Schweinepest:"Das wäre abscheuliche Massenhinrichtung"

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Im Ebersberger Forst halten sich in einem Jahr mit Schwankungen um die 1450 Wildschweine auf. 800 Davon werden von Jägern erlegt, was einer Quote von 55 Prozent entspricht. Der Bauernverband fordert 70 Prozent. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

70 Prozent Abschussquote wegen der Schweinepest: Förster und Jäger im Landkreis Ebersberg wehren sich gegen den bundesweiten Großangriff auf Wildsäue.

Von Christoph Jänsch, Ebersberg

Wegen der sich ausbreitenden Schweinepest fordert der Deutsche Bauernverband den Abschuss von 70 Prozent aller in Deutschland lebenden Wildschweine. Unter Jägern und Förstern im Landkreis Ebersberg stößt dieser drastische Vorstoß nun vor allem auf Unverständnis und Empörung. "Das ist alles nur Gequatsche", ärgert sich Heinz Utschig, Forstbetriebsleiter in Wasserburg und für den Ebersberger Forst zuständig. Ähnlich sieht das der Vorsitzende des Ebersberger Kreisjagdverbandes, Konrad Metzger: "Wir jagen bereits so viel wir können", sagt er.

Nach Einschätzung des Forstamtsleiters halten sich im Ebersberger Forst innerhalb eines Jahres etwa 1450 Wildschweine auf, der Großteil davon, 1250, im umzäunten Wildpark. 800 davon (650 im Wildpark) werden jedes Jahr von Jägern erlegt. Umgerechnet sind das 55 Prozent, also 15 Prozent weniger als jetzt vom Bauernverband gefordert.

Nach Ansicht von Kreisjäger Metzger ist eine Ausweitung der Jagd mit den zulässigen Mitteln nicht umsetzbar. So sieht es auch der Ebersberger Revierjäger Max Schauberger: "Wenn uns die Politik nicht endlich unterstützt, gibt das ein Fiasko", sagt er. Schauberger fordert etwa die Legalisierung von Nachtzielgeräten. In Jägerkreisen wird auch über Lebendfallen diskutiert und darüber, die Jagd auf Bachen und ihre Jungtiere zu erleichtern. Hier ist der Forstchef skeptisch. "Solche Methoden haben mit einer herkömmlichen Jagd nur noch wenig gemein", so Utschig. "Das wäre abscheuliche Massenhinrichtung."

Dennoch: Generell ist die sogenannte "Bestandsminderung" ein probates Mittel, um das Risiko einzudämmen. "Das würde mit Sicherheit helfen", sagt der Anzinger Jäger Lorenz Adlberger. Als Anreiz für Schwarzwildjäger hat das Land Bayern im Dezember eine Abschussprämie von 20 Euro pro Schwein plus Aufwandsentschädigung für eingereichte Blutproben bewilligt. Viele Jäger sehen darin aber eine Prämie, die dem Aufwand kaum gerecht wird.

Der Ebersberger Jagdchef kritisiert die Landwirte und ihren Maisanbau

Dass die Schweinepest Oberbayern erreichen wird, gilt hingegen als unumstritten. Weniger einig ist man sich bei den Vorkehrungen, um sich vor dem Ausbruch der Seuche zu schützen. Jagdchef Metzger etwa nimmt die Landwirte in der Region in die Pflicht, die Wildschweinen auf ihren Maisfeldern Deckung und Nahrung bieten. Es erschwere etwa die Jagd, wenn ein Bauer kaum Abstand zum Waldrand oder keine Schussschneisen stehen lasse.

Für den Menschen ist die Afrikanische Schweinepest ungefährlich - selbst bei Verzehr des verseuchten Fleisches. Das Ebersberger Veterinäramt misst dem Menschen bei der Verschleppung dennoch eine große Bedeutung bei. "Während eine Verbreitung durch die Wanderung von Wildschweinen langsam erfolgt, kann der Erreger über Essensreste, Schuhwerk, Kleidung oder Fahrzeuge auch weite Strecken zurücklegen und jederzeit zu uns eingeschleppt werden", sagt Amtsleiterin Birgitt Huber. Gefährdet sind dann nicht nur Wild-, sondern auch Zuchtschweine.

Das Veterinäramt sieht hier vor allem eine Bedrohung für die Wildschweine im Landkreis, weil Tiere in Ställen vor direktem Kontakt mit Wildschweinen oder verseuchtem Futter gut geschützt seien. "Die eingezäunten Schweine sind als Überträger kaum gefährlich", sagt Forstamtsleiter Utschig. Er sieht die Gefahr der Übertragung vor allem bei den 250 Tieren, die außerhalb der Zäune des Wildparks leben. Deren Abschussquote liegt bei 60 Prozent, also auch noch unter der geforderten Quote.

Im Landkreis gibt es drei Schweinezüchter und acht Schweinemastbetriebe

Kommt es zum "Worst Case" und ein Schweinestall im Landkreis ist befallen, so sähe die deutsche Schweinepest-Verordnung vor, alle Tiere dieses Betriebs zu schlachten. Für den finanziellen Schaden, der einem Bauern dabei entsteht, kann er Geld aus dem staatlichen Tierseuchenfonds beantragen. Allein im Kreis Ebersberg gibt es laut Veterinäramt drei Schweinezüchter und acht Schweinemastbetriebe. Für sie könnte es existenzbedrohend sein, sollte das Landesuntersuchungsamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ein infiziertes Tier im Landkreis ausmachen.

Dann nämlich hätte die Bekämpfung des Erregers oberste Priorität. Das Veterinäramt würde Schutzzonen im Umkreis von 15 Kilometern um den Fundort ziehen. Die strengen Auflagen der gesetzlichen Seuchenverordnung sehen dann strikte Stallhaltung sowie die Einstellung zonenübergreifender Viehtransporte vor. Für betroffene Landwirte bedeutet das, dass sie den Handel mit den Tieren für ungewisse Zeit aussetzen müssten.

Für Jäger Lorenz Adlberger und seinen Sohn, die in Anzing eine Schweinemast betreiben, wäre der Verkauf ihrer Schweine dennoch möglich: Sie könnten sie an umliegende Metzgereien liefern, so lange diese noch innerhalb der Quarantänezone lägen. Nachschub an Ferkeln aus dem Umland gäbe es jedoch keinen. Zumal fraglich wäre, ob die Nachfrage auf dem Schweinefleischmarkt nicht ohnehin einbräche. Für diesen Fall haben die Adlbergers vorgesorgt und eine Versicherung abgeschlossen. Bei einem Ausbruch erhalten sie jedoch nur einen Teil des Werts ihrer Schweine zurück - und nur sofern ihr Betrieb in einer Schutzzone liegt.

Das Veterinäramt Ebersberg setzt nun auf die Aufklärung der Bevölkerung und strikte Hygienemaßnahmen . Es hat inzwischen den Arbeitskreis "Schwarzwild" einberufen, in dem Jäger, Landwirte und die Bayerischen Staatsforsten einen sinnvollen Konsens finden sollen. Womöglich findet sich so ein friedlicherer Weg im Umgang mit dem Ebersberger Wappentier.

© SZ vom 17.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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