Ebersberg:Bewusstsein für Lebendigkeit

Lesezeit: 2 min

Architektin Julia Rombeck hat die Kriegsgräberstätte Oberelkofen umgestaltet - auf dem Papier

Von Thorsten Rienth

GrafingDie Professorin der TU München staunte nicht schlecht, als ihr Julia Rombeck ihre Idee für eine Masterarbeit präsentierte. Denn das Thema klang nicht gerade nach einem Sujet, um das sich 30-jährige Architekten für gewöhnlich reißen. Sie würde gerne, nur auf dem Papier freilich, die Oberelkofener Kriegsgräberstätte umgestalten, erklärte die Grafingerin. Am Donnerstagabend wird sie ihre Pläne bei einem Lichtbildervortrag in der Grafinger Stadtbücherei vorstellen.

"Zeit-Räume - Ein Ort der Begegnung an der Kriegsgräberstätte in Oberelkofen", hat Rombeck den Vortrag betitelt. Im Mittelpunkt nämlich stehe die Aufwertung des Geländes zu einer Begegnungsstätte. Die Voraussetzungen dafür seien jedenfalls recht gut, so Rombeck: "Das Gelände ist sehr schön und natürlich - gar nicht so sehr klassischer Friedhof, vielmehr friedwaldähnlich." Deshalb ließe sich eine neue Struktur vergleichsweise leicht implementieren, ohne den bisherigen Charakter des Areals völlig auf den Kopf zu stellen.

Dass der Friedhof so ist, wie er ist, liegt am Ereignis, das zu seiner Entstehung führte: Am 16. Juli 1945 war es auf der Hauptbahnlinie zwischen München und Rosenheim südlich von Oberelkofen zu einem katastrophalen Zugunglück gekommen. Ein mit US-Panzern beladener Güterzug raste ungebremst in einen stehenden Personenzug. 106 deutsche Soldaten, die tragischerweise auf dem Weg zu ihrer Entlassung nach Hannover waren, kamen ums Leben. Weil es Hochsommer war, mussten die Toten umgehend bestattet werden - östlich der Oberelkofener Kirche begrub man sie in einem Sammelgrab. Für eine umfangreiche Friedhofsplanung blieb schlicht keine Zeit.

Rombecks Umgestaltung liegen - angelehnt an eine mediterrane Begräbniskultur - Kolumbarien (wörtlich: "Taubenschläge") zugrunde. Darunter versteht man ein Gebäude oder Gewölbe, das der Aufbewahrung von Urnen dient. Hinzu kommt ein Kreuzweg, ein Haus der Begegnung und ein Abschiedsraum. Diese Gestaltung solle "das Gestern, Heute und Morgen verbinden", erklärt sie. "Es geht darum, sich seiner eigenen Lebendigkeit bewusst zu werden." In dem Begegnungshaus könnten kleinere Konzerte oder Lesungen stattfinden.

Stadtarchivar Bernhard Schäfer ist von der Arbeit der Grafingerin begeistert. "Ich finde den Entwurf sehr gut , weil er die verschiedenen Elemente des Ortes - Kirche, Friedhof, Leichenhaus, Kriegsgräberstätte, Dorf und Landschaft - zusammenführt." Eine ganzheitliche Betrachtung sei schließlich immer eine Aufwertung. Und auch für die Architektin ist er voll des Lobes. "Sie nimmt nicht nur die weite Welt in den Blick, sondern mit offenen Augen und unvoreingenommenem Bewusstsein auch ihren näheren Lebensraum." Thematisch passt Rombecks Masterarbeit bestens ins Begleitprogramm von Schäfers aktueller Sonderausstellung im Stadtmuseum. Sie widmet sich Katastrophen und Unglücksfällen in Grafing.

Der Vortrag von Julia Rombeck findet statt am Donnerstag, 19. Januar, um 20 Uhr in der Stadtbücherei Grafing. Der Eintritt ist frei.

© SZ vom 19.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: