Mit einem Lächeln empfängt Bernhard Winter seine Gäste im Unterbräusaal am Marktplatz. Und die gute Laune beim ehemaligen Markt Schwabener Bürgermeister und Initiator der "Sonntagsbegegnungen" kommt nicht von ungefähr. Er freut sich über das große Interesse an der 105. Ausgabe der beliebten Veranstaltungsreihe, bei der wieder einmal jeder Stuhl besetzt ist. Das Thema könnte in diesen Tagen allerdings auch kaum aktueller sein, es geht um "Gesundheit, Krankheit, Resilienz". Dazu hat der Organisator Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik am Münchner Klinikum rechts der Isar, und Karl-Walter Jauch, den langjährigen ärztlichen Direktor der Münchner Uni-Kliniken, eingeladen.
Kiechle hat sich auf die Prävention, Diagnostik und Therapie von Krebs bei Frauen spezialisiert. Seit zwei Jahrzehnten ist sie bereits als Direktorin an der Klinik tätig und hat mehrere Bücher geschrieben. An diesem Sonntag gibt sie ganz private Einblicke in ihr Leben. Jauch kennt Winter seit einigen Jahren, damals hatte der Mediziner ihn selbst operiert. Heute stehen beide fit im Unterbräusaal und schwelgen kurz in alten Zeiten. Auch Jauch schrieb bereits an mehreren Büchern mit. Eine Sache, die alle drei auf der Bühne verbindet.
Der Dialog der beiden Geladenen startet mit einem kleinen Rückblick auf ihre Beziehung, sie kennen sich bereits seit 20 Jahren und seither verbindet sie eine enge kollegiale Freundschaft. "Als Kooperationspartner sind wir in Deutschland unschlagbar", sagt Jauch. Die beiden arbeiten zwar an verschiedenen Universitäten, Kiechle an der Technischen Universität München und Jauch bis 2021 an der Ludwigs-Maximilians-Universität, doch die immer enger werdende Zusammenarbeit sichert den beiden Universitäten auch ihren Stellenwert in der Bildungslandschaft.
Um ins Thema Gesundheit einzusteigen, erzählen die beiden Mediziner, was sie selber für sich und ihren Körper tun. Von Ernährung, über Sport bis zu Schlaf geben sie ihre Rhythmen und Rituale an. Kiechle zum Beispiel hat immer ein paar Turnschuhe dabei. "Es muss ja kein Joggen sein. Schnelles Gehen oder Wandern kann man überall." Eine besonders große Rolle scheint auch der Schlaf zu spielen. Er sorge für eine Ausgewogenheit und ein inneres Gleichgewicht, erklärt Jauch. Sechs Stunden sollten wir uns mindestens pro Nacht gönnen, fügt Kiechle hinzu. Sie schlafe stets bei 18 Grad Celsius und lege ihre Sorgen vor dem Einschlafen ab. Dies führe zu einem entspannteren und festeren Schlaf.
Ein weiterer großer Punkt, der den Dialog der beiden Buchautoren begleitet, ist der soziale Kontext. Hier sind sie sich einig: Zwischen dem behandelndem Arzt und dem Patienten sollte stets eine gute Verbindung herrschen. Eine Beziehungsbasis sei wichtig, um das Vertrauen des Patienten zu wahren und ihm helfen zu können. Kiechle verweist auf eine Studie, bei der herausgefunden wurde, dass Patienten von Ärzten, die sich verständlich ausdrücken, schneller gesund werden, da sie den Rat des Arztes besser befolgen. Ein Mediziner, der nur mit lateinischen Begriffen um sich werfe, sollte an seinen kommunikativen Fähigkeiten arbeiten, sagt Jauch. Er und Kiechle sind sich sicher: Die soziale Anlage sollte im Studium viel mehr gelehrt werden. "Das kann man sich aneignen", so Kiechle. Ein Hausarzt aus dem Publikum kann die beiden später beruhigen: Durch Studenten, die in seiner Praxis Erfahrungen sammeln, wisse er, dass Empathie heute auf dem Lehrplan stehe.
Die übliche Fragerunde endet mit einer Diskussion über ein allgegenwärtiges Thema. Zwar sind alle im Raum dieser Sonntagsbegegnung gegen Corona geimpft, doch ist die Impfpflicht auch heute ein großer Gegenstand des Gesprächs. Auf eine Zuschauerfrage hin sprechen sich die beiden Ärzte für eine Impfpflicht aus. "Ich bin als Medizinerin generell eine Befürworterin des Impfens", sagt Kiechle. Den beiden sei vor allem eine Impfpflicht bei medizinischem Personal wichtig. Dafür ernten sie Applaus aus dem Publikum.
Trotzdem sieht Jauch die Schwierigkeiten, eine solche Pflicht zu veranlassen. "Da es Anfangs immer hieß, es werde keine geben, stelle ich es mir nun schwierig vor, eine Impfpflicht durchzuführen." Aber auch er sieht die Notwendigkeit der Impfungen, um das Virus endlich unter Kontrolle zu bekommen und zeigt Unverständnis denen gegenüber, die sich nicht impfen lassen wollen: "Da sterben Patienten, weil sich andere nicht impfen lassen wollen." Auch das findet rege Zustimmung im Publikum, viele nicken oder klatschen. Kiechle sieht das Impfen gegen das Coronavirus als einen Akt der Solidarität. Für sie gehöre das zum Leben in einer Gesellschaft dazu.
Am Ende sieht man drei zufriedene Sprecher hinter ihren Pulten auf der Bühne. Winter bedankt sich bei den beiden und bei all den Mitwirkenden, die die Sonntagsbegegnungen möglich machen. Als Dankeschön erhalten Jauch und Kiechle ein Paket mit Bier, einen Stadtführer Münchens und mit persönlicher Widmung verschenkt Winter auch zwei Exemplare seines eigenen Buchs mit Mantras für ein glückliches Leben.