Ebersberg:Der Star im Vorgarten

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Das Rotkehlchen ist Vogel des Jahres. Auch im Landkreis ist es zu entdecken

Von Esther Lärmer, Ebersberg

- Normalerweise bestimmen Naturschutzverbände den Vogel des Jahres, um so zum Beispiel besonders auf die Bedrohung einer Art aufmerksam zu machen. Anlässlich des 50. Jubiläums der Aktion durften aber nun ausnahmsweise die vogelbegeisterten Wähler den Sieger küren, und so wurde das Rotkehlchen zum Vogel des Jahres 2021 in Deutschland. Auch im Landkreis ist der Vogel-Star zu finden, wenn auch nicht so häufig wie andere Arten: Bei der jüngsten "Stunde der Wintervögel" wurden 352 Rotkehlchen in Landkreis-Gärten gezählt, damit kommt es auf Platz zehn der häufigsten Vogelarten.

"Die Menschen kennen nur noch wenige Vogelarten", beklagt Richard Straub, der zweite Vorsitzende des Landesbundes für Vogelschutz im Kreis Ebersberg. "Eine Umfrage hat ergeben, dass beispielsweise Gymnasiasten im Schnitt nur noch fünf bis zehn Vogelarten kennen", berichtet er und vermutet darin einen der Gründe für die Wahl. Außerdem sei das Rotkehlchen durch seine auffällige orange Brustfärbung leicht zu erkennen. Tatsächlich könnte die Optik des kleinen Piepmatzes eine entscheidende Rolle gespielt haben, denn er hat mit seinen Kulleraugen, dem runden Bäuchlein und seiner sonst kleinen, zierlichen Gestalt unweigerlich einen sympathischen Zug an sich. Manchmal habe man das Gefühl, direkt von ihm angesehen zu werden, erzählt Richard Straub.

Rotkehlchen könnten auch sehr zutraulich werden, führt er aus, so kehren sie gerne immer wieder in einen Garten zurück, wenn dieser ihren Vorstellungen von Gemütlichkeit entspricht. Also keine Hunde und Katzen, welche sie stören, und so verwildert und naturbelassen, wie möglich. Auch Gartenbesitzer, die großzügig mit Futter sind, mögen die kleinen Vögel. Wenn der Garten umgegraben wird, tauchen sie ebenfalls oft auf - in der Hoffnung, in der feuchten Erde etwas Essbares zu ergattern. Sie finden ihr Futter auf der Rückseite von Laubblättern. Auf dem Speiseplan der Rotkehlchen stehen Insekten, Larven und Samen von Wildkräutern. Doch die modernen, ordentlichen Gärten machen es ihnen häufig schwer. Ebenso können sie sich hier nicht zurückziehen, da sie ihnen keine Plätze zum Verstecken lassen.

Die Färbung ihrer Kehle dient dazu, dass die Tiere selbst Unterarten auseinanderhalten können, denn das Rotkehlchen ist auf der ganzen Welt verbreitet. Selbst im Landkreis Ebersberg ist dieser kleine Vogel überall zu sehen, und so könne man nicht von so etwas wie "Rotkehlchen-Hotspots" sprechen, erläutert Straub.

Doch nicht nur das Rotkehlchen hat es schwer, sich in der modernisierten Welt einen Platz zu erkämpfen, sondern auch andere Arten bangen um ihren natürlichen Lebensraum. Wie die Rauchschwalbe, die auf Platz zwei der beliebtesten Vögel gewählt wurde. Sie baut in alten Kuhställen ihre Nester, dafür benötigt sie lehmhaltige Erde, welche sie dann mit Speichel aneinander klebt. Zum einen finden die Vögel in den alten Ställen genügend Material für ihr Heim. Zum anderen bieten ihnen die Fliegen in den alten Kuhställen genügend Futter. Doch durch die Veränderung der Bauernhöfe geht ihre Lebensgrundlage verloren.

Auch andere Vögel haben zu kämpfen. So wie der Goldregenpfeifer - Platz sieben auf der Liste -, der seinen Namen davon hat, dass sein Gefieder je nach Sonnenlicht wunderschön glitzert. Er brütet bevorzugt auf Kiesbänken. Da die Eier als Tarnung so ähnlich wie Kieselsteine aussehen, zertreten Menschen sie oft, ohne dies überhaupt zu bemerken, sagt Straub. Selbst Schilder, die darauf hinweisen, dass diese Art dort brütet, ändern daran nichts.

Das Schlimmste seien Menschen, die keine Rücksicht auf die Natur nähmen, so Richard Straub. "Auch freilaufende Hunde sind ein großes Problem", ergänzt er. Um die Unterstützungsmaßnahmen für einige Vögel optimieren zu können, fordert der Verband Bürger in Kürze wieder dazu auf, Vögel zu zählen und die Ergebnisse weiterzuleiten. Das diene nicht dazu, konkrete Zahlen zu erfassen, sondern Trends im Bezug auf das Vorkommen feststellen zu können und im Ernstfall eingreifen zu können.

Richard Straub selbst engagiert sich sehr für Vögel. Für viele Störche hat er beispielsweise Horste gebaut. Doch eine Art fasziniert ihn besonders, die er jedoch nur beobachtet: der Bartgeier, welcher vom Menschen bewusst ausgerottet wurde, so Straub. Wilderer und Jäger haben diese Art bedroht, weil viele Schauermärchen über sie im Umlauf waren. Der Vogel ernährt sich von Knochen. Also von Aas und den Resten, die andere Tiere zurücklassen. Später wurde begonnen , die Tiere im Zoo wieder aufzuziehen und sie in der freien Wildbahn auszusetzen. Vor 35 Jahren war das. Straub erinnert sich noch gut daran, weil sein Sohn in diesem Jahr geboren wurde und er mit dem Kind in der Kraxe in den Bergen unterwegs war. Heute gibt es in den Alpen langsam wieder eine wilde, freie Bartgeierpopulation.

© SZ vom 13.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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