Ebersberg:Das Kreuz mit dem Verkehr

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In Ebersberg sprechen sich Politiker, Einzelhändler und Passanten für eine weitere Umgehungsstraße aus. Die Polizei sieht das ähnlich, kritisiert aber, dass sich die Stadt bei bisherigen Planungen keinen Rat geholt hat

Von Antonia Heil, Ebersberg

Obwohl sich die Verkehrssituation in Ebersberg in den letzten Jahren stellenweise verbessert hat, treten im Innenstadtbereich noch immer viele Probleme auf. Gerade die Verkehrsknotenpunkte an der Eberhardstraße, an der Kreisklinik oder zwischen Bahnhof und Amtsgericht sind nach wie vor Gefahrenstellen für Autofahrer, Fußgänger und Radler. Immer wieder sind verschiedene Lösungen im Gespräch, wie aktuell der Tunnel für die Südumgehung. Eine Lösung wurde bisher jedoch nicht gefunden.

Man stelle sich nun mal vor, es gäbe keine Richtlinien, keine Hindernisse und keinen politischen Widerstand. Die SZ Ebersberg hat diese Utopie als Grundlage für eine Umfrage unter den Landkreispolitikern genommen. Wie würden Sie die Verkehrssituation lösen wollen?

Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU) würde auf seinen Wunschzettel eine weiträumige Umgehung schreiben. "Unser Hauptproblem ist ja immer noch der Süd-Ost-Verkehr", sagt er. "Mit einer Umgehungsstraße ganz außen herum wäre das erledigt". Dadurch, so Brilmayer, würde dann auch der Marienplatz schöner. In der Diskussion stünde auch, so Brilmayer, die B 15 attraktiver zu gestalten, wodurch die Staatsstraßen in der Stadt entlastet würden. Das Parkplatzproblem habe sich in den letzten Jahren enorm verbessert, und zwar im Rahmen des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes, das die Stadt 2011 herausgegeben hat und seitdem umsetzt. Das Konzept habe bewirkt, dass der Schwerverkehr jetzt großenteils über die Eichthalstraße fahre, sagt Brilmayer.

Der zweite Bürgermeister und Vorsitzende des "Verschönerungsvereins Ebersberg" Toni Ried (Freie Wähler) spricht sich für ein landkreiseigenes Verkehrskonzept aus. "Wenn ich mir da was wünschen dürfte, wäre es, dass sich alle Gemeinden zusammen an einen Tisch setzen und konstruktiv nach einer Lösung suchen." Es gehe einfach nicht, dass jeder immer sein eigenes Ding mache. Dialog sei stattdessen gefragt. Er macht die Dringlichkeit des Verkehrsproblems deutlich: "Wir stehen wirklich am Anschlag, und aus meiner Sicht ist das die einzige Lösung." In den letzten Jahren sei die Verdichtung aus den Wohngebieten hinaus gut gelungen.

Fragt man Passanten, die an den kritischen Stellen in Ebersberg unterwegs sind, ergibt sich ein recht eindeutiges Bild: Die meisten wollen eine komplette Umgehungsstraße. Ein Großteil lobt die Anstrengungen der Stadt der letzten Jahre bei der Verkehrsentlastung im Innenbereich. "Durch die West-Ost-Umgehungsstraße sind es jetzt hier schon viel weniger Autos geworden", sagt ein Mann, der am Marienplatz auf den Bus wartet. "Damit man von Norden nach Süden nicht durch Ebersberg durchfahren muss, wünschen wir uns eine Umgehung, die komplett um die Stadt herumgeht", sagt eine Frau, die mit ihrem Ehemann gerade die Fußgängerampel am Bahnhof überquert hat.

Bäckermeister Martin Freundl glaubt, dass eine komplett um die Stadt führende Umgehungsstraße auch gut für den Einzelhandel wäre. Denn die Kunden kämen alle aus der Stadt selbst, der Durchgangsverkehr halte nicht an, um einzukaufen, erklärt Freundl, Vorsitzender des Bundes der Selbstständigen in Ebersberg. "Um mit dem Auto zu einem Geschäft in der Innenstadt zu kommen, muss der Kunde sich erst einmal in das Verkehrsgewühl stürzen. Und dann kommt das Parkplatzproblem: Vor den Läden gibt es wenige bis gar keine Stellplätze, und wenn man doch einen ergattert hat, ist es schwierig, auszuparken und sich wieder in den Verkehr einzureihen", beklagt er. Außerdem seien viele Kunden zu Fuß unterwegs, und da stellten die stark befahrenen Straßen gerade für Kinder und ältere Menschen eine Gefahr dar.

All diese Diskussionspunkte sind natürlich auch der Ebersberger Polizei bekannt. Dirk Anders ist hier zuständig für die Verkehrsangelegenheiten. Das Hauptproblem ist seiner Beobachtung nach, dass von Planung über Finanzierung bis zur Umsetzung zu viele Leute involviert sind. Dazu kommen dann noch fehlendes Geld oder vermeintlich dringendere Projekte in der Gemeinde. "Da dauert es dann schon mal 30 Jahre oder noch länger, bis man ein Projekt umgesetzt hat." Das habe man ja bei der B 304 schon gemerkt, als sie vor die Ortsgrenze verlegt wurde. Die Münchener Straße, die früher die B 304 war, sei noch immer nicht fahrrad- und fußgängergerechter umgebaut worden, wie es eigentlich vorgesehen gewesen sei. Anders findet es bedauerlich, dass die Kommune bei vielen Verkehrsmaßnahmen nicht vorher die Experten bei der Polizei kontaktiert. "Hinterher müssen wir dann mit dem zurechtkommen, was die Kommune uns beschert hat", sagt er. Die sicherste Variante für alle Verkehrsbeteiligten ist seiner Ansicht nach eine möglichst weiträumige Umgehungsstraße.

© SZ vom 11.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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