Ebersberg:Anglerlatein vor dem Amtsgericht

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Münchner wird wegen Diebstahls zu Bewährungsstrafe verurteilt

Von Antonia Heil, Ebersberg

Ein vermeintlich dicker Fisch war da der Justiz ins Netz gegangen: Vor dem Ebersberger Amtsgericht mussten sich zwei Münchner verantworten, die des Diebstahls mit Waffen angeklagt waren. Einer der beiden, 28 Jahre alt, wurde beschuldigt, in einem Vaterstettener Laden für Fischereibedarf eine Angelschnur gestohlen und dabei ein Messer zu Hilfe genommen zu haben. Der zweite, ein 29-Jähriger, war der Mittäterschaft angeklagt. Letztendlich war der Fang jedoch nicht groß: Der 29-Jährige wurde freigesprochen, dem 28-Jährigen wurden sechs Monate auf Bewährung sowie 80 Stunden gemeinnützige Arbeit aufgebrummt. Und es hätte weniger sein können, hätte er nicht bei der polizeilichen Vernehmung und vor Gericht ordentlich Seemannsgarn gesponnen.

Richterin Vera Hörauf fischte zunächst im Trüben, als sie den Tathergang rekonstruieren wollte. Gemäß dem Hauptangeklagten waren er und sein Freund am 21. Januar 2016 gemeinsam zum Einkaufen in den Laden gegangen, der 28-Jährige wollte sich eine neue Angelschnur besorgen. Er habe seine eigene Spule für die Angel nicht dabei gehabt, daher habe er eine Spule des gleichen Modells ausgepackt, um herauszufinden, ob die Schnur darauf passen würde. Auch die Schnur nahm er aus dem Karton. Eine der Verpackungen war zugeklebt, weshalb er ein Messer zu Hilfe nahm. Er behauptete steif und fest, den Karton mit der Schnur aufgeschnitten zu haben. Ein Beweisvideo zeigte aber, dass er den Karton mit der Spule aufgesäbelt hatte.

Er trug die noch aufgewickelte Schnur mit der Diebstahlsicherung im Inneren in der Hand, als sein Handy läutete. Weil es ein wichtiger Anruf gewesen sei, so der 28-Jährige, habe er vom Ladenpersonal Stift und Papier verlangt. Angeblich war der Handyempfang im Geschäft aber so schlecht, dass er spontan mit dem Telefon in der Hand hinausging. Dabei habe er versehentlich die Schnur mitgenommen, weshalb dann die Warensicherungsanlage gepiepst habe.

Der zweite Angeklagte beteuerte, von dem Diebstahl und auch von dem Messer nichts mitbekommen zu haben. Da er aber auf dem Beweisvideo direkt daneben stand, als der andere das Messer verwendete, glaubte ihm die Richterin das nicht. Doch er ging letztlich straffrei aus, weil er nicht dabei war, als der 28-Jährige mit der Schnur den Laden verließ.

Das Messer spielte in der Verhandlung eine zentrale Rolle. Es brachte den Hauptangeklagten in ziemliche Bedrängnis, weil bis zum Ende unklar blieb, ob er es gestohlen oder ordnungsgemäß gekauft hatte. Bei der polizeilichen Vernehmung direkt nach dem Vorfall hatte er beteuert, es am Vortag im Laden gekauft zu haben. Die Kassenprüfung des Besitzers ergab das Gegenteil. Vor Gericht gab der Münchner dann aber an, es bereits zwei Wochen vor der Tat erworben und nur am Vortag erst mitgenommen zu haben.

Am Tattag habe er dann einen Anglerkittel angehabt, in dessen Tasche er das Messer gesteckt und vergessen habe. Seine verworrenen Aussagen ergaben, dass er nichts von dem Messer an seinem Leib wusste, als er den Laden betrat, es dann aber verwendete, um die Packung aufzuschneiden. Dann, beim Hinausgehen, habe er es schon wieder vergessen.

Als die Anlage gepiepst habe, sei der Dieb sofort zurück in den Laden gekommen, erzählte der Ladenbesitzer. Als ein Mitarbeiter ihn gefragt habe, ob er etwas aus dem Laden bei sich trage, habe er mit "Nein" geantwortet. Als der Angestellte nicht locker ließ, habe der 28-Jährige die Schnur frustriert von sich geschleudert, so die Zeugin. Ein Polizist, der die beiden nach der Tat vernommen hatte, bestätigte das. Als er sie befragt habe, seien sie sehr unwillig und unkooperativ gewesen. Dies war für Richterin Hörauf dann doch zu viel; zu viele Verstrickungen, Ungereimtheiten und Lügen. So erhielt der Hauptangeklagte trotz seines leeren Vorstrafenregisters die verhältnismäßig hohe Strafe.

© SZ vom 13.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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