Ebersberg:Ein Job reicht oft nicht

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Immer mehr arbeiten neben ihrem Haupterwerb

Die Zahl der Menschen, die neben dem Haupterwerb noch einen Minijob haben, ist im Landkreis Ebersberg auf 5700 gestiegen; das sind 80 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Dies teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit. Die NGG München beruft sich dabei auf aktuell veröffentlichte Zahlen der Arbeitsagentur.

Besonders verbreitet sind Zweitjobs demnach im Gastgewerbe: 720 geringfügig Beschäftigte arbeiten in der Branche im Kreis Ebersberg - zusätzlich zu einer sozialversicherungspflichtigen Stelle. Gegenüber 2007 hat sich ihre Zahl nahezu verdoppelt. Auch in Bäckereien sind Minijobs laut Gewerkschaft insbesondere im Verkauf stark verbreitet.

Mustafa Öz, Geschäftsführer der NGG München, spricht von einem "alarmierenden Trend": "Es kann nicht sein, dass immer mehr Menschen mit einem normalen Arbeitsverhältnis nicht über die Runden kommen." Auf den ersten Blick verzeichne der Arbeitsmarkt im Kreis Ebersberg steigende Beschäftigungsquoten. "Doch die hohe Zahl der Zweitjobber zeigt, dass nicht alles Gold ist, was auf dem Arbeitsmarkt glänzt", so Öz.

Mit Blick auf das Gastgewerbe kritisiert der Gewerkschafter, die Branche dürfe nicht zur bloßen Minijobber-Domäne werden. "In Hotels, Pensionen und Restaurants brauchen wir mehr gelernte Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte. Aushilfen können auf Dauer keine Fachkräfte ersetzen." Schon heute seien die Klagen über fehlende Köche und Oberkellner groß. Doch die gewinne man nur, indem man gute Löhne zahle.

Dringenden Handlungsbedarf sieht die NGG München auch bei der Politik. "Wenn laut Arbeitsagentur im Kreis Ebersberg mittlerweile nahezu jeder siebte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einen Nebenjob hat, dann ist hier etwas aus dem Ruder gelaufen", betont Öz. Der gesetzliche Mindestlohn sei zwar ein erster wichtiger Schritt gewesen, um extreme Niedriglöhne abzuschaffen. Doch mit derzeit 8,84 Euro pro Stunde liege die Untergrenze zu niedrig, um davon allein als Vollzeit-Beschäftigter etwa eine bezahlbare Wohnung in der Stadt zu finden.

Öz plädiert dafür, dass Unternehmen beispielsweise im Gastgewerbe oder im Nahrungsmittelhandwerk die dort ausgehandelten Tarifverträge einhalten - unabhängig davon, ob der Chef Mitglied des jeweiligen Arbeitgeberverbandes ist oder nicht. Dies lasse sich gesetzlich leicht regeln. "Zugleich muss sich die nächste Bundesregierung dringend um die Rente kümmern", sagt Öz, "ein Großteil der Menschen, die heute auf einen Zweitjob angewiesen sind, wird im Alter mit Armutsbezügen leben müssen. Hier brauchen wir eine Haltelinie nach unten."

© SZ vom 07.11.2017 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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