Ebersberg:Ernterekord fällt ins Wasser

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Die Getreideerträge fallen heuer geringer aus als im Vorjahr. Manche Händler von Freilandfrüchten müssen Gemüse aus Gewächshäusern zukaufen, andere profitieren sogar vom vielen Regen

Von Korbinian Eisenberger, Ebersberg

Der Gärtnermeister Stefan Moritz würde lieber seine eigenen Tomaten verkaufen. Der Regen, sagt er, habe ihm jedoch die Ernte kaputt gemacht. "Tomaten, Gurken und Paprika muss ich von anderen Gärtnereien einkaufen", sagt der 40-Jährige, der einen am Ebersberger Marktplatz seit Mitte Mai jeden Mittwoch hinter seinem Stand begrüßt. Moritz und seine Freundin Bettina Hüsgen erklären ihren Kunden in diesen Wochen, warum bei manchem Gemüse die Preise gestiegen sind. "Was ich nicht aus meinem eigenen Anbau anbieten kann, muss ich teuer einkaufen", sagt Moritz. Der Regen macht die Saison für einige regionale Freilandgärtnereien zu einem Härtetest.

Regen tut den Pflanzen gut, aber nicht wenn es zu viel wird. Die Gärtner und Landwirte im Landkreis Ebersberg haben von den gebietsweisen Starkregen der vergangenen Wochen nicht nur profitiert, wie Thomas Eberl, Pflanzenbauberater im Ebersberger Amt für Landwirtschaft Ebersberg, mitteilt. Im nördlichen, nordwestlichen und westlichen Landkreis, wo die Felder normalerweise unter Trockenheit leiden, würden die Niederschläge den Böden zwar gut tun. Im übrigen Landkreis, wo die Oberfläche hügeliger und der Boden schwerer wird, seien hingegen geringere Erträge zu erwarten. "Die Wassermassen verdrängen den Sauerstoff aus dem Boden", sagt Eberl. Und genau den brauchen Pflanzen zum Wachsen.

Das Getreide ist eingebracht - doch die Ernte war ein Wettlauf mit der Zeit. (Foto: Christian Endt)

Dennoch ist die Getreideernte nach Angaben von Franz Lenz, dem Vorsitzenden des Bauernverbands im Landkreis, einigermaßen zufriedenstellend ausgefallen. "Es wird keinen Rekord geben, aber normale Erträge", sagt Lenz. Das bayerische Landesamt der Statistik erwartet einen Rückgang der Getreideernteerträge im gesamten Freistaat. Demnach werde damit die Ernteerträge aus dem Vorjahre, bisher die dritthöchste seit Beginn der Aufzeichnungen, um knapp vier Prozent unterschritten. Dennoch so das Landesamt, würde das Ergebnis trotz des unbeständigen Wetters noch "geringfügig über dem Durchschnitt" liegen. Als Durchschnittsertrag werden fast 70 Dezitonnen je Hektar erwartet. Dies ist zwar weniger als im Vorjahr, gegenüber dem langjährigen Durchschnitt jedoch ein Plus von sechs Prozent. Die meisten Landwirte werden vor allem froh sein, dass sie ihre Getreideernte überhaupt endlich einbringen konnten: "Es war ein richtiger Kampf gegen die Zeit", sagt Franz Lenz, wegen des ständigen Regenwetters habe man "zwischen den Wolken" zur Ernte aufs Feld gemusst. Dennoch konnten die Landwirte bisweilen Regengüssen nicht entkommen, sie müssen ihre Ernte nun eben trocknen.

Die Gärtnereien im Landkreis Ebersberg hatten in diesem Sommer mit den Eigenheiten des Wetters zu kämpfen. Bevor der Regen die Felder unter Wasser setzte, war es im Frühjahr lange kälter als üblich. Wegen der kühlen Temperaturen im April und Mai, habe er kaum Pflanzen verkauft, sagt Gärtnermeister Martin Prabst von der Gärtnerei Köstler in Grafing. Die Kunden kämen erst, wenn das Wetter zum Garteln einlädt. "Mit dem Umsatz lief es in diesem Jahr schleppend", sagt Prabst.

Stefan Moritz und Bettina Hüsgen vom Ebersberger Wochenmarkt müssen Gemüse zukaufen, ihnen hat der Regen die Ernte verdorben. (Foto: Christian Endt)

Weniger schlimm erwischte es die Gemüse-Gärtnereien von Florian Böck in Neufarn. Die Gärtnerei Böck hat zwar 90 Prozent ihres Anbaus unter freiem Himmel. "Wir hatten Glück, dass wir von den starken Regenfällen und dem peitschenden Wind nicht betroffen waren", sagt Florian Böck, der Geschäftsleiter. Salat, Kohl, den Schnittkräutern und dem Fenchel hätten die vielen Regentage sehr gut getan. "Wir mussten wenig gießen", sagt Böck. "Ich hatte diesen Sommer viele ruhige Abende mit der Familie".

Wie die Gärtnerei Böck verwendeten die meisten Bauern und Gärtner für ihre Tomaten, Gurken und Paprika beheizte Gewächshäuser - und sind demnach so gut wie unabhängig vom Wetter. In der Gärtnerei "Kunterbunt" von Stefan Moritz in Großkarolinenfeld im Nachbarlandkreis Rosenheim wächst hingegen so gut wie alles unter freiem Himmel. Beim Spitzkohl, Fenchel und Mangold seien die Erträge viel höher als zu erwarten war, sagt Moritz. "Mangold braucht aber niemand in solchen Mengen wie Tomaten", sagt Moritz.

Für die Landwirte ist die Erntesaison noch lange nicht vorbei; was die übrigen Feldfrüchte betrifft, ist Franz Lenz verhalten optimistisch. Der Mais stehe sehr gut da bisher, sagt er, auch die Kartoffelernte wird derzeitigen Prognosen zufolge recht gut ausfallen. Allerdings hat auch den Kartoffeln der Regen zugesetzt, oder vielmehr die Krautfäule, eine Pilzkrankheit, die sich aufgrund der Feuchtigkeit besonders gut ausbreiten konnte, wie der Vorsitzende des Bauernverbands sagt.

© SZ vom 20.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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