Diskussion:Auch vor eurer Haustür

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Auf ein gutes 2018 stößt Zornedings Bürgermeister Piet Mayr mit seinen Gästen im Martinstadl an. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In Zorneding kritisiert Bürgermeister Piet Mayr die "Mia san Mia"-Stimmung bei manchen Bürgern

Von Viktoria Spinrad, Zorneding

Für einen Moment verwandelte sich Piet Mayr (CSU) bei seinem traditionellen Schlussgedicht in einen Ausdruckskünstler. Mahnend hob der Zornedinger Bürgermeister auf dem Neujahrsempfang den Finger, spielte mit den Händen, legte die Hand aufs Herz - und lachte gemeinsam mit den 350 Gästen im Martinstadl über die Pointe des Gedichts, das das neue Jahr als verheißungsvolles, aber auch trügerisches Spinatgemüs' umschrieb.

Ernsthaft gemahnt und gewarnt hatte er da bereits. Mucksmäuschenstill war es geworden, als Mayr eine "Mia san Mia"-Stimmung bezüglich der Bauvorhaben im Ort anprangerte. "Ich kann mich nicht des Gefühls erwehren, dass der Spruch ,Not in my backyard - nicht vor meiner Haustür' da irgendwie Pate stand", sagte er. Damit spielte er vor allem auf Projekte wie die geplanten Geschosswohnungsbauten für 500 Menschen im Ortsteil Pöring an. Nachbarn hatten nach der Einleitung des Verfahrens das Bild eines Ghettos gezeichnet; mit einem Bürgerentscheid drohen derweil Anwohner des Pöringer Bolzplatzes, der für ein Mehrfamilienhaus verkleinert werden soll. "Wie würde unser Ort aussehen, wenn unsere Bürger in der Vergangenheit genauso gedacht hätten?", warnte Mayr.

Dabei betonte er, dass die Gemeinde auch von innen heraus wachse. Selbst für alte und junge Zornedinger fehle der geeignete Wohnraum, weshalb diese in andere Gemeinden abwandern müssten - mit Konsequenzen für die Altersstruktur und ehrenamtlichen Organisationen im Ort. "Bezahlbarer Wohnraum findet nicht in Ein- und Zweifamilienhäusern statt", mahnte Mayr. In Zorneding sind das knapp 90 Prozent der Wohngebäude, nur zehn Prozent sind Geschosswohnungsbauten.

Lobende Worte fand Mayr hingegen für die Projekte, die im Vorjahr angeschoben wurden. Dazu zählte er neben den "beispielhaften Wohnprojekten", mit denen bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden soll, auch den laufenden Ausbau des Glasfasernetzes und die Schaffung neuer Möglichkeiten zur Kinderbetreuung. Um das wohl größte Problem im Ort anzugehen, wird im Neubaugebiet "An der Flur" gerade eine Kita gebaut; weitere Plätze sollen im neuen Kinderhaus am Schmiedweg und mit der Sanierung des Kinderhauses an der Lärchenstraße geschaffen werden.

Ein besonderer Anlass war der Empfang für diejenigen, die - teils ganz unerwartet - geehrt wurden. Als erste erhielt Angelika Burwick eine Urkunde und Blumen. Sie war zwei Jahre lang Vorsitzende des Zornedinger Asyl-Helferkreises. Mayr bedankte sich bei ihr für "Ihren unermüdlichen Einsatz, Ihre Bereitschaft und Ihre aufopfernde Tätigkeit" und erinnerte daran, dass der Helferkreis noch Helfer sucht. Geehrt wurde außerdem Ursula Kühlbrandt, die dem Verein "Das Alter erleben in Zorneding" drei Jahre lang vorsaß. Josef Vielberth würdigte Mayr für seine ehrenamtliche Arbeit im Verein der Krieger und Reservistenkameradschaft. Urkunde und Blumen hätte sich auch die langjährige Vorsitzende des Zornedinger Heimatkundekreises Anne Agyekum-Sabraw-Perfler abholen können - wenn sie denn dagewesen wäre. Berufsbedingt dabei war Marianne Beer; sie leitet die Öffentlichkeitsarbeit im Rathaus und sorgte auch beim 19. Neujahrsempfang der Gemeinde für gediegenes Ambiente. Weil sie in Altersteilzeit geht, rief Mayr sie zum Schluss zu sich auf die Bühne: "Sie sind die gute Seele dieses Neujahrsempfangs."

Wie lange die mahnenden Worte des Rathauschefs zur "Nicht vor meiner Haustür"-Attitüde in den Köpfen der Gäste noch nachhallten, ist nicht überliefert: Im Anschluss an die Rede gab es Prosecco, drei Gänge feinster kulinarischer Happen und quietschfidele Volksmusik einer Live-Band.

© SZ vom 15.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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