Fans des puristischen Gitarrenzweigesangs wird das neue Album der Ebersberger Band Sunspiration eher nicht gefallen. Zu kräftig, würden sie vielleicht sagen, zu treibend, zu wenig berechenbar. Aber das sind auch die Leute, deren Kopfhörer ab der 75-Dezibel-Marke zu übersteuern anfangen. Oder die sich beim Konzert Wachsklumpen in die Ohren stecken. Es muss ja nicht immer alles pure Melancholie sein, dachten sich hingegen Lenni Bachmeier, Florian Heimbuchner und Stefan Gackstatter. Eine ganze Woche haben sie sich ins Studio eingemietet, um mit dem neuen Album mehr Fülle in die Musik zu bringen.
Mit Mitte 20 müssen die Musiker schließlich auch nicht mehr den Sound aus Teenagerjahren anbieten: Der schmachtende Folk-Rock von damals ist zum erwachsenen Indie-Alternative-Rock gereift. Eine künstlerische Evolution also, bei der das Markenzeichen, der zweistimmige Gesang, geblieben ist; sich die zwei Sänger aber von einfühlsamen Vocals in beste Power-Refrains hineinsteigern.
Das heißt allerdings nicht, dass es mit der Melancholie ganz zu Ende ist. Sie wird nur ordentlich in ihre Grenzen gewiesen. Von elektronischen Sound-Einsprengseln etwa, von markanten Basslinien, einer bauchgesteuerten Dynamik in der Backline und einem Schlagzeug, das kein Taktgeber mehr im Hintergrund ist, sondern alles genüsslich vor sich hertreibt. Der große Pluspunkt der beiden Ebersberger ist die Fähigkeit, ihre Stücke interessant zu gestalten ohne gleich eine ganze Percussionspur oder ein dickes Gitarrenspuren-Effekte-Patchwork darunterlegen zu müssen. Das liegt vielleicht mit daran, dass die Texte erst einmal unabhängig von den Melodien entstanden sind und obendrein nicht von den drei Musikern selber kommen.
Stattdessen flossen sie aus der Feder von Violetta Ditterich. Es sind in Geschichten verpackte Alltagsbeobachtungen voller Details, Metaphern, Parabeln und Gegensätzen: Die Spaziergängerin etwa, der just in der Sonne auffällt, dass der Mantel viel zu dünn ist, während den drei Männern in der nächsten Strophe die dicken Jacken förmlich die Schultern herunterdrücken. Sie alle hätten eine Lebensgeschichte zu erzählen, behalten sie aber am Ende für sich. Oder der kalte Winterwind, der einen als bester Freund zurück ins warme Zuhause treibt und als warmer Sommerwind wiederkommt - für den Schritt hinaus ins Leben. Weiter können die interpretatorischen Türen kaum aufgestoßen werden.
Für Bachmeier, Heimbuchner und Gackstatter ging es nun also darum, die Seele dieser Texte musikalisch zu ergründen. "Das macht es leichter, sich in die Musik richtig reinzufühlen", sagt Bachmeier. Andererseits wachsen Musik und Lyrik so jedoch nicht gemeinsam. Die Abende am Küchentisch der gemeinsamen WG dürften aber beim Zusammenfinden geholfen haben. Denn, dass die Musiker fündig wurden, ist nicht zu überhören. Auch Kenner der Szene sehen das so. Auf dem Münchener Tollwood, für das ein Auftritt bereits zugesagt ist, ließe man das Trio andernfalls kaum auf die Bühne. Davor aber steht die Präsentation des neuen Albums im Kalender der Musiker.
Am Samstag, 13. Mai, treten "Sunspiration" mit ihrer neuen CD "The Wind" im Ebersberger Alten Kino auf. Beginn ist um 20.30 Uhr. Reservierung unter Telefon (08092) 255 92 05.