Ebersberg:Anpassung an die Realität

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Kreis erkennt bei Hartz-IV-Beziehern künftig deutlich höhere Mieten an

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Schnäppchen gibt es auf dem Wohnungsmarkt im Landkreis Ebersberg längst nicht mehr. Wer hier eine Mietwohnung sucht, muss fast so tief in die Tasche greifen wie in der Landeshauptstadt - jedenfalls in den teuren Gemeinden im Landkreiswesten. Das ist für jeden Mieter, der nicht viel Geld hat, eine schwierige Situation. Für Menschen, die von Hartz IV leben müssen, aber ganz besonders: Denn für sie gibt es ganz klare Grenzen, wie teuer eine Wohnung sein darf, damit der Landkreis die Kosten übernimmt. Und die waren bisher niedrig, für einen Vier-Personen-Haushalt in Poing oder Vaterstetten wurde beispielsweise eine Brutto-Kaltmiete von höchstens 735 Euro übernommen. Jetzt hat der Kreis die Sätze deutlich nach oben korrigiert. Die Steigerung beträgt bis zu 34 Prozent.

Die Berliner Firma Empirica hatte die Neuberechnung für den Landkreis vorgenommen; eine solide Datenbasis ist auch deshalb wichtig, weil die Sätze schließlich im Zweifelsfall auch vor Gericht Bestand haben müssen. Sinnlos wäre es dabei nach Angaben der zuständigen Expertin Petra Heising, sich bei der Neukalkulation an den Durchschnittskosten derzeit vermieteter Wohnungen zu orientieren. Denn je länger in der Regel das Mietverhältnis besteht, desto niedriger liegen die Kosten. Wird eine Wohnung neu vermietet, liegen die Einstiegspreise deutlich höher. Und eben an diesen Preisen muss sich laut Heising die Berechnung orientieren. Sie hat über den Zeitraum eines Jahres alle tatsächlich vorhandenen Mietangebote im Landkreis ausgewertet und die Spielräume bei den Kosten ermittelt. Für luxuriös ausgestattete Wohnungen in Top-Lagen wird der Kreis nach wie vor die Mieten nicht übernehmen, sondern nur für die Wohnungen, die preislich im unteren Drittel des Spektrums liegen.

Bei der Betrachtung, welcher Preis für angemessen erachtet wird, spielt auch die Lage der Wohnung innerhalb des Landkreises eine entscheidende Rolle. So wurde das auch in der Vergangenheit schon gehandhabt. Denn je weiter nach Westen man kommt, desto teurer wird es in der Regel. Die höchsten Mieten werden in Poing und Vaterstetten verlangt, etwas günstiger ist es in Ebersberg, Grafing, Kirchseeon und Zorneding. Anzing, Forstinning, Markt Schwaben und Pliening liegen eine weitere Kategorie darunter. In den Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaften Glonn und Aßling, in Hohenlinden und Steinhöring werden die günstigsten Mieten verlangt - wenn auch hier ohnehin kaum Mietwohnungen zu haben sind.

Entsprechend fallen auch die Steigerungen unterschiedlich aus. Eine Wohnung für einen Fünf-Personen-Haushalt in Poing oder Vaterstetten etwa durfte früher 860 Euro kosten, vom 1. April an sind 1150 Euro erlaubt. In den Gemeinden mit den vergleichsweise günstigsten Mieten dürfen künftig für eine Familie der gleichen Größe 900 statt 766 Euro ausgegeben werden, das bedeutet eine Steigerung um 17 Prozent. Wer allein lebt, darf künftig in Poing oder Vaterstetten eine Brutto-Kaltmiete von 610 statt bisher 463 Euro haben, in den günstigsten Regionen 510 statt bisher 388 Euro. Die neuen Sätze gelten dann, wenn ein Hartz-IV-Bezieher eine Wohnung neu anmietet. Aber auch die etwa 180 Bedarfsgemeinschaften im Landkreis, die bereits jetzt in teureren Wohnungen leben, deren Miete aber bisher nicht in voller Höhe übernommen wird, profitieren.

Zufrieden zeigten sich die Mitglieder des Sozialausschusses des Kreistags über die neuen Grenzen. Bianka Poschenrieder (SPD) sagte sogar, sie sei "sehr glücklich". Es sei "sehr gute, nachvollziehbare Arbeit" geleistet worden, urteilte auch Landrat Robert Niedergesäß (CSU), nun habe man eine belastbare Grundlage für die nähere Zukunft.

© SZ vom 11.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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