Ebersberg:Der Wachstumsmeister

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Im Landkreis wird viel gebaut, etwa in Vaterstetten, wo gerade ein Wohngebiet 1500 Neubürger entsteht. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In keinem bayerischen Landkreis steigen die Bevölkerungszahlen so stark wie in Ebersberg

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Bayerischer Meister ist ein Titel, über den sich so mancher Sportverein freut. Auch der Landkreis Ebersberg ist bayerischer Meister - was allerdings nicht ausschließlich Grund zur Freude ist. Denn Ebersberg, so stellte es das Landesamt für Statistik 2016 fest, ist bayerischer Wachstumsmeister. Kein anderer Landkreis im Freistaat verzeichnet mehr Neubürger - zumindest prozentual. Und diese Entwicklung soll sich laut den Statistikern auch in den kommenden Jahren fortsetzen.

Zwischen heute und Mitte der 2030er Jahre prognostizieren die Experten einen Bevölkerungszuwachs von 17,4 Prozent. Damit liegt Ebersberg knapp vor dem Landkreis Dachau, wo ein Wachstum von 17,3 Prozent erwartet wird, und deutlich vor dem Landkreis München, der mit 16,8 Prozent nur auf Platz drei beim Wachstum kommt. In Zahlen bedeutet dies, dass es in knapp zwei Jahrzehnten etwa 158 000 Landkreisbürger geben könnte, das sind 18 000 mehr als in diesem Jahr.

Ein derart rasantes Bevölkerungswachstum hat es in Ebersberg bislang erst einmal gegeben: In der unmittelbaren Nachkriegszeit, als sich viele Flüchtlinge im Landkreis ansiedelten. 1950 verzeichneten die Statistiker knapp 52 000 Einwohner, gut 12 000 mehr als vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. In den kommenden zehn Jahren wuchs die Bevölkerung zwischen Anzing und Aßling dann aber nur langsam, bei der nächsten Erhebung im Jahr 1961 wurden 55 500 Einwohner gezählt.

Ähnlich gemächlich war der Zuwachs auch im 19. Jahrhundert abgelaufen. Während anderswo in kurzer Zeit neue Zentren mit Zehntausenden neuen Bewohnern entstanden, blieb man in Ebersberg weitgehend unter sich. 17 863 Einwohner verzeichneten die Statistiker des Bayerischen Königs im Jahr 1840, zum Zeitpunkt der Reichsgründung ein halbes Jahrhundert später waren es gerade einmal 3000 mehr. Ein bisschen schneller, aber dennoch sehr übersichtlich, vermehrten sich die Ebersberger in den kommenden sieben Jahrzehnten; die Zahl der Einwohner wuchs um weitere 10 000.

Seit den 1960er Jahren ist die Zeit des gemächlichen Wachstums im Landkreis Ebersberg aber endgültig vorbei. Zwischen 1961 und 1970 stieg die Einwohnerzahl um fast 19 000, in ähnlichem Tempo ging es dann in den kommenden Jahrzehnten weiter. 1987 waren bereits 96 000 Landkreisbürger zu verzeichnen, in den folgenden zweieinhalb Jahrzehnten kamen weitere 30 000 hinzu. Allerdings, auch das zeigen die Statistiken, wächst der Landkreis nicht gleichmäßig. Spitzenreiter sind die nördlichen und westlichen Kommunen. So nahm die Landkreisbevölkerung zwischen 1840 und 2015 um insgesamt 655 Prozent zu. Zum Vergleich: In Vaterstetten waren es im gleichen Zeitraum immerhin 2410 Prozent, in Markt Schwaben 1616 Prozent, was aber beides von den 4606 Prozent in Poing locker übertroffen wird - allerdings hatte die Gemeinde Mitte des 19. Jahrhunderts auch nur knapp 300 Einwohner. In der Kreisstadt - die damals noch keine Stadt war - wohnten da schon 2146 und im benachbarten Grafing 1603 Bürger. In den kommenden Jahrhunderten haben die Grafinger den Nachbar überholt, knapp 13 400 Einwohner waren es bei der jüngsten Zählung, fast 2000 mehr als in Ebersberg.

Auch die Wachstumsraten der jüngeren Zeit fallen für den Nordwesten überdurchschnittlich aus. So stieg die Zahl der Landkreisbürger zwischen 2004 und 2014 um insgesamt 9,7 Prozent, während der Zuwachs in der Gemeinde Markt Schwaben bei 17,5 Prozent und in Poing sogar bei 24 Prozent gelegen hatte. Eine Entwicklung die sich auf die Preise für Bauland niederschlägt. Der Landkreisdurchschnitt liegt hier bei 420 Euro, gut doppelt so viel sind es in Poing, Vaterstetten und Markt Schwaben, knapp die Hälfte dagegen in Aßling, Frauenneuharting und Emmering.

Ebenfalls deutlich zugenommen hat in den vergangenen Jahren die Verdichtung. Auch hier ist Poing Spitzenreiter. Nahezu 35 Prozent des Gemeindegebietes sind mit Häusern oder Straßen bebaut. Ein wenig lockerer geht es in den Nachbargemeinden zu. Markt Schwaben nutzt 29 Prozent seiner Fläche für Siedlung und Verkehr, in Vaterstetten sind es - auch dank der noch großen landwirtschaftlichen Flächen im Norden der Gemeinde - 26 Prozent. Am wenigsten Straßen und Gebäude gibt es im Landkreissüden, etwa in Bruck und Frauenneuharting, wo dafür nur knapp sechs Prozent der Gemeindeflächen genutzt werden. Durchschnittlich sind es im Landkreis - ohne den Ebersberger Forst - 12,3 Prozent und damit nahezu doppelt so viel wie Anfang der 1980er Jahre.

Gearbeitet wird allerdings sehr oft nicht am Wohnort - was interessanterweise auch für jene gilt, die einen Job im Landkreis haben. So ist im vergangenen Jahrzehnt die Zahl der Ein- als auch der Auspendler gestiegen. 2004 arbeiteten noch 35 936 Ebersberger außerhalb des Landkreises 2014 bereits 45 900. Ziel ist meist die Stadt oder der Landkreis München, wo viele der Pendler vor ihrem Umzug nach Ebersberg gelebt haben. Im gleichen Zeitraum nimmt die Zahl der Einpendler von 22 848 auf 27 740 zu, die meisten wohnen in den etwas günstigeren Landkreisen im Osten und Süden.

© SZ vom 21.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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