Ebersberg:Eine Chance, dabei zu sein

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Nach einem holprigen Start wird das Bildungs- und Teilhabepaket inzwischen gut angenommen, im vergangenen Jahr wurden 155 000 Euro ausgezahlt. Einige Familien zögern aber nach wie vor, Anträge zu stellen

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Manchmal sind es nur zehn oder 20 Euro, die ein Schulausflug für ein Kind kostet. Für Familien, die wenig Geld haben, reicht das aber, um finanziell ins Schlingern zu geraten. Sie haben seit 2011 die Möglichkeit, Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zu beantragen - eine Möglichkeit, die inzwischen von einem Großteil der Betroffenen im Landkreis genutzt wird: Im vergangenen Jahr wurden für Kinder aus 558 Familien Leistungen bewilligt, dieses Jahr wird es nach Einschätzung von Manfred Rainert, Leiter des zuständigen Sachgebiets im Landratsamt, ähnlich sein. Vor allem für Schulausflüge, Klassenfahrten und das warme Mittagessen in der Schulmensa brauchen die Familien Unterstützung. 155 000 Euro wurden 2014 insgesamt ausgezahlt.

Eingeführt wurde das Bildungs- und Teilhabepaket 2011, um Kindern aus sozial schwachen Familien Zugang zu den Dingen zu ermöglichen, die auch Gleichaltrige haben: Musikunterricht, Vereinsmitgliedschaften, Ausflüge, Ferienfreizeiten. Doch in der Startphase gab es viel Kritik: Entschieden zu bürokratisch sei es, die Betroffenen würden dadurch nicht erreicht oder abgeschreckt, hieß es. Inzwischen allerdings hat sich auch im Landkreis einiges getan, vor allem gibt es nicht mehr zwei Stellen, die sich mit der Antragsbearbeitung befassen, sondern nur noch eine: Jennifer Amin-Amer ist die Fachkraft im Landratsamt, über deren Schreibtisch nun laut Rainert 95 Prozent aller Anträge gehen. Nur wenn es anerkannte Flüchtlinge sind, die Leistungen beantragen, ist noch das Sozialamt zuständig. In der Vergangenheit hatte auch das Jobcenter noch einen großen Teil der Anträge bearbeitet. Auch das Antragsformular wurde vereinfacht, es sei nun übersichtlich und leicht auszufüllen, sagt Rainert. Man habe versucht, die Barrieren so niedrig wie möglich zu halten. Etwa 1550 Einzelanträge gibt es inzwischen jährlich, 2011 war es weniger als ein Drittel gewesen.

Dennoch gibt es immer noch etliche Familien, die gar keine Anträge auf Zuschüsse stellen, nach einer Schätzung Rainerts könnten im Landkreis etwa 100 weitere Familien Unterstützung aus dem Bildungs- und Teilhabepaket erhalten. Der Fachmann im Landratsamt glaubt, dass es dafür mehrere Gründe geben könnte: Einige Familien stellen möglicherweise schlicht deshalb keine Anträge, weil sie das Angebot noch nicht kennen. Bei anderen halten Sprachbarrieren davon ab, noch ein Formular auszufüllen. Viele wollen aber nach Überzeugung Rainerts auch nicht, dass Außenstehende mitbekommen, wie schwierig ihre finanzielle Situation ist: Denn das Geld wird nicht an die Betroffenen selbst ausgezahlt, stattdessen geht es beispielsweise an die Schule, die die Klassenfahrt organisiert, den Verein, bei dem ein Kind aus einer sozial schwachen Familie Mitglied ist, oder auch das Nachhilfeinstitut, bei dem es Unterstützung bekommt. Anders ist es nur beim Zuschuss für die Schulausstattung, den die Familien zweimal im Jahr beantragen können: 70 Euro gibt es hier am 1. August, 30 Euro am ersten Februar. 130 dieser Anträge kamen in diesem Jahr im Landratsamt an. Am meisten hat Jennifer Amin-Amer aber mit den Anträgen für die Übernahme des Essensgeldes in den Schulen zu tun: 445 waren es im vergangenen Jahr, in diesem Jahr wurden schon 286 solcher Anträge gestellt. Einen Euro pro Essen müssen die Eltern dabei allerdings selbst finanzieren, während bei Schulausflügen oder auch mehrtägigen Klassenfahrten die volle Summe gezahlt wird, wie Rainert erläutert. Für ihn ist das Bildungs- und Teilhabepaket insgesamt eine "sinnvolle Sache", doch es gibt auch Kritiker im Landratsamt: Finanzmanagerin Brigitte Keller, die auch in Sitzungen des Kreistags immer wieder vorrechnet, dass die Personalkosten im Vergleich zur ausgezahlten Summe unverhältnismäßig hoch seien. 110 000 Euro hätten diese 2014 betragen, sagte Keller im Juli. Rainert allerdings weist darauf hin, dass sich in Ebersberg nur eine Sachbearbeiterin um die Antragsbearbeitung kümmere, in anderen Landkreisen sei das Team wesentlich größer. In die Berechnungen Kellers flössen aber beispielsweise auch Sachkosten und EDV-Unterhalt ein. Überdies werde ein Großteil des Geldes ohnehin vom Bund erstattet.

© SZ vom 04.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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