Ebersberg:Dizzy Cheesy an der Trompete

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Rundum spannend: das "Panama-Jazz-Ensemble" mit seinem wunderbaren "Käsekrimi" im Ebersberger Alten Kino. (Foto: Hinz-Rosin)

Das "Panama-Jazz-Ensemble" aus München beweist mit seinem "Käsekrimi" im Alten Kino, dass sich sogar Kinder für diese spannende Subkultur begeistern können

Von Anja Blum, Ebersberg

Seien wir mal ehrlich: Jazz ist nicht jedermanns Sache. Zu verkopft, zu wenig eingängig, zu schräg, lauten die gängigen Vorurteile, die viele Erwachsene abwinken lassen. Was also soll man da von einem Jazzkonzert für Kinder halten? Eine ganze Menge, wie der Sonntag gezeigt hat! Da war beim Ebersberger Jazzfestival nämlich der Nachwuchs dran. Das Panama-Jazz-Ensemble aus München spielte im Alten Kino seinen "Käsekrimi", eine wundervolle Komposition aus Text, Musik und ganz viel Atmosphäre, die das kleine wie große Publikum begeisterte. Und das, obwohl hier keineswegs nur gefällige Sounds erklangen, sondern Arrangements mit Anspruch, Cool Jazz, Swing und Bebop, garniert mit zahlreichen Blue Notes und Soli.

Kopf des Projektes ist Trompeter Franz-David Baumann. Er hat die Musik zur Geschichte von "Inspektor Maus" komponiert und ihr so eine ganz besondere Dimension verliehen, denn dieser Käsekrimi und der Jazz, das passt wie die Faust aufs Auge, inhaltlich wie atmosphärisch: Zum einen sind die Bandmäuse der "Rockfours" - Paul Appenzeller (Christian Lachotta) am Bass, Buddy Parmesan (Johannes Friebel) am Schlagzeug, Duke Emmental (Volker Giesek) am Klavier, Charlie Camembert (Wolfgang Roth) am Saxofon und Dizzy Cheesy (Baumann) an der Trompete - die dreisten Käsediebe, die der Inspektor am Ende souverän überführt. Zum anderen spielt die Geschichte in eher zwielichtigem Milieu, im Nachtclub und am Hafen - also genau dort, wo der Jazz einmal seinen Anfang nahm. Und so erleben ihn auch die Kinder im Alten Kino: nicht als elitäres Konzert, sondern als eine spannende Subkultur, die eine noch spannendere Geschichte, exzellent vorgetragen von Henk Flemming, lebendig werden lässt.

Auf musiktheoretische Exkurse verzichtet das Ensemble dabei gänzlich, lediglich die Mitglieder werden einzeln vorgestellt. Auch die Interaktion ist minimal: Nur beim Titel-Song, der mehrmals erklingt, dürfen die Kinder mit singen und schnippen - auf die Zwei und die Vier, versteht sich. Ansonsten verlassen sich Baumann und Co. auf die Macht der Musik: Ihr Jazz ist gezielt dramaturgisch, er illustriert und interpretiert die Story. Worte und Töne verschmelzen zu einer Einheit, der Erzähler wird zum sechsten Mann der Band. "Aus!", Tusch, "Schluss!", Rums, "vorbei!", Quietsch, "Ich bin ruiniert!", klagt der bestohlene Ladenbesitzer. Sogar lautmalerische Effekte hat das Ensemble auf Lager, eine alte Holztür zum Beispiel öffnet sich zum Quietschen des Kontrabasses. Nur eine Botschaft vermittelt diese musikalische Geschichte, aber ganz subtil: Musiker müssen üben, "sonst werden sie es nie zu etwas bringen" - und weiter Käse klauen.

© SZ vom 20.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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