Ärzteversorgung:Die Bereitschaft wird neu organisiert

Lesezeit: 2 min

In der Notaufnahme der Kreisklinik steigen die Patientenzahlen seit langem. Durch die neue Bereitschaftspraxis sollen sie wieder sinken. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wer außerhalb der Praxis-Sprechzeiten einen Arzt braucht, soll künftig zur Kreisklinik kommen. Denn dort entsteht eine Bereitschaftsdienstpraxis. Hausbesuche wird ein Fahrdienst übernehmen.

Von Barbara Mooser

Wer abends oder am Wochenende krank wird, bekommt die notwendige Behandlung künftig in der Kreisklinik: Dort entsteht bis voraussichtlich Mitte 2016 eine neue Bereitschaftsdienstpraxis, die als zentrale Anlaufstelle dienen wird. Das alte System, bei dem mehrere, im Landkreis verteilte Praxen die Bereitschaftsdienste abdeckten, wird dadurch abgelöst. Hausbesuche wird es jedoch weiter geben: Patienten, die nicht in die Klinik fahren können, werden dann durch einen neuen Fahrdienst betreut.

Dieses Modell wird im Rahmen eines Pilotprojekts erprobt, das gleichzeitig auch im Nachbarlandkreis Erding startet. Obwohl man in der Kreisklinik noch einige offene Fragen sieht und einen Start Anfang Juli für zu ambitioniert hält, geht man bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) fest davon aus, dass der Termin zu halten ist.

Die Notaufnahme ist überlastet

Mit der Neustrukturierung will die KVB auf mehrere Entwicklungen der vergangenen Jahre reagieren. Zum einen suchen bereits jetzt viele Kranke außerhalb der Sprechzeiten nicht die Bereitschaftsdienstpraxen auf, sondern gehen gleich ins Krankenhaus. Das belastet die Notaufnahme, die an sich nicht dafür da ist, nach Sportverletzungen Atteste auszustellen und Erkältungen oder andere leichte Erkrankungen zu behandeln, allerdings extrem.

Eine Bereitschaftspraxis an der Klinik würde also zum einen die Notaufnahme entlasten, zum anderen könnten die Ärzte, die in der Praxis ihre Dienste absolvieren, auch auf die Infrastruktur der Klinik zurückgreifen, Labors und Spezialgeräte nutzen. Und wenn die Erkrankung sich doch als schwerer herausstellt als zunächst vermutet, könnten die Fachleute von der Klinik den Patienten problemlos übernehmen. Einen Teil der Dienstzeiten würde aber, so sieht es das Konzept vor, ohnehin das Klinikpersonal abdecken.

Die vielen Wochenenddienste machen den Job unattraktiv

Ein zweiter Grund für die Neuerung ist aber auch die zunehmende Schwierigkeit, die Bereitschaftsdienste überhaupt noch zu organisieren. Denn es gibt immer weniger Ärzte, die Dienste machen können, weshalb diese in der Vergangenheit immer häufiger in ihren jeweiligen Gebieten Nacht- und Wochenenddienste schieben mussten. Nicht zuletzt das hat es für junge Mediziner extrem unattraktiv gemacht, überhaupt noch eine Praxis auf dem Land zu übernehmen.

Das Lebensmodell des Arztes, der gewissermaßen rund um die Uhr für seine Patienten da ist, sei überholt, unterstreicht ein Referent der KVB, auch Ärzte hätten wie alle anderen ein Interesse daran, Arbeit, Familie und Freizeit gut unter einen Hut zu bringen. Dies soll nun besser gelingen, indem man die Bereitschaftsdienste nicht mehr innerhalb der acht Dienstgruppen in den Landkreisen Ebersberg und Erding organisiert, sondern zentral.

Mehr zu tun, aber seltener Dienst

Ärzte, die an der Klinik Dienst machen, haben also während ihrer Schichten möglicherweise deutlich mehr zu tun als bisher, doch sie müssen wesentlich seltener ran. Zudem können nach Angaben des KVB-Referenten auch Ärzte eingesetzt werden, die bisher nicht Bereitschaftsdienst machten: Berufsrückkehrer und Teilzeitkräfte etwa, für die die Dienste mit dem vermutlich vergleichsweise hohen Patientenaufkommen auch finanziell attraktiv sein könnten.

In Erding gibt es ein Bereitschaftspraxismodell bereits seit 2007, allerdings nur in der Kreisstadt, nun wird es auf den gesamten Landkreis ausgeweitet. In Ebersberg sei die Skepsis etwas größer, so der KVB-Referent, doch auch hier stehe ein Großteil der Ärzte hinter dem neuen Modell. Auch der Ebersberger Ärzte-Sprecher Werner Klein sieht darin den richtigen Weg für die Zukunft, das hat er bereits vor Monaten bekräftigt. Einige Kollegen haben hingegen vor dem Aufbau von Doppelstrukturen und unnötig langen Wegen für Patienten wie für Ärzte gewarnt. Doch die Entscheidung der KVB sei gefallen, so der zuständige Referent: "Das kommt ganz sicher."

© SZ vom 21.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: