Der Titel lautet "Die Vermählung der Farben". Der Titel bezieht sich auf einen Ausspruch Mannheimers, der über sein Schaffen einmal gesagt hat: "Ich male nicht, ich vermähle die Farben." Die ausgewählten Bilder spiegeln Mannheimers intensive Beschäftigung mit der Geschichte der abstrakten Malerei. Das erste Bild "Wieder ein Morgen" aus dem Jahr 1982 (Aquarell und Filzstift auf Papier) erinnert in seiner filigranen und grafisch-minimalistischen Formensprache an Paul Klee. Zum Teil bezieht er sich sogar ausdrücklich auf von ihm verehrte Vorbilder der klassischen Moderne: "Meine Verehrung, Herr Wassily" heißt zum Beispiel eine farbige Hinterglasmalerei. Der Herr, gemeint ist Kandinsky, dürfte sich auch von Motiven wie "Mein kleines Universum" (Tusche und Filzstift) sowie einigen konstruktivistischen Motiven gebauchpinselt fühlen. Das mit Schreibmaschine und Wasserfarbe produzierte "Passbild eines besessenen Schreibmaschinenvertreters", das "o-Bild mit einem Tippfehler" oder die Karikatur des "unbekannten Passanten" dokumentieren ben jakovs Humor und seine scharfe Beobachtungsgabe.

Die für den Katalog getroffene Auswahl berücksichtigt auch Motive, die neben der Schaffensfreude die Lebensgeschichte des 95-Jährigen zwar nicht thematisieren, aber die Qualen spiegeln, die Mannheimer erlitt. Er und seine Familie wurden von den Nazis nach Theresienstadt und Auschwitz deportiert. Eltern, Ehefrau, Schwester und zwei Brüder wurden ermordet. So wecken mit chinesischer Tusche und Essstäbchen gemalte Motive wie "Offener Raum" oder "Warten auf den Frühling" unwillkürlich Bilder von Zerstörung und Aufruhr. 1944 wurde Mannheimer als Zwangsarbeiter nach Dachau verlegt und 1945 von der US-Armee befreit. Anfang der Fünfziger Jahre begann er zunächst damit, populäre Kalendermotive abzumalen, Trost bot ihm das allerdings keinen. In der Kunst Kandinskys, die ihn faszinierte, und den Werken des Blauen Reiters entdeckte er eine künstlerische Heimat; fortan nannte er sich, zum Gedenken an seinen Vater, ben jakov. Im unermüdlichen Tun gab er seiner Trauer und Verzweiflung Ausdruck. Gottfried Knapp schreibt in seinem Vorwort: "Der Maler Max Mannheimer liefert mit seinem bildnerischen Werk wohl den schönsten Beweis für die Behauptung, dass Außergewöhnliches nur dort entsteht, wo ein Individuum ganz ohne fremde Anleitung zu sich selber findet."

Die Ausstellung in der Rathausgalerie Ebersberg dauert bis Freitag, 8. Juli, Montag bis Freitag, 8 bis 13 Uhr, Donnerstag auch 14 bis 18 Uhr. Der Katalog (deutsch und englisch) liegt im Bürgerbüro auf und ist auch unter a.berberich@ebersberg.de zum Preis von 30 Euro erhältlich.

© SZ vom 23.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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