Ebersberg:Das Kind im Bergsteiger

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Der gebürtige Anzinger Julian Bückers hat die anstrengende Ausbildung zum Bergführer erfolgreich beendet. Der Bayerische Rundfunk war dabei und herausgekommen ist ein Film über Verantwortung, physische Grenzen und psychologische Herausforderungen

Von Jessica Morof, Ebersberg

Weiß glitzernder Schnee, spitze Felszacken über einem Wolkenmeer und oben das hellblaue Firmament durchzogen von strahlendem Sonnenlicht: Ein Bild, das Alpinisten in den Bann zieht, bietet sich bei der Überschreitung des Breithorns in den Walliser Alpen. Aus Freude an der Natur oder um der persönlichen Herausforderung willen machen sich die Bergwanderer auf, um die teilweise mehr als 4000 Meter hohen Gipfel des Schweizer Bergkamms zu bezwingen. Doch manche tun es auch, um eine Prüfung zu bestehen.

So war es bei Julian Bückers, einem gebürtigen Anzinger und leidenschaftlichen Alpinisten. In der Abschlussprüfung seiner Ausbildung zum staatlich anerkannten Bergführer musste der 29-Jährige beweisen, dass er der Aufgabe gewachsen ist, nicht nur sich, sondern auch andere sicher über den Kamm zu bringen. Und immer mit dabei: ein Filmteam des Bayerischen Rundfunks. Für die Sendung "Bergauf - Bergab" des BR haben Redakteure und Kameramänner drei Alpinisten drei Jahre lang bei der Ausbildung zum offiziellen Bergführer begleitet. Der Film ist am Sonntag, 24. April, um 18.45 Uhr zu sehen.

Beim Tourengehen kommt es darauf an, die Menschen sicher über die Berge zu bringen. (Foto: Julian Bückers)

Die Berge - und alle Sportarten, die in ihnen, auf ihnen und an ihnen möglich sind - gehören eigentlich schon immer zu Bückers Leben. "Wir haben jegliche Urlaube und Freizeit in den Bergen verbracht", erklärt der Fotograf. Mit Großeltern, Eltern und Geschwistern war er schon als Kind in den Alpen unterwegs; als Jugendlicher hat er sich dann gemeinsam mit seinem Bruder "über die Grenzen der Eltern hinaus weiterentwickelt". Eisklettern, Skitouren gehen, Bergwandern: Das gehört zum Leben des Anzingers einfach dazu. In der Freizeit wie auch im Beruf. Als selbständiger Fotograf hat sich Bückers vor allem auf alpine Motive spezialisiert. Zudem ist er immer wieder für den BR und die Sendung "Bergauf - Bergab" als Kameramann unterwegs. So entstanden Idee und Kontakt für den Film.

Von nun an hat der 29-Jährige noch eine weitere Möglichkeit, mit seiner sportlichen Leidenschaft Geld zu verdienen. Denn vor etwa drei Wochen beendete Bückers erfolgreich die Ausbildung zum staatlich anerkannten Bergführer - eine Leistung, die nur sehr erfahrene und vielseitige Alpinisten erbringen können. Denn, um die Ausbildung überhaupt beginnen zu können, müssen die Anwärter bereits einige Hürden überwinden. Erst nach dem Bestehen einer Eignungsfeststellung in Form einer theoretischen und zweier praktischer Tests, darf man loslegen. Jährlich gibt es laut Verband Deutscher Berg- und Skiführer (VDBS) etwa 70 Anwärter auf die Ausbildung. Aber nicht alle schaffen es am Ende auch.

Eisklettern gehört zu Julian Bückers Spezialitäten. (Foto: privat)

"Das Schwierigste ist, dass man komplett aufgestellt sein muss", erklärt Bückers. "Es reicht nicht, Spezialist in einer Disziplin zu sein - man braucht in allen ein sehr hohes Niveau." Seine Spezialität sei das Klettern - ob im Eis oder an der bloßen Felswand. Aber auch Hoch- und Trekkingtouren oder Canyoning waren ihm nicht unbekannt.

