Der Sport im Ort:Mit Fuß und Faust

Lesezeit: 2 min

Gezielte Tritte, kraftvoll ausgeführt: Trainerin Bettina Mak ist fasziniert von der Kampfsportart. (Foto: Christian Endt)

Bettina Mak ist erfolgreiche Cheftrainerin des Vaterstettener Taekwondo-Vereins

Von Christoph Jänsch, Vaterstetten

Acht Paar nackte Füße tappen über die ausgelegten Weichbodenmatten. Die jungen Kampfsportler bewegen sich äußerst behände im Raum und führen in Dauerschleife eine Abfolge von Schlägen und Tritten in der Luft aus. Dabei haben sie verbundene Augen. Sie sollen lernen, sich ohne ihren Sehsinn zu orientieren, und sich nur auf die korrekte technische Ausführung konzentrieren. Die richtige Atmung ist entscheidend. Zufrieden beobachtet der Trainer die Übung. Er könnte einschreiten, wenn sich doch mal zwei Sportler in die Quere kommen sollten. Muss er heute aber nicht.

Im Offenen Haus in Vaterstetten trainieren der ortsansässige Taekwondo Verein seine aktuell 107 Mitglieder. Heute sind die Anfänger und Fortgeschrittenen dran. Sie alle tragen einen weißen Kampfanzug, den "Dobok". Er besteht aus einer weit geschnitten Beinbekleidung, die oberhalb des Knöchels beginnt, und einem weiten Oberhemd, das von den Schultern herunter bis über das Gesäß fällt. So ist den Sportlern die maximale Bewegungsfreiheit garantiert. Den Abschluss bildet der Gürtel, der drei Finger breit unter dem Bauchnabel sitzt, wo er das "Chi" stärken soll und je nach Rang des Kampfsportlers eine unterschiedliche Farbe trägt. Für die Anfänger und Fortgeschrittenen sind das die Farben weiß, gelb, grün und blau. Bis man den ersten schwarzen Gürtel tragen darf, brauche es mindestens fünf Jahre hartes Training, erläutert Cheftrainerin Bettina Mak. Sie selbst betreibt den Kampfsport seit 2005 und brauchte sieben Jahre dafür. Inzwischen hat sie bereits den dritten von neun möglichen schwarzen Gürteln. An die Sportart ist sie über ihren Sohn gekommen, der von einem Schnuppertraining begeistert war und blieb. Sie ist fasziniert von der "Vielseitigkeit" des Sports: "Er erfordert gleichermaßen Konzentration und Kondition, weshalb man sich gut auspowern und den Kopf frei bekommen kann."

Die koreanische Kampfsportart Taekwondo verlangt Schnelligkeit, Dynamik und Präzision. Sie besteht aus Fauststoß und Kickkombinationen, woher auch der Name kommt: "Tae" bedeutet im Deutschen "Fuß", "kwon" heißt übersetzt "Faust" und "do" ist der "Weg" oder "die Lehre". Der Unterschied zum Kickboxen besteht darin, dass es keine Faustschläge zum Kopf gibt. "Dadurch ist der Sport fairer und die Verletzungsgefahr gering", sagt die Trainerin. Sie selbst habe höchstens mal blaue Flecken oder eine dicke Hand gehabt, wenn sie ein Brett falsch getroffen habe. Das Taekwondo umfasst sehr viel mehr als die olympische Disziplin des Vollkontakts, wo zwei Sportler gegeneinander kämpfen. Weitere Disziplinen sind die Selbstverteidigung, der Bruchtest, bei dem ein bis drei Zentimeter dicke Fichtenbretter mit der Hand oder dem Fuß durchschlagen werden müssen, der Ein-Schritt-Kampf mit abwechselnden Scheinangriffen und der Formenbereich, bei dem es auf die exakte Ausführung einer Figur aus Schritt-, Schlag-, und Trittkombination ankommt.

Mak ist im Formenbereich im vergangenen Jahr bei den Deutschen Meisterschaften Vierte geworden. Im Team konnte sie den zweiten Platz belegen, wo zwei oder mehrere Sportler die Figuren synchron ausführen. Die Kampfsporttrainerin ist eher dem Formenbereich als dem Vollkontakt zugewandt, doch zu den Gürtelprüfungen müssen immer alle fünf Disziplinen beherrscht werden.

Ihr Kollege Rolf Schelle, der Vorsitzende des Vaterstettener Taekwondo Vereins, ist eher ein Vollkontaktler. So ergänzen sie sich gut im Training. Auf die Frage, welche Voraussetzungen ein Interessent mitbringen sollte, antwortet Schelle: "Vor allem Motivation. Es muss demjenigen Spaß machen, sonst hat er kein Durchhaltevermögen." Außerhalb der Halle hätten die beiden ihr erlerntes Wissen und den Kampfsport glücklicherweise noch nie anwenden müssen. Mak erklärt sich das auch damit, dass sie ein "anderes Auftreten" habe. Ihre selbstsichere Haltung deeskaliere vorab. Auch Schelle habe noch nie von seinen Künsten Gebrauch gemacht. Sein Geheimnis zur Deeskalation: "Ich schaue meinem Gegenüber tief in die Augen und rede freundlich, aber bestimmt mit ihm." Eine zunehmende Unsicherheit in der Bevölkerung kann Schelle an den Beitrittszahlen nicht feststellen: München und sein Umland seien eine "sichere Insel".

© SZ vom 03.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: