Ebersberg:Der weite Himmel

Lesezeit: 2 min

Viel Kraft und Schweißperlen: Christine Lindenmüller erklärt bei der Vernissage in der SZ-Redaktion die Technik des mehrfarbigen Holzdrucks. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bei der Eröffnung der Ausstellung von Farbholzdrucken eines Grafinger P-Seminars drängen sich zeitweise etwa 60 Besucher im engen Flur der Ebersberger SZ-Redaktion

Von Rita Baedeker, Ebersberg

Der himmelblaue VW-Bus mit weißem Dach steht am Ufer eines Sees, über den rot gefärbten Himmel ziehen Schönwetterwolken, auf dem Dach sitzt eine junge Frau: Die Szene erinnert an das Vagabunden-Dasein der Jugend, an lange Ferien, freie Natur. In jenen Jahren, als der bullige Oldie, mehr Lebensgefühl als Auto, über die Landstraßen zuckelte, war Franziska Senger noch gar nicht geboren. Trotzdem versinnbildlicht das Auto auch für sie ein Stück Abenteuer. "Es ist mein Traumauto", sagt sie bei der Eröffnung der Ausstellung "Auf weiter Flur", welche die Teilnehmer des P-Seminars Drucktechnik am Gymnasium Grafing bis Ende Januar im ziemlich engen Flur der SZ-Redaktion in Ebersberg zeigen. "Es bedeutet für mich Freiheit."

Gut sechzig Gäste sind der Einladung auf der edlen, im Siebdruckverfahren hergestellten Karte zur Eröffnung gefolgt, Freunde und Freundinnen, Mitschüler, Eltern und Lehrer, darunter, neu im Amt, stellvertretender Schulleiter Markus Zimmermann und Oberstufen-Koordinatorin Ina Hesse. Beide zeigen sich beeindruckt von der Leistung des Projekt-Seminars, an dem elf junge Frauen und ein junger Mann teilgenommen haben: Es ist Raphael Maas, der mit seinem Zwillingsbruder gekommen ist und auch nicht so recht versteht, warum sich keine anderen Jungs zu dem Seminar angemeldet haben.

In ihrer Einführungsrede zur Ausstellung erklärt Kunstlehrerin Christine Lindenmüller die Technik des mehrfarbigen Holzdrucks und lobt die Teamfähigkeit und Eigenständigkeit ihrer Schützlinge. Kraft und etliche Schweißperlen hätten diese in den vergangenen Monaten bei der "Reibung am Material" investiert. Das raue Verfahren zwinge zur Vereinfachung. Landschaften, so Lindenmüller, eigneten sich für diese Arbeitsweise besonders gut. Für die jugendlichen Künstler habe das bedeutet, sich genau zu überlegen, welche Elemente es sind, die den Charakter einer Landschaft prägen. Die Schülerinnen bedanken sich bei ihrer Lehrerin mit einem farbigen Blumenstrauß. Bei Apfelschorle und Käsestangen entsteht manch lebhaftes Gespräch.

Farben und Motive der Bilder spiegeln Gefühle und Erinnerungen, an Ferien, an die Kindheit. Zum Beispiel bei Brigitta Bálasz. Ihr Bild zeigt den Plattensee in Ungarn. Im Vordergrund eine Balustrade, im Hintergrund Kräne und eine Insel, alles in Orangerot getaucht. Für Brigitta ist das Bild eine Kindheitserinnerung. "Balatonfüred ist meine Heimatstadt", erzählt sie. "Hier auf dieser Seepromenade bin ich oft spazieren gegangen." Von einer intensiven Erinnerung an Ferien in Dänemark erzählt Sophie Heuers Druck "Am Ende Licht." Das Meer ist rot, die Dünen mit Leuchtturm stehen schwarz vor einem weißen Himmel mit blauen bewegten Zacken. Die durch Holzreste und Fasern der Druckplatte entstandene Struktur gibt dem Bild seinen expressiven Charakter.

Viel Mühe hat sich Lena Tikovsky mit ihrem Bild "home-city rooftops" gemacht. Es zeigt ein Stück Grafing von oben. Beim Feuerwehrjubiläum ist sie mit einem Kran nach oben gefahren und hat ein Foto geschossen - die Vorlage für ihren Holzdruck. "Das war viel Arbeit. Da es in meinem Bild nur wenige schwarze Anteile gibt, musste ich ganz viel Holz wegritzen", erklärt sie. Radierungen mit zum Teil surrealen Hand-Motiven und mit witzigen Bildern, etwa dem eines Kraken, bedruckte Stoffbeutel ergänzen die Ausstellung, bei der zur Freude der Jugendlichen auch ein paar Bilder verkauft werden.

Die Ausstellung "Auf weiter Flur" mit Farbholzschnitten, Radierungen und Siebdrucken des Projektseminars Q 12 am Gymnasium Grafing ist bis Ende Januar in der Redaktion der Ebersberger SZ , Ulrichstraße 1, zu sehen, Montag bis Freitag 10 bis 18 Uhr, Sonntag 11 bis 17 Uhr, an Samstagen und vor Feiertagen geschlossen, Einen Teil aus dem Erlös verkaufter Bilder spenden die Schüler dem SZ-Adventskalender.

© SZ vom 12.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: