Ebersberg:Das Wunder des Blühens

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Zarte Blüten, felsige Giganten: Landschaft und Natur gehören zu den bevorzugten Sujets der Grafinger Malerin Waltraud Fichter. (Foto: Christian Endt)

Die Grafinger Malerin Waltraud Fichter stellt in der Rathausgalerie Ebersberg aus

Von Rita Baedeker, Ebersberg

Eric Ipsen, Geschäftsführer der Stadtverwaltung Ebersberg, zeigt sich hingerissen. "Es wäre schön, wenn die Bilder eine Dauerleihgabe wären", sagt er zu der Grafinger Malerin Waltraud Fichter, die vom heutigen Freitag an auf zwei Stockwerken der Galerie im Rathaus ihre Arbeiten zeigt. Angeregt von den lichten Farben, gehe man gleich beschwingter zur Arbeit, fügt Ipsen hinzu. An der Wand neben seinem Büro leuchtet dem Besucher ein großflächiges Gelb entgegen, ein bewegtes fröhliches Farbenspiel. "Faszination Farben" lautet auch der Titel der Ausstellung.

Waltraud Fichters Bilder sind im guten Sinne gefällig. Sie habe, wie sie erklärt, als Künstlerin kein Interesse an hässlichen, deprimierenden Dingen, sondern suche die Schönheit. "Wenn ich Blüten male, dann geht es mir nicht um eine bestimmte Blume, sondern um das Blühen selbst", sagt sie. "Welche Blüten das sind, ist mir egal. Mein Ziel ist, Dinge frei darzustellen." Nicht die Pflanze xy steht im Vordergrund, sondern das Wunder sich nach allen Seiten öffnender Kelche, die wie von innen leuchten, sich wie vom Wind gebürstet in eine Richtung neigen. Im Vorbeigehen meint man die Brise zu spüren, die die duftigen Blütenblätter streichelt.

Eine weitere Gruppe von Bildern ist Ebersberg gewidmet. "Überall wo ich ausstelle, schaffe ich einen Bezug zum Ort", sagt sie. In diesem Fall sind es der Marienplatz und das Einkaufszentrum. Eine der Szenen schmückt auch die Einladungskarte zur Vernissage. Man schaut auf das Rathaus, davor sind rote Sonnenschirme und ein Gewimmel von Köpfen erkennbar - die Eisdiele. Auch auf der Straße herrscht Betrieb. Mehrere Passantinnen, sommerlich gekleidet in Rot und Grün, sind unterwegs, gezeichnet mit schnellen gekonnten Strichen; trotz der Großzügigkeit des Farbauftrags und der nur angedeuteten Szene sind viele Details erkennbar - die gestreiften Fensterläden am Rathaus, die locker über die Schulter gehängten Handtaschen der Frauen, die typischen Bauformen der Häuser. Das eher triste Einkaufszentrum gewinnt Schwung und Lebendigkeit durch mehrere Passanten auf Shoppingtour und zwei jugendliche Flaneure. Zu den Bildern mit lokalem Bezug gehört auch "Schloss Elkofen." Das burgähnliche Anwesen auf gelbem Malgrund hat hier die Aura eines Geisterschlosses.

Waltraud Fichter ist in Grafing geboren, wo sie auch eine eigene Galerie unterhält. Seit 1984 hat sie Zeichen- und Malkurse besucht, unter anderem in der Kunstakademie Bad Reichenhall. Sie hat etliche Gruppen- und Einzelausstellungen bestückt. Unter anderem präsentiert sie ihre Arbeiten dauerhaft in der Schwabinger Galerie Roucka. "Natur, Bewegung und Freiheit" bezeichnet sie als zentrale Begriffe, die sich in ihren floralen und abstrakten Bildern widerspiegeln.

Diese drei Begriffe finden sich auch in den Titeln, die Fichter ihren Bildern gibt, immer wieder. "Grenzenlose Freiheit" heißt beispielsweise eine abstrakte Farbkomposition. Zum Grundmotiv Freiheit passen Fichters Segelimpressionen. "Segeltörn 1 bis 6" hat sie die Serie kleiner, hochformatiger Bilder genannt. Weiße Segel, die vom Wind gebläht in grenzenlose Weiten vorstoßen - ein sinnfälliges Symbol. Manchmal ist es aber auch die Farbe selbst, die zum zentralen Bildinhalt wird. Zum Beispiel bei den Arbeiten mit dem Titel "Die Farbe Rot". Der pastose Acryl-Farbauftrag ist beinahe monochrom, aber nicht geschlossen. Mehrere farbige Aufbrüche oder Einschlüsse geben der Fläche Struktur, Tiefe und Kontrast.

So wie Fichter das "Blühen" thematisiert, porträtiert sie die Berge als felsige Majestäten, als "Giganten der Natur". Ein schönes Beispiel dafür hängt im Treppenaufgang des Rathauses: Dynamisch gegeneinander gesetzt, ragen auf der rechten Bildseite einsame Bergspitzen aus einem farbigen Nebel. Links im Bild bilden schwarze nervöse Striche, den Graphen eines Erdbebens vergleichbar, einen scharfen Kontrast zur kosmischen Ferne und Kälte der Gipfel.

Vernissage der Ausstellung "Faszination Farben" von Waltraud Fichter im Rathaus Ebersberg ist an diesem Freitag, 11. September, um 19 Uhr. Bis 20. November, geöffnet Montag bis Donnerstag von 8 bis 17 Uhr, Freitag von 8 bis 12 Uhr oder nach Vereinbarung unter a.berberich@ebersberg.de oder we.fichter@online.de

© SZ vom 11.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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