Mit seiner eigenen Technik also konnte Bückers schon vor der Ausbildung umgehen; es sei ihm aber in manchen Disziplinen schwer gefallen, sie anderen zu vermitteln. Beispielsweise im Skitechnikkurs. "Ich selbst habe nie einen Skikurs gemacht, sondern im Gelände einfach so geübt", erzählt der Anzinger, der heute in München lebt. Seine Devise: Alles ausprobieren. Auf Pisten sei er ohnehin selten unterwegs gewesen, eher bei Skitouren und zum Free-Riden im Tiefschnee. In der Weiterbildung musste er also nicht das Bergsteigen lernen, sondern "Menschen "mit hundertprozentiger Sicherheit Berge rauf zu bringen". Der psychologische Aspekt. der Weiterbildung ist als groß und das sollte auch in dem Film des BR herauskommen. "Das Ziel war nicht nur, die Ausbildung an sich zu zeigen, sondern sie an Personen und deren Leben festzumachen." Drei ganz unterschiedliche Charaktere hat die Crew dafür gefunden: Die Grundschullehrerin Ursula Wolfgruber aus Anger, die aus einer "Bergführerdynastie" stammt, wie Michael Düchs erzählt, der die Dreharbeiten redaktionell betreut hat. "Sie ist ganz ruhig, überlegt, bedächtig." Dario Haselwarter aus Peiting sei vor allem ein ganz hervorragender Kletterer und - wie auch Wolfgruber - Teil des Expeditionskaders des Deutschen Alpenvereins. Und eben Julian Bückers. "Julian ist alles mit ein bisschen mehr Skepsis angegangen", beschreibt Düchs, der selbst Bergführer ist. "Er ist ein vorsichtiger Typ. Aber wenn er etwas macht, dann macht er es gescheit." Trotz der Unterschiede seien sich alle Bergführer auch ähnlich: Sie müssen es schaffen, eine gewisse Souveränität auszustrahlen. Das zeigen in dem Film die verschiedenen Ausbildertypen, die ebenfalls eine große Rolle spielen. "Die Ausbilder wollen natürlich, dass man an eine Art Grenze stößt", sagt Bückers. Nur so können sie erkennen, ob der Prüfling schwierige Entscheidungen treffen kann und der Situation sportlich sowie mental gewachsen ist. "Es ist eine intensive Zeit, die einen körperlich oft voll an den Anschlag bringt."

Dabei wollte Bückers die Ausbildung zuerst gar nicht unbedingt machen. "Grundsätzlich ist es einfach schön, in den Bergen zu sein. Wenn man versucht, das zu genießen und nicht immer das Maximum zu erreichen", betont der 29-Jährige. Das versucht er auch seiner sechsjährigen Tochter und dem eineinhalbjährigen Sohn zu vermitteln. Denn der Nachwuchs ist klassischerweise mit dabei. Wobei: Kinder hätten das den Erwachsenen sowieso voraus, da ist sich der Bergführer sicher.

Der Anzinger Julian Bückers liebt die Berge. (Foto: Tobias Leipnitz/oh)

Als Erwachsener habe man immer ein bestimmtes Ziel vor Augen - Kindern sei das total egal. Sie würden sich einfach über alles freuen, was sie auf dem Weg sehen. "Das ist eine sehr schöne Weise, die Berge zu erleben. Schade, dass den Erwachsenen das verloren geht", sagt Bückers. Doch wer ihn von seinen Erlebnissen in der Natur erzählen hört, der ist sich sicher: Trotz der schweren Ausbildung und den Herausforderungen des neuen Berufs, wird sich dieser Bergführer auch eine kindliche Sicht auf die Berge bewahren.

Die Sendung "Bergauf - Bergab" wird jeden Sonntag um 18.45 Uhr im Bayerischen Rundfunk ausgestrahlt. Der erste Part des Zweiteilers über Julian Bückers' anspruchsvolle Ausbildung zum Bergführer ist am Sonntag, 24. April, zu sehen. Der zweite Teil kommt am Sonntag, 22. Mai. Informationen zu den Protagonisten und zu dem Beruf hält der Sender unter www.bergfuehrer-werden.de bereit.

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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