Ebersberg:Ein "Gefällt mir" für die Kirche

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Tradition und Fortschritt: Hans Dimke, hier bei der Pferdesegnung in Forstinning, kümmert sich auch um die Facebook-Seite des Pfarrverbands. (Foto: Christian Endt)

Nur wenige Pfarreien im Landkreis präsentieren sich bisher auf Facebook - und mit unterschiedlichen Strategien. Manche Beiträge erreichen auf diesem Weg mehrere 100 Menschen

Von Michael Haas, Ebersberg

Ein neuer Status, ein Kommentar, eine Zusage für eine Veranstaltung: Wer möglichst vielen Freunden und Bekannten etwas mitteilen möchte, ist in den sozialen Netzwerken des Internets gut aufgehoben. "Facebook" allen voran ist im Wesentlichen eine Verkündigungsplattform - Hunderte oder sogar Tausende Menschen sind nur einen Mausklick entfernt. Was läge also näher, als dass sich auch die hauptberuflichen Verkündiger - die Kirchengemeinden - dort präsentieren? Vieles offenbar.

Von 16 katholischen Pfarreien und Pfarrverbänden im Landkreis haben lediglich vier eine eigene Facebook-Seite, nur eine der evangelischen Gemeinden ist in dem sozialen Netzwerk präsent. Und das mit mäßigem Erfolg: Nur 33 Menschen "gefällt" die Seite der Christuskirche Poing, wie es in der Sprache Facebooks heißt. Wobei das im Vergleich zu Wolfgang Bischof ein guter Wert ist. Der gefällt zwar 432 Menschen, ist aber auch - der Name sagt es unfreiwillig schon - Weihbischof der großen katholischen Erzdiözese München-Freising. Und wird vom Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß locker übertrumpft: Fast 900 Menschen gefällt die Seite des Politikers. Kirche und Klicken, das funktioniert halt nicht, könnte man boshaft behaupten.

Aber immerhin, die Fans der Poinger Christuskirche sind treu: Werden Einträge oder Bilder veröffentlicht, sammeln sich rasch "Gefällt mir"-Angaben darunter. Sieben Menschen etwa gefiel die jüngste Einladung zum Gemeindefest. Die Seite der katholischen Nachbarn ist ähnlich beliebt. Die Pfarrei St. Michael ist zwar erst seit einigen Wochen bei Facebook unterwegs, schöpft aber schon jetzt aus der Fülle der Möglichkeiten, die das soziale Netzwerk bietet: Bildergalerien zeigen die Pfadfinder beim Straßenfestival, die Pfarrei lädt mit eigens erstellten Veranstaltungen zur Begegnung mit ukrainischen Ordensleuten oder einem Gottesdienst für Paare, dazwischen informiert ein Text über den Start der Ministrantenausbildung.

"Das war eine Privatinitiative", erzählt Pfarrer Michael Holzner. Eine Frau war vor einigen Monaten an ihn herangetreten und hatte angeregt, eine Facebook-Seite für die Pfarrei zu erstellen. Der Pfarrer selbst sieht das Portal zwar skeptisch, erkannte aber einen Nutzen. "Es ist vollkommen klar, dass das ein Medium ist, das für viele wichtig ist", sagt Holzner.

Jetzt pflegt die Katholikin ehrenamtlich die Seite, der Pfarrer hält sich weitgehend raus. "Mir ist wichtig, dass auf Veranstaltungen der Pfarrei hingewiesen wird", erzählt er. Vor allem an dieser Weitergabe von Terminen finden die Poinger langsam Gefallen. Die ersten Rückmeldungen sind positiv: Die Gläubigen seien froh, dass es die Seite gebe, erzählt der Pfarrer. Ob dem großen Engagement der Ehrenamtlichen auch große Reichweite folgt, wird sich indes erst noch zeigen müssen - erste Prognose: Nein.

So ist es zumindest in Anzing und Forstinning. Die Seite des örtlichen Pfarrverbands steht bei 98 Likes - und das obwohl Diakon Hans Dimke die Seite seit mehr als drei Jahren nahezu täglich pflegt. Doch gemessen an der Gläubigenzahl steht er - verglichen mit den 129 "Gefällt mir"-Angaben in der Kreisstadt und den 63 der Zornedinger Pfarrei - immer noch gut da. Zudem gäben die Zahlen nur wenig Auskunft über die tatsächliche Leserzahl, erzählt Dimke. "Ich merke bei manchen Beiträgen, dass ich eine Reichweite von 600 bis 800 Menschen habe." Denn wenn Gläubige einen Beitrag teilen, sehen ihn auch alle, die bei Facebook mit ihnen verbunden sind.

Zugute kommt Dimke dabei vermutlich seine Themenvielfalt. Ähnlich wie die Ebersberger Pfarrei veröffentlicht er nicht ausschließlich Veranstaltungen und Bilder der Pfarrei, sondern teilt auch Zeitungsartikel und Ereignisse von Vereinen und der weltlichen Gemeinde. "Ich verbreite, was mir aus der katholischen Welt und der Gemeinde interessant erscheint", erzählt Dimke.

Etliche seiner Leser kennt er persönlich, doch inzwischen sind auch andere Menschen darunter. Katholiken, die früher in der Gemeinde lebten und den Kontakt zur alten Heimat nicht ganz verlieren wollen, beispielsweise. Eine Social-Media-Strategie, wie sie viele Unternehmen haben, hat Dimke nicht erarbeitet. Sie hat sich über die Jahre ergeben. Und auch als routinierter Facebooker bleibt er Veränderungen gegenüber aufgeschlossen: "Wenn ich eine Pfarreiseite sehe, schau ich auch mal: Wie machen die das?", sagt der Diakon.

Kirche und Klicken, das funktioniert nicht? Doch, die Facebook-Seite habe schon einen Nutzen, sagt Hans Dimke: "Ich habe ein paar Menschen mehr, die etwas lesen und mitbekommen." In Zeiten leerer werdender Kirchen ist das ja auch ein Wert.

© SZ vom 26.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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