Diskussion um Geballer:Dicke Luft

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Das Bild stammt aus keinem Krisengebiet - sondern vom Silvesterabend 2011 auf dem Grafinger Marktplatz. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In Zorneding werden ebenso wie in der Landeshauptstadt Forderungen laut, privates Silvesterfeuerwerk zu verbieten. Doch die Bürgermeister sind skeptisch - und die gesetzlichen Spielräume gering

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Es ist eine lange Tradition, mit lautem Krachen und funkelnden Raketen das neue Jahr zu begrüßen: Doch in immer mehr Städten und Gemeinden werden Forderungen laut, das private Silvesterfeuerwerk zu verbieten. In München hat ein entsprechender Antrag in den meisten Bürgerversammlungen Zuspruch gefunden, nun muss die Politik sich mit dem Thema befassen. Auch in Zorneding gibt es eine entsprechende Initiative, die auf Facebook viel Zustimmung findet. Vor allem die enorme Feinstaubbelastung ist für Initiator Jochen Werner ein sehr gutes Argument dafür, die private Ballerei zu unterlassen.

"Es ist bekannt, dass in zwei Stunden Silvesterfeuerwerk 17 Prozent des Feinstaubs freigesetzt werden wie durch den Autoverkehr im ganzen Jahr", sagt Werner. "Bevor so etwas nicht abgeschafft wird, brauchen wir die Diskussion über Fahrverbote gar nicht führen." Dabei will Werner gar nicht, dass der Himmel zum Jahreswechsel ganz dunkel bleibt. Er schlägt statt dessen ein großes Feuerwerk vor, das die Gemeinde federführend organisieren könnte und für das die Zornedinger auch finanzielle Beiträge leisten könnten. "Statt dass jeder selbst vor sich hinknallt, trifft man sich vor dem Rathaus, trinkt zusammen einen Glühwein und bewundert das große Feuerwerk", so seine Vorstellung. In diesem Jahr könnte es aber auch seiner Einschätzung nach zu knapp werden, das noch zu organisieren - aber dann eben für den Jahreswechsel 2019/20.

Allerdings müssten Werner und seine Mitstreiter davor wohl noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten, denn Bürgermeister Piet Mayr (CSU) sagt klar: "Ich stehe dem ablehnend gegenüber." Jeder müsse selbst entscheiden, wie er den Jahreswechsel begehe; er wolle da keine Vorschriften machen oder Verbote aussprechen. Bisher kennt Mayr den Wunsch nach einem Feuerwerksverbot auch nur aus der Zornedinger Facebookgruppe. Kein Bürger sei bisher damit an ihn herangetreten, sagt Mayr. Ein großes Feuerwerk habe die Gemeinde zwar bereits einmal gemacht, zur 1200-Jahr-Feier. Aber an Silvester sei die Lage doch noch einmal anders: Es sei eine "persönliche und individuelle Entscheidung" jedes einzelnen, auf das Feuerwerk zu verzichten - oder eben nicht. "Ich kann verstehen, dass Städte mit historischen Ortszentren und beispielsweise viel Fachwerk ein Verbot erlassen. Aber bei uns ist die Gefährdungslage absolut durchschnittlich", unterstreicht der Zornedinger Bürgermeister.

Ähnlich wie er sehen es auch viele andere Rathauschefs im Landkreis. In der Kreisstadt beispielsweise gibt es laut Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU) weder nachdrückliche Forderungen aus der Bürgerschaft, noch Überlegungen in der Verwaltung, ein Verbot einzuführen. "Natürlich gibt es immer einzelne Leute, die davon nichts halten", sagt Brilmayer, aber er sehe keinen Grund, beispielsweise auf dem Marktplatz das Böllern zu verbieten. Er selbst hat, wie er erzählt, noch nie Feuerwerk gekauft oder abgebrannt, "aber ich bin Nutznießer" und bestaune durchaus an Mitternacht das Feuerwerk.

Grafings Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) ist persönlich kein Fan von Feuerwerk, wie sie sagt. "Ich böllere nicht, weil es mir persönlich nichts gibt und weil es in meinen Augen eine unnötige Geldausgabe ist", sagt sie. Dennoch halte sie nichts von einem Verbot; die Grünen würden ohnehin immer wieder als "Verbotspartei" gebrandmarkt. "Ich setze statt dessen auf die Vernunft und die Einsicht der Leute", unterstreicht die Bürgermeisterin. Ähnlich sieht es ihr Vaterstettener Kollege Georg Reitsberger (FW): Pläne für ein Verbot gebe es nicht, auch keinen Anlass. Weder habe es in den vergangenen Jahren Beschwerden gegeben, noch besonders gefährliche Situationen - allenfalls sei mal eine Hecke durch einen Böller in Brand geraten.

Poings Bürgermeister Albert Hingerl (SPD) kann dem privaten Böllern zwar nicht viel abgewinnen, er hat aber auch noch nichts davon gehört, dass besonders viele Poinger es abschaffen wollten. Ihn störe am Böllern zwar der Feinstaub und der viele Dreck, "aber ich sehe auch die andere Seite", sagt Hingerl. Viele freuten sich eben an den funkelnden Raketen, ihm gehe es auch so, wenn er beispielsweise das Feuerwerk beim Volksfest bestaune. Sollte sich die Gemeinde einmal dazu entschließen, eine zentrale Silvesterparty beispielsweise auf dem Marktplatz zu organisieren, würde der Poinger Bürgermeister die Bürgerinnen und Bürger bitten, dann eben privat auf Feuerwerk zu verzichten: "Mehr als appellieren kann man ohnehin nicht."

Und das ist der springende Punkt in der ganzen Debatte. Denn um tatsächlich ein Verbot zu erlassen, müsste die Gemeinde nach der derzeitigen Rechtslage schon sehr gute Gründe anführen, wie Wilfried Schober, Sprecher des Bayerischen Gemeindetags, erläutert. Die deutsche Sprengstoffverordnung, ein Bundesgesetz, lässt nämlich örtlich begrenzte Verbote nur in sensiblen Bereichen zu. Das kann beispielsweise vor Krankenhäusern und Altenheimen sein, oder auch neben historischen, brandgefährdeten Gebäuden. "In einer 08/15-Gemeinde wird das eher schwierig. Und einem, der vor seinem Reihenhaus ein Feuerwerk machen möchte, kann man das sowieso nicht verbieten", sagt Schober. In den meisten Fällen müsse es also zwangsläufig beim "freundlichen Appell" bleiben. Tatsächlich gibt es in Bayern bisher nicht allzu viele Kommunen, die privates Feuerwerk verbieten. Berchtesgaden gehört dazu, auch Straubing hat sich nach dem Brand des historischen Rathauses - der sich freilich nicht in der Silvesternacht zugetragen hat - dafür entschieden. In Landshut hat die Stadt erst vor wenigen Tagen die Entscheidung getroffen, in der historischen Altstadt sowie auf der Burg Trausnitz das Abbrennen von Feuerwerkskörpern zu verbieten.

© SZ vom 05.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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