E-Tankstellen in Ebersberg:Ein Netz mit vielen Lücken

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Der Ausbau der E-Tankstellen kommt im Landkreis nur schleppend voran. Überdies werden die knappen Ladeplätze oft als gewöhnlicher Parkraum missbraucht.

Von Jessica Morof, Ebersberg

Autofahren und dabei die Umwelt schonen: Diesen Traum teilen immer mehr Menschen im Landkreis Ebersberg und schaffen sich ein Elektroauto oder einen Hybridwagen an. Während 2010 laut Kfz-Zulassungsstelle gerade einmal 74 elektrisch betriebene Pkw im Landkreis zugelassen waren, stieg die Zahl bis Ende 2015 auf 322.

Allerdings entwickelt sich der Ausbau des Netzwerks mit E-Tankstellen nicht genau so schnell. Mit etwa sechs öffentlich zugänglichen Standorten hält der Landkreis noch relativ wenige E-Tankstellen bereit, sodass die Plätze häufig besetzt sind - oder als einfache Parkplätze zweckentfremdet werden. Kürzlich sogar vom Klimaschutzmanager Ebersbergs selbst.

Nach dem Auftanken vergessen umzuparken

"Unterstützer der Energiewende" habe auf dem Fahrzeug gestanden, das den Tankstellenplatz am Bahnhof in Ebersberg blockierte, berichtet Hybridwagenfahrer Hans Haußer aus Trostberg. Es handelte sich um den Hybrid der Energieagentur Ebersberg. Doch sei das Auto überhaupt nicht an die Säule angeschlossen gewesen. "So kann man die Energiewende nicht unterstützen, wenn man die E-Tankstellen als Parkplatz benützt", ärgert sich Haußer. Auf dem Nachhauseweg musste er deshalb auf Benzinverbrauch umstellen und auf CO₂-neutrales Fahren verzichten. Und das sei ärgerlich.

Hans Gröbmayr sieht das eigentlich genauso. "Aber es kann passieren, dass ich vergesse, wieder wegzufahren", gibt der Energiemanager zu, der am Bahnhof das Auto auftankt, während er im Landratsamt arbeitet. Auch ihm passiere es immer wieder, dass beide Tankplätze dort bereits besetzt sind. Das große Problem der elektrischen Autos: "Es bräuchte eine viel bessere Infrastruktur an Tankstellen", sagt der Energiemanager; und eine bessere Organisation. Denn ein umfassendes Verzeichnis der Ladestationen für Hybrid- und Elektroautos gibt es noch nicht. Mehrere Onlineportale bieten zwar Karten an, doch die Zahl der Standorte variiert zwischen keiner und zehn Ladestationen im ganzen Landkreis.

Fahrer benötigen verschiedene Karten und Verzeichnisse

Das liegt vor allem daran, dass die Informationen oft von Nutzern eingetragen, aber nicht auf dem aktuellen Stand gehalten werden. Die Webseite www.lemnet.org verzeichnet sechs öffentlich zugängliche Ladestationen an Bahnhöfen oder Einkaufsmärkten und vier von privaten Betreibern: Hotels oder sogar Familien, die ihren hauseigenen Anschluss zum Laden zur Verfügung stellen.

Die unterschiedlichen Anbieter bringen allerdings auch verschiedene Nutzungskonditionen mit sich. Man müsse vor jeder Fahrt mit dem Hybridwagen also gut vorbereitet sein, berichtet Haußer aus seinem Alltag: mit einem hoffentlich lückenlosen Verzeichnis aller Stromtankstellen im Landkreis und den entsprechenden Karten. "Wir haben inzwischen vier verschiedene Scheckkarten", fügt er hinzu und wundert sich über das dezentrale, komplizierte System.

Der häufigste Anbieter im Landkreis Ebersberg ist Eon, wie beispielsweise an den Bahnhöfen in Ebersberg, Poing, Vaterstetten und Grafing-Bahnhof. Dort benötigen die Nutzer eine Ladekarte des Stromanbieters, mit der sie kostenlos und rund um die Uhr den Akku auftanken können. Eigentümer sind in diesem Fall die Kommunen. Doch auch große Unternehmen, Geschäfte oder Ämter können Ladestationen installieren lassen. So bietet der Supermarkt Rewe Gruber in Grafing das kostenlose Aufladen des Wagens an - allerdings mit einer speziellen Karte für Kunden und nur während der offiziellen Öffnungszeiten.

Strom aus regenerativen Quellen ist sinnvoll

Bei allen Möglichkeiten, die es inzwischen für Hybridwagen- oder Elektroautofahrer gibt, bleibt allerdings meist die Dauer des Ladens als weiteres Problem bestehen. Ein Hybridwagen kann etwa 50 Kilometer rein mit Strom betrieben fahren; danach muss der Fahrer tanken oder auf Benzinverbrauch umstellen. Allerdings dauert es etwas mehr als zwei Stunden, bis der Akku wieder komplett geladen ist. Elektroautos leisten sowohl bei Reichweite als auch Ladedauer mehr.

Rentner Haußer nutzt gerne die E-Tankstellen in Ebersberg oder Grafing am Bahnhof, um das Auto aufzuladen, während er mit der Bahn nach München fährt und Besorgungen macht. Auch bei ihm ist das Auto manchmal länger angeschlossen als nötig. Doch vor allem Pendler, die ihr Auto nach dem Tanken nicht schnell abkoppeln können, blockieren die Tankplätze mehrere Stunden.

"Ideal wäre natürlich, den Strom zu Hause zu zapfen", erklärt Haußer, der eine Fotovoltaikanlage installiert hat. Schließlich fahre man nur mit regenerativen Energien wirklich CO₂-neutral. Aus welchen Quellen der Strom an den Bahnhöfen kommt, hängt von der Gemeinde ab. Doch nur am eigenen Haus zu laden, schränkt die Reichweite stark ein - auch für Klimaschutzmanager Gröbmayr. Er sieht vor allem die Kommunen und Unternehmen wie die Bahn beim Ausbau des Netzes gefordert. Und Ämter wie sein Arbeitgeber? Das Beispiel des Landratsamts Traunstein zeigt, dass auch sie aktiv werden können: Dort erhalten Nutzer eine Liste mit allen E-Tankstellen im Kreis; zudem betreibt das Amt selbst eine Ladestation mit Strom aus erneuerbaren Energien. Das hat der Klimaschutzmanager, wie er sagt, in Ebersberg dem Landrat bereits vorgeschlagen. Noch hat sich aber nichts getan.

© SZ vom 01.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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