Stadtrat Ebersberg:Sperre für die Siedlung

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Viel hat sich nicht geändert in der Wildermuthstraße seit den 1950er Jahren. Und so soll es auch künftig bleiben. (Foto: Christian Endt)

Ebersberger Stadträte wollen strengere Regeln für Bauprojekte in der Wildermuthsiedlung und erlassen eine Veränderungssperre. Vielleicht sind sie damit aber bereits zu spät dran.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Die Architektur der Mitte des vorigen Jahrhunderts gilt, zumindest was den Siedlungsbau betrifft, im Allgemeinen als eher unscheinbar. Für Ebersbergs Stadträte aber noch lange kein Grund, sich vorschnell von Häusern aus den 1950er Jahren zu verabschieden. Mit großer Mehrheit beschloss der für Baufragen zuständige Technische Ausschuss nun eine Veränderungssperre für die Wildermuthsiedlung neben der Kreisklinik. Anlass war ein Bauantrag für eine massive Verdichtung auf einem der Grundstücke an der Wildermuthstraße.

Der Antragsteller hatte sich gewünscht, eine bestehende Doppelhaushälfte abreißen und neu bauen zu dürfen. Allerdings nicht in gleicher Größe, entstehen sollte nach den Vorstellungen des Bauwerbers ein Haus mit vier Wohneinheiten. Zu viel für die meisten Ausschussmitglieder, diese äußerten parteiübergreifend Kritik an dem Vorhaben und forderten Maßnahmen, wie ähnliche Projekte künftig von vornherein zu unterbinden sind.

Bis der Bebauungsplan steht, soll eine Sperre her

Zweiter Bürgermeister Toni Ried (FW) regte an, nicht nur dem beantragten Vorhaben das Einverständnis zu versagen, sondern auch einen Bebauungsplan für die gesamte Siedlung erarbeiten zu lassen. Bis dieser fertig ist, gälte für das Gebiet dann zunächst eine Veränderungssperre. Unterstützung kam von Philipp Goldner (Grüne). Zwar sei seine Fraktion mit den Freien Wählern in Bauangelegenheiten nicht oft einer Meinung, "aber hier bin ich auch dafür." Auch Elisabeth Platzer (SPD) forderte die Ablehnung des Neubaus, eine Veränderungssperre und die Erstellung eines Bebauungsplanes. "Wir sollten schon versuchen, die Wildermuthsiedlung zu erhalten", so Platzer.

Sie warnte auch vor einem Präzedenzfall. Würde man das aktuell beantragte Vorhaben genehmigen, "dann müssten wir es auch allen Nachbarn erlauben", mit der Folge, dass sich der Charakter der Siedlung stark verändern würde. Diese Befürchtung teilte auch Alois Lachner (CSU), "Nachverdichtung ist ja schon wichtig, aber das bedeutet nicht, dass man nicht mehr aufs Ortsbild schauen muss." Der nun beantragte Neubau "ist schon ganz was anderes, als der Rest der Häuser", so Lachner, und wäre, sollte er gebaut werden, "der Einstieg in die Veränderung des ganzen Viertels." Dem schloss sich auch sein Fraktionskollege Rupert Abinger an: "Wenn wir es so genehmigen, kann da jeder bauen, wie er will, wir müssten auf jedem Grundstück in der ganzen Siedlung vier Wohneinheiten genehmigen."

Das Landratsamt könnte sich über den Ausschuss hinwegsetzen

Die Gegenrede kam von Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU). Zwar seien die Einwände der ungezügelten Nachverdichtung "nicht von der Hand zu weisen". Man könne daher durchaus ins Bauleitverfahren gehen, das in diesem Fall übrigens aus der Stadtkasse zu bezahlen sei, auf den beantragten Neubau habe das aber möglicherweise aber keine Auswirkungen mehr. Denn es bestehe durchaus die Möglichkeit, dass das Landratsamt sich über die Entscheidung des Ausschusses hinwegsetzte und der Baugenehmigung trotzdem stattgebe - mit unklaren Rechtsfolgen für das Bebauungsplan-Verfahren.

Welches man sich ohnehin sparen könne, befand Hans Mühlfenzl (SPD) und forderte, der Veränderung eine Chance zu geben. "Das ist eine Siedlung aus den 1950er Jahren, mit den gleichen Bewohnern wie in den 1950er Jahren, jetzt findet eben ein Generationenwechsel statt." Die Stadträte müssten sich "fragen, was wir wollen", eine alte Siedlung konservieren, "oder ein Wohngebiet, wo man auch mal etwas verändern kann." Für Mühlfenzl bedeutet ein Bebauungsplan zudem auch mehr Aufwand für Verwaltung und Ausschuss: "Sobald der Plan da ist, kommen doch sofort wieder die Befreiungen."

Die Mehrheite des Ausschusses stimmt gegen den Neubau

Dies könne man durchaus verhindern, meinte Lachner, der Plan müsse "ja nicht so engmaschig sein, dass wir dauernd befreien müssen." Trotzdem sei es wichtig, "eine gemeinverträgliche Nachverdichtung" in dem Viertel zu ermöglichen. Gerd Otter verwies darauf, dass ein Bebauungsplan sogar von Nutzen für die Eigentümer sein könne, schließlich werde darin genau und rechtssicher definiert, was in dem Viertel möglich ist. "Es kann ja immer noch jeder nachverdichten, wenn es ortsbildverträglich ist."

Gegen die Stimmen des Bürgermeisters, Mühlfenzls und Martin Schechners (CSU) beschloss der Ausschuss, dem geplanten Neubau das Einvernehmen zu versagen. Außerdem soll ein Bebauungsplanverfahren eingeleitet und eine Veränderungssperre erlassen werden.

© SZ vom 14.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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