Ebersberg:Familienstreit eskaliert

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21-Jähriger verprügelt mit einem Freund seinen Onkel, weil dieser die Mutter geschlagen und ein Auto geklaut haben soll

Von Matthias Reinelt, Ebersberg

Streitigkeiten innerhalb der Familie sind wohl für weite Teile der Gesellschaft ein häufiges oder zumindest nicht allzu seltenes Phänomen. Dass diese aber in Handgreiflichkeiten oder gar ernstzunehmende körperliche Auseinandersetzungen münden, ist zum Glück wohl eher die Ausnahme.

Genau derartige Vorkommnisse hatten sich allerdings im August vergangenen Jahres auf dem Parkplatz eines Supermarktes abgespielt. Ein damals 21-Jähriger aus München und ein zum Tatzeitpunkt 20-Jähriger aus dem östlichen Landkreis sollen sich jeweils der gefährlichen Körperverletzung strafbar gemacht haben. Geschädigter war in beiden Fällen der Onkel des 21-Jährigen. Die beiden jungen Männer hatten den Mann laut Anklageschrift vorsätzlich körperlich angegriffen, zuvor hatten sie ihn schon bezichtigt, die Mutter des 21-Jährigen und Schwester des Geschädigten geschlagen zu haben. Eine weitere Ursache für die Auseinandersetzung soll ein vorangegangener Streit um die Besitzverhältnisse an einem BMW gewesen sein. Die beiden mutmaßlichen Täter legten dem Geschädigten den Diebstahl des Autos zur Last. Diese beiden Vergehen des Onkels sollen den Ausschlag für den Faustschlag gegeben haben, den der ältere Angeklagte seinem Opfer versetzte, sodass dieser zu Boden fiel. Dieser hatte sich mit seinem Verteidiger abgesprochen, vor Gericht nicht auszusagen, jedoch verlas der eine schriftliche Erklärung seines Mandanten, worin dieser die Tat gestand und sich auch beim Opfer entschuldigen wolle. Dazu hatte er dann Gelegenheit, denn auch der Onkel war als Zeuge geladen, musste dann allerdings von einer Polizeistreife zu Hause abgeholt werden, weil er nicht erschienen war. Zu den Vorfällen äußerte er sich jedoch nicht.

Zwei Zeugen hatten an besagtem Abend Zivilcourage gezeigt und versucht, die Täter von ihren Dummheiten abzuhalten und die Situation zu deeskalieren, was ihnen kurzzeitig auch gelang. Der 21-Jährige Täter bedankte sich vor Gericht gar bei einem der Zeugen dafür, dass dieser so beruhigend auf ihn eingewirkt hatte. Als sein Onkel dann allerdings zu seinem Auto wollte, um sich vor weiteren Angriffen zu schützen, begann eine "Hetzjagd" auf ihn, wie es einer der Zeugen beschrieb.

Die jungen Männer wollten ihn vom Wegfahren abhalten, bevor die Polizei eintraf, die zuvor von Angestellten des Supermarktes gerufen wurde. Der Mann schaffte es nicht, sich zu verbarrikadieren, sein Neffe riss die Fahrertür auf und traf ihn mit mehreren Fußtritten an Kopf und Brust. Das konnten mehrere Zeugen beobachten und glaubwürdig schildern, schockierend war für diese die "enorme Brutalität, mit der vorgegangen wurde".

Der Beschuldigte äußerte sich mit keinem Wort zu den Vorwürfen. Sven Kautz von der Jugendgerichtshilfe plädierte auf vier Wochen Jugendarrest. Er begründete dies aufgrund der desolaten Familiensituation des 21-Jährigen - die Mutter inhaftiert, zum Vater keinen Kontakt - und der zur Tatzeit bestehenden Perspektivlosigkeit, da ihm eine Ausbildungsstelle gekündigt worden war. Dem schloss sich die Staatsanwaltschaft an und forderte für den anderen, bereits mehrfach vorbestraften Angeklagten eine Haftstrafe von zehn Monaten auf Bewährung und eine Geldstrafe in Höhe von 1 000 Euro. Dem kam Richterin Vera Hörauf nach, wobei sie neun Monate Freiheitsentzug für angemessen erachtete. Dem Angeklagten hielt sie dessen Geständnis zugute, mahnte aber, dass seine zahlreichen Vorstrafen ihn von weiteren Straftaten nicht abgehalten hätten. Dieser beteuerte: "So was kommt aber nicht mehr vor."

© SZ vom 23.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